Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman
ganzen Leib der Schweiß aus. Die Menschen von Byzanz hatten ein Recht darauf, um ihr Leben zu kämpfen!
Daher hatte er das Feuer in ihren Herzen entzündet, aus dem ein Aufruhr auf den Straßen geworden war. Erst zu
Dutzenden, dann aber zu Hunderten waren sie auf die Straßen und Plätze geströmt und hatten laut gegen die Union mit Rom sowie alles Fremde und Aufgezwungene aufbegehrt.
Selbstverständlich hatte Bischof Konstantinos dafür gesorgt, den Eindruck zu erwecken, als tue er alles in seiner Macht Stehende, um dem Ungestüm der Massen Einhalt zu gebieten, sie zur Ordnung zu rufen, während er sie in Wahrheit anführte. Was machte den Unterschied zwischen einer segnenden und einer anspornenden Gebärde aus? Er bestand im Winkel, den die Hand einnahm, im Ton einer Stimme, die mit Bedacht nicht so laut erhoben wurde, dass man sie über dem Tumult hätte hören können.
Alles war nach Wunsch verlaufen. Tausende hatten die Straßen gefüllt, bis kein Durchkommen mehr war. Noch jetzt, während er in seinem stillen Zimmer stand, tönten ihm die Stimmen in den Ohren. Dort hatte das Blut in seinen Adern gepocht, sein Puls gerast, der Schweiß der Hitze und der Gefahr war ihm über den ganzen Leib gelaufen, während ihn die lauten Rufe mitgerissen hatten. »Konstantinos! Konstantinos! Im Namen Gottes und der Heiligen Jungfrau! Konstantinos für unseren Glauben!«
Er hatte den Menschen zugelächelt, war einen Schritt oder zwei zurückgetreten, als wolle er sich voll Demut dem Jubel entziehen, aber sie hatten nur umso lauter geschrien.
»Konstantinos! Führt uns im Namen der Heiligen Jungfrau zum Sieg!«
Er hatte die Hände zum Segen erhoben, allmählich hatten sich die Massen beruhigt, das Geschrei war nach und nach erstorben. Schweigend hatten sie auf dem Platz und in den Straßen dahinter gestanden, in Erwartung dessen, was er ihnen gebieten würde.
» Vertraut auf Gott! Seine Macht ist größer als die aller Menschen!«, hatte er ihnen zugerufen. »Wir wissen, was wahr und was falsch ist, was von Christus und was vom Teufel ist. Kehrt nach Hause zurück. Fastet und betet. Erweist der Kirche Treue, und Gott wird euch Seine Treue erweisen. «
Gott würde sie ausschließlich dann vor Rom bewahren, wenn ihr Glaube unerschütterlich war, und Bischof Konstantinos’ Aufgabe war es, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass sie unbeirrt glaubten.
Einige Tage später hatte ihm der Kaiser seine Widersetzlichkeit vergolten und statt des Eunuchen Konstantinos den unverschnittenen Ioannis Beccus auf den frei gewordenen Thron des Patriarchen von Byzanz gesetzt.
Ein Diener hatte dem Bischof die Mitteilung mit so bleichem Gesicht überbracht, als melde er einen Todesfall. Er hatte mit gesenktem Blick vor ihm gestanden und so laut geatmet, dass man es im ganzen Raum hören konnte.
Am liebsten hätte Konstantinos den Mann angeschrien, doch er wollte seinen Schmerz nicht unverhüllt zeigen. Man hatte ihn ein zweites Mal kastriert, ihn um das Amt gebracht, das ihm aufgrund seiner Tugend, seines Glaubens und seines unausgesetzten Kampfes von Rechts wegen zustand. Ioannis Beccus war ein Befürworter der Union mit Rom, ein feiger Verräter an seiner Kirche.
»Geh!«, hatte Konstantinos den Diener mit vor Schmerz belegter Stimme angeherrscht, worauf ihn dieser wortlos angestarrt hatte und dann davongestürzt war.
Als die Schritte des Dieners im Gang verhallt waren, hatte Konstantinos einen Schrei ausgestoßen, in dem seine ganze Wut und Erniedrigung lagen. Hass brannte wie Feuer in seiner Seele. Er hätte Ioannis Beccus in Stücke reißen
können, wenn er ihm in diesem Augenblick in die Hände gefallen wäre. Ein unverschnittener Mann, eine Ohrfeige für Konstantinos. Als ob Körperorgane über die Seele bestimmten! Ob jemand ein Mann war, erwies sich an der leidenschaftlichen Glut seines Herzens, seinen Träumen, an dem, wonach er sich sehnte, an den Ängsten, die er überwunden hatte, an der Rückhaltlosigkeit des Opfers, das er brachte, aber nicht an Körpermerkmalen.
War ein Unverschnittener besser, weil er die Fähigkeit besaß, seinen Samen in eine Frau zu senken? Diese Fähigkeit besaß auch das unvernünftige Vieh. War ein Unverschnittener heiliger, wenn er sie besaß und sich ihres Gebrauchs enthielt?
In seiner maßlosen Wut hätte Konstantinos ein Messer nehmen und Beccus’ Hoden abschneiden können, zusehen, wie sein Blut floss, gleich seinem, als er noch ein Junge war, in Todesangst, zu verbluten! Wie gern
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