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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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Fenster. »Martin Leslie, Nachrichtenredaktion.«
    Logan schüttelte die dargebotene Hand. Mit jeder Sekunde wurde ihm die Situation unangenehmer.
    »Mein Gott, Logan McRae …«, sagte der Reporter. »Hat man Sie schon zum DI befördert?«
    Logan verneinte; er sei immer noch DS. Der alte Mann schien entrüstet. »Sie machen Witze! Diese Schweine! Sie haben es verdient! Dieser Angus Robertson war ein richtig krankes Arschloch … Haben Sie schon gehört, dass sie ihm in Peterhead eine kleine Do-it-yourself-Blinddarmoperation verpasst haben?« Er senkte die Stimme. »Angespitzter Schraubenzieher, voll in den Magen. Jetzt muss er in einen Beutel scheißen …«
    Logan schwieg. Leslie lehnte sich auf die Tür und steckte den Kopf durch das Fenster ins trockene Wageninnere.
    »Und, woran arbeiten Sie im Moment?«, fragte er.
    Logan starrte stur geradeaus, durch die Windschutzscheibe hinaus auf die trübe graue Lang Stracht. »Äh …«, sagte er. »Ich, ähmmmm …«
    »Wenn Sie sich für Colin, den Kotzbrocken, interessieren …«, begann der Mann im Flüsterton. Plötzlich brach er ab, schlug die Hand vor den Mund und murmelte, an Constable Watson gewandt: »Verzeihung, Ma’am, nichts für ungut!«
    Watson gab sich ungerührt. Schließlich hatte sie selbst Miller erst vor wenigen Minuten ganz andere Sachen an den Kopf geworfen.
    Leslie lächelte sie verlegen an. »Ist doch wahr – da kommt dieser kleine Scheißkerl von der Scottish Sun zu uns reingerauscht und hält sich gleich für den Größten weit und breit … Dabei haben die ihn da gefeuert, hab ich gehört.« Seine Miene verfinsterte sich. »Ein paar von uns glauben immer noch an die alten Regeln! Man pinkelt seinen Kollegen nicht ans Bein. Man ruft nicht die Mutter von ’nem toten Kind an, solange man nicht sicher ist, dass die Polizei sie schon informiert hat. Aber dieser Arsch meint, er kann sich alles erlauben, solange nur eine Story für ihn dabei rausspringt.« Er schwieg verbittert. »Und mit der Rechtschreibung steht er auch auf Kriegsfuß.«
    Logan sah ihn nachdenklich an. »Können Sie sich vorstellen, wer ihm verraten haben könnte, dass wir David Reid gefunden haben?«
    Der alte Reporter schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, aber wenn ich’s rausfinde, werden Sie es als Erster erfahren! Wird mir ein Vergnügen sein, ihm zur Abwechslung auch mal ans Bein zu pinkeln.«
    Logan nickte. »Gut, sehr nett von Ihnen …« Er rang sich ein Lächeln ab. »Also, jetzt müssen wir aber los …«
    Constable Watson lenkte den Wagen aus der Parklücke und ließ den alten Reporter allein im Regen stehen.
    »Die sollen Sie zum DI befördern!«, rief er dem davonfahrenden Wagen nach. »Zum DI!«
    Als sie durch die Sicherheitsschranke fuhren, merkte Logan, wie er rot wurde.
    »Genau, Sir«, sagte Constable Watson und konnte beobachten, wie sein Gesicht einen attraktiven Himbeerton annahm. »Sie sind uns allen ein leuchtendes Vorbild.«

5
    Logan kam allmählich über seine Verlegenheit hinweg, während sie sich durch den dichten Verkehr zurück zum Präsidium quälten. Als Umgehungsstraße gedacht, war der Anderson Drive nach und nach von der Stadt, die mit den Jahren immer mehr Hüftspeck ansetzte, überwuchert worden, und die Baulücken hatten sich mit Gebäuden aus kaltem grauem Granit gefüllt, sodass man jetzt eher von einem Gürtel sprechen konnte, der sich um die Stadt spannte und ihren wuchernden Wildwuchs mühsam im Zaum hielt. In der Rushhour war die Strecke ein einziger Albtraum.
    Der Regen prasselte unvermindert weiter, und die Einwohner von Aberdeen reagierten auf ihre gewohnte Weise. Eine Minderheit stapfte in wasserdichte Jacken gehüllt durch die Straßen, Kapuze über den Kopf gezogen, den Regenschirm fest umklammert, um sich vor dem eisigen Wind zu schützen. Die Übrigen patschten einfach so durch die Pfützen und ließen sich bis auf die Haut durchnässen.
    Allesamt sahen sie aus wie grenzdebile Mörder. Wenn die Sonne wieder hervorkäme, würden sie aus ihren dicken Wollklamotten schlüpfen, ihre verkniffenen Gesichter entfalten und lächeln. Aber im Winter sah die ganze Stadt aus, als hätte sie sich zu einem Casting für das Remake von Beim Sterben ist jeder der Erste versammelt.
    Logan starrte verdrießlich aus dem Fenster und betrachtete die Passanten auf dem Gehsteig. Hausfrau. Hausfrau mit Kindern. Typ im Dufflecoat mit alberner Mütze. Roadkill mit seiner Schaufel und seinem Handwagen von der Stadt, voll mit überfahrenen Tieren. Kind

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