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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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an, drüber nachzudenken. Wieso fragen Sie?«
    Der alte Reporter zog seine Hose stramm und strahlte Logan mit Unschuldsmiene an. »Einfach nur so.«
    Pause. Zwo, drei, vier …
    »Okay«, sagte Logan. »Und wo steckt er nun?«
    Der alte Mann zwinkerte ihm zu und machte eine Kopfbewegung in Richtung Toiletten. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo er steckt, Officer«, sagte er ganz langsam, jedes einzelne Wort eine schlecht versteckte Andeutung. Zur Sicherheit packte er noch ein paar viel sagende Blicke in Richtung Herrentoilette drauf und grinste breit.
    Logan nickte. »Danke, Sie waren uns eine große Hilfe.«
    »Nein, das war ich nicht«, sagte der Reporter. »Ich habe nur ›unzusammenhängendes Zeug gefaselt‹, wie es sich für einen ›senilen alten Sack‹ wie mich gehört.«
    Während er zu seinem Schreibtisch zurückschlurfte, steuerten Logan und Constable Watson schnurstracks die Toiletten an. Zu Logans Überraschung stürmte Watson ohne Zögern das Herrenklo. Kopfschüttelnd folgte er ihr in den schwarz-weiß gefliesten Raum.
    »Colin Miller?«, rief sie laut und vernehmlich, worauf ein vielstimmiger Schreckensruf aus Journalistenkehlen ertönte. Mehrere erwachsene Männer fingerten panisch an ihren Reißverschlüssen und verließen fluchtartig die Toilette. Schließlich blieb nur noch ein Mann zurück. Er war klein und kräftig gebaut und trug einen teuer aussehenden dunkelgrauen Anzug. Breitschultrig, mit frisch frisiertem Haupthaar, stand er an einem der Urinale, pfiff unmelodisch vor sich hin und wippte auf den Fußballen.
    Watson musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Colin Miller?«, fragte sie.
    Er sah sie über die Schulter an, ein lässiges Lächeln auf den Lippen. »Wollen Sie mir vielleicht helfen, den Burschen da zu schütteln?«, fragte er augenzwinkernd in einem breiten und selbstbewussten Glasgower Akzent. »Mein Arzt sagt, ich darf nich’ so schwer heben …«
    Sie funkelte ihn wütend an und erklärte ihm ganz genau, wohin er sich sein Angebot stecken könne.
    Logan trat dazwischen, bevor Watson demonstrieren konnte, wie sie sich den Namen »eiserne Jungfrau« erworben hatte.
    Der Reporter zwinkerte, wackelte ein wenig hin und her und drehte sich dann zu ihnen um, während er seinen Reißverschluss hochzog. An beinahe jedem Finger funkelte ein goldener Siegelring. Um den Hals trug er eine Goldkette, über das Seidenhemd und die Krawatte drapiert.
    »Mr. Miller?«, fragte Logan.
    »Ja? Wollen Sie vielleicht ein Autogramm?« Er stolzierte breitbeinig zum Waschbecken und schob dabei die Hemdsärmel ein Stück hoch, sodass ein klobiges goldenes Armband am rechten Handgelenk und eine Uhr von den Ausmaßen eines Kleinwagens am linken sichtbar wurden. Kein Wunder, dass der Mann so muskulös war, er musste schließlich den ganzen schweren Schmuck durch die Gegend schleppen.
    »Wir möchten mit Ihnen über David Reid sprechen, den Dreijährigen, der …«
    »Ich weiß, wer das ist«, sagte Miller, während er den Wasserhahn aufdrehte. »Hab ja schließlich ’ne ganze Titelseite über den armen kleinen Scheißer gemacht.« Er grinste und pumpte sich einen Klacks Seife in die Hand. »Dreitausend Wörter Journalismus vom Feinsten. Ich sag’s Ihnen – diese Kindermorde sind pures Gold für uns, ehrlich. So ’n krankes Arschloch bringt irgendein armes Balg um, und schon giert die ganze Stadt danach, morgens beim Frühstück alles über die kleine Leiche zu lesen. Echt unglaublich, ich sag’s Ihnen.«
    Logan unterdrückte den heftigen Wunsch, Miller am Kragen zu packen und ihn mit dem Gesicht in eines der Urinale zu drücken. »Sie haben letzte Nacht die Familie angerufen«, sagte er stattdessen, die Fäuste in den Jackentaschen geballt. »Wer hat Ihnen gesagt, dass wir ihn gefunden haben?«
    Miller lächelte Logan im Spiegel über dem Waschbecken an. »War keine große Kunst, das rauszukriegen, Inspector …?«
    »Sergeant«, sagte Logan. »Detective Sergeant McRae.«
    Der Journalist rieb sich die Hände unter dem Trockner. »’n einfacher DS, wie?« Er musste die Stimme heben, um das Brausen des heißen Luftstroms zu übertönen. »Aber macht nichts. Sie helfen mir, dieses kranke Arschloch zu schnappen, und ich sorg dafür, dass Sie zum DI befördert werden.«
    »Wir sollen Ihnen helfen …« Logan kniff die Augen zusammen und wurde sofort von Visionen heimgesucht, in denen das Blut aus Millers gebrochener Nase auf die Duftsteine im Urinal tropfte. »Wer hat Ihnen gesagt, dass wir David Reid

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