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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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Mönch, der ihm am nächsten war, zu.
    Vor Angst zitternd, gehorchte er.
    Mit beiden Händen fiel es ihr leichter, Kyrillos’ Mund zu öffnen und seinen Kopf nach hinten zu drücken. Ein Teil der Flüssigkeit gelangte in seinen Mund, und er schluckte sie unter Qualen herunter. Er würgte und schluckte erneut. Sie goss ihm noch ein wenig mehr in den Mund und wiederholte den Vorgang, als es ihm gelang, das zu schlucken.
Unendlich langsam ließen seine Zuckungen nach, sein Atem ging leichter, und nach einer Weile erkannte sie, dass die Panik aus seinem Blick verschwunden war.
    »Genug«, sagte er mit heiserer Stimme. »Wartet einen Augenblick, dann trinke ich alles. Ich verspreche es.«
    Sie half ihm vorsichtig, sich wieder hinzulegen, und sank auf dem steinernen Boden auf die Knie. Ihr Dankgebet klang lauter, als sie eigentlich gewollt hatte, denn Kyrillos’ Errettung war möglicherweise auch ihre eigene.
    »Erklärt, was vorgefallen ist«, verlangte der Abt, als sie am späten Abend in seinem Arbeitszimmer vor ihm stand. Er war hager, in seinem Gesicht hatten Kummer und Sorgen tiefe Falten gegraben. Er verdiente es, die reine Wahrheit zu erfahren, doch wollte sie ihn nicht mit einem Verdacht belasten, der sich noch nicht beweisen ließ. Sie hatte Zeit gehabt, sich zu überlegen, was sie ihm sagen wollte.
    »Zoe Chrysaphes hat mir Kräuter als Stärkungsmittel für Kyrillos mitgegeben«, sagte sie. »Sie hat etwas davon in ihr eigenes Weinglas und dann in meins getan, und beide haben wir davon getrunken, ohne dass es uns geschadet hätte. Aus dem Beutel mit den Kräutern, die sie mir gegeben hat, habe ich für Kyrillos einen Aufguss gemacht.«
    Der Abt runzelte die Stirn. »Das scheint mir unmöglich. «
    »Dann fiel mir ein, dass Zoe und ich die Kräuter mit Wein vermischt zu uns genommen hatten und Kyrillos mit Wasser, denn er wollte keinen Wein trinken«, erläuterte sie. »Außerdem haben Zoe und ich Honigkuchen gegessen, weil der, wie sie erklärte, den Nachgeschmack nehme. Das war, soweit ich wusste, der einzige Unterschied, und daher habe ich sofort Wein und Honig kommen lassen und Kyrillos
beides eingeflößt. Daraufhin hat er sich erholt. Meiner Vermutung nach hat es am Wein gelegen. Da Zoe Chrysaphes die Kräuter nie mit Wasser zu sich genommen hatte, kannte sie diese entsetzliche Wirkung wohl nicht.« Das war zwar eine offenkundige Verdrehung der Tatsachen, doch weder der Abt noch Anna hätte die Möglichkeit gehabt, Zoe eine Absicht nachzuweisen. Ganz davon abgesehen, konnten sie es sich gar nicht leisten, die Wahrheit offen zu äußern.
    »Aha«, sagte er gedehnt. »Und was ist mit dem Römer? Welche Rolle spielt er bei dieser ganzen Geschichte?«
    »Keine, soweit ich weiß.« Auch das war eine Lüge. Wenn Vicenze nicht gewollt hätte, dass der einstige Patriarch den Zusatzartikel unterschrieb, woraufhin Zoe befürchtet hatte, er könne damit Erfolg haben, wäre Kyrillos ohne das geringste Aufsehen in dem Kloster gestorben, ohne dass sein Tod in der Frage der Union beider Kirchen den mindesten Einfluss auf die öffentliche Meinung gehabt hätte. Zoe, der das lieber gewesen zu sein schien, als dass er nachgab, hatte in Annas Besuch bei Kyrillos Choniates eine Möglichkeit gesehen, zu erreichen, dass er sich für alle Welt erkennbar weigerte. Hätte er aber im schlimmsten Fall doch unterschrieben, hätte man Anna und Vicenze als seine Mörder hingestellt, und damit wäre das Dokument wertlos gewesen.
    Doch von alldem brauchte der Abt nichts zu wissen.
    »Wir sind dankbar, dass Ihr ihn durch Euer rasches, entschlossenes und überlegtes Handeln gerettet habt«, sagte er mit ernster Stimme. »Würdet Ihr das an Zoe Chrysaphes weitergeben?«
    »Ich werde ihr jede Botschaft übermitteln, die Ihr wollt«, gab sie zur Antwort.

    »Danke.« Dann fragte er: »Einer der Brüder hat mir gesagt, dass Ihr aus Nikaia stammt. Stimmt das?«
    »Ja. Ich bin hier ganz in der Nähe aufgewachsen.«
    Er lächelte ein wenig betrübt, und in seine Augen trat ein erstaunlicher Ausdruck von Güte. »Einer unserer Mitbrüder verlässt das Kloster nie. Früher hat ihn wenigstens von Zeit zu Zeit jemand besucht, der aber schon eine ganze Weile nicht mehr hier war. Ich wäre Euch sehr verbunden, wenn Ihr eine Stunde mit Bruder Ioannis verbringen könntet.«
    Sie zögerte nicht. »Selbstverständlich, sehr gern.«
    »Danke«, sagte der Abt erneut. »Ich bringe Euch zu ihm.« Sogleich führte er sie durch einen engen Gang, in dem ihre

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