Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
sollte, aber das Wichtigste legte ich dar. Als ich fertig war, schienen die Sollyhull-Schwestern aufmerksam auf irgendetwas zu lauschen. Was dann kam, stimmte mich allerdings skeptisch.
»Erinnerst du dich an diesen Jungen aus Erdington, der in unserer Klasse war?«, fragte Doris. »Der immer so ekelhaftes Getier in den Taschen hatte?«
»Dieser Hamish? An den hab ich auch gerade gedacht«, sagte ihre Schwester.
»Der war auch so. Hat immer Sachen vor der Lehrerin verstecken wollen, aber sie ist ihm jedes Mal draufgekommen.«
»Ihr zwei dürft nicht mal mehr kurz an dem Yardley schnuppern, wenn ihr mir nicht helft«, sagte ich streng.
»Tun wir ja, Herzchen, tun wir ja«, sagte Betty mit einem ungehaltenen kleinen Wabern. »Also sei still und hör zu. Dieser Hamish hatte immer Zeug in den Taschen, das er nicht dabeihaben durfte, Schlangen, Käfer – einmal sogar eine lebendige Maus,stell dir vor –, aber er war selbst sein schlimmster Feind, stimmt’s, Dor? War er doch, weil er immer so ein Getue gemacht hat, sich gewunden und weggeguckt hat, sodass sie immer wusste, dass er was ausheckte. Genauso gut hätte er sagen können: ›Ich hab was, was ich nicht haben dürfte!‹«
»Sollte ich das verstehen?«, fragte ich.
»Stell dich nicht dumm, Herzchen«, sagte Doris. »Steht dir nicht. Sie meint, dass man mehr erkennt, wenn man jemanden vor sich hat. Die meisten Leute können gar nicht anders, als zu zeigen, was sie denken, wenn man nur lang genug in ihrer Nähe ist.«
»Genau«, sagte Betty, als ergäben Doris’ Worte irgendeinen Sinn.
»Soll heißen? Hört zu, Ladys, ich wäre in den letzten paar Tagen mehrmals um ein Haar lebendig gehäutet worden. Man sieht es mir vielleicht nicht an, aber ich habe Angst. Könnt ihr für mich bitte Klartext reden?«
Doris seufzte. »Streu das Gerücht, dass du dieses Etwas hast . Warte, wer kommt, um es dir abzufeilschen. Daraus ergibt sich ein direktes Gespräch.«
»Aber es geht mir nicht um die Leute, die es kaufen wollen. Ich will es finden – das Etwas selbst –, denn wenn er sein Etwas nicht zurückkriegt, zieht mir einer der höchsten Höllenfürsten sämtliche Nerven und Organe aus dem Leib. Und das kann nicht gut enden.«
»Wir versuchen ja nur zu helfen. Du weißt ja nicht mal, was da gestohlen wurde. Aber wenn du streust, dass du es hast, und dann abwartest, was dir dafür geboten wird, kriegst du’s vielleicht raus. Und das würde es doch sehr erleichtern, das Ding zu finden, oder nicht? Erst mal zu wissen, was es überhaupt ist?«
»Na ja«, sagte Clarence, »das hat eine gewisse Logik.«
»Ja«, erklärte ich, »die Art Logik, die darauf hinausläuft, dassich mit innovativen Methoden getötet werde, die ich mir nicht mal vorstellen kann. Und ich hatte schon vor den alten Methoden Angst.« Ich schob meinen Teller weg. Plötzlich war mir nicht mehr danach, meine Waffel aufzuessen, obwohl ich Süßes eigentlich immer verdrücken kann, auch wenn ich noch so demoralisiert bin. »Apropos alte Methoden, mich zu töten, Ladys, irgendwelche Erkenntnisse über meinen gehörnten Freund, den Ghallu? Weil ich nämlich das Gefühl habe, dass ich ihm nicht zum letzten Mal begegnet bin.«
Doris runzelte die Stirn und nickte mitfühlend. »Oh, das ist was ganz Übles, Herzchen. Wir haben in den letzten Minuten all unsere Freunde auf der anderen Seite gefragt, aber über so was mag keiner reden, nicht mal die, die alt genug sind, um sich zu erinnern. Die Ghallus sind nicht ganz gebacken – komplett verrückt. Sie fressen sich durch einen Berg, nur um einem Karnickel auf der anderen Seite das Genick zu brechen.«
»Danke für diese hochdetaillierte Information«, sagte ich. »Was kann ich gegen ihn tun?«
»Nicht viel«, sagte Betty. »Ein Entlasszauber, aber das müsste derjenige machen, der ihn herbeigerufen hat.«
»Toll. Das wird wohl kaum passieren, weil derjenige, der ihn herbeigerufen hat, sehr wahrscheinlich ebenjener Eligor Großschurke von Höllentiefen ist, der mich auf so interessante Art und Weise töten lassen will.« Ich sagte es vielleicht etwas emphatischer, als ich hätte sollen, denn ich hörte, wie einem der Paketdienstfahrer der Löffel aus der Hand fiel.
»Schscht!« Betty wedelte mit der molligen Hand. »Sprich den Namen nicht laut aus.«
Die Paketdienstfahrer standen jetzt endlich auf, um zu gehen. Sie hatten Clarence und mich mehrere Minuten lang reden sehen, wobei wir nur gelegentlich miteinander gesprochen hatten, vorwiegend aber
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