Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
paar Minuten mit der Besatzung geplaudert. Die Jungs waren aus Bucksburn, wohnten nur ein paar Häuser weiter und hielten nicht sonderlich viel von ihrem Auftrag. Das sei doch die reinste Zeitverschwendung! Strichen würde nicht zurückkommen. Aber wenn er tatsächlich auftauchte, würden sie dafür sorgen, dass ihm Hören und Sehen verging, als Strafe dafür, dass sie seinetwegen in dieser Schweinekälte herumsitzen mussten.
»Haben sie gesagt, ob es was Neues von der Suchaktion gibt?«, fragte sie, während sie gedankenverloren die heiße Fertigbrühe umrührte.
»Vergiss es. ’n Haufen Gebäude, aber keinen Schimmer, in welchem er stecken könnte.«
Watson seufzte und blickte wieder durch das Küchenfenster ins Schneegestöber hinaus. »Das wird eine lange Nacht werden.«
»Halb so schlimm.« Rennie grinste. »Die Alte hat EastEnders auf Video!«
Watson stöhnte. Und sie hatte gedacht, es könnte gar nicht mehr schlimmer kommen!
Auch im Westburn Park war von Martin Strichens Ford Fiesta weit und breit nichts zu sehen. Logan fragte sich nicht zum ersten Mal, ob Strichen nicht einfach über die nächste Ausfallstraße aus der Stadt hinausgefahren sein könnte. Inzwischen musste er doch wissen, dass sie alle hinter ihm her waren. Seit er vom Präsidium aufgebrochen war, hatte Logan schon mindestens ein Dutzend Mal den Aufruf an die Bevölkerung im Lokalradio gehört. An Martin Strichens Stelle wäre er jetzt schon auf halbem Weg nach Dundee. Langsam begann er sich mehr in Richtung Außenbezirke zu orientieren.
Ab und zu kam ihm ein Streifenwagen entgegen, dessen Besatzung wie er selbst die Straßen der Stadt nach Strichen durchkämmte. Vielleicht könnte man es mal in Hazlehead versuchen? Oder in Mastrick? Aber er wusste, dass es letztlich keine große Rolle spielte, für welche Richtung er sich entschied. Der kleine Jamie McCreath war mit Sicherheit schon tot. Seufzend bog Logan auf den North Anderson Drive ein.
Als das nervige Gedudel seines Handys ertönte, lenkte er den Wagen an den Straßenrand und rumpelte dabei über einen vereisten Schneewall, der den Bordstein verdeckte.
»Logan.«
»Laz, mein Freund! Wie geht’s?«
Colin Miller schon wieder.
»Was kann ich für Sie tun, Colin?«, fragte er mit einem müden Seufzer.
»Ich hab die Nachrichten gehört und die Pressemitteilungen gelesen. Was ist da los?«
Ein Sattelschlepper donnerte vorbei und ließ einen meterhohen Matsch-Tsunami an die Seite von Logans Wagen klatschen. Er sah ihm nach, bis die Rücklichter wie zwei rot glühende Augen hinter dem nächsten Kreisverkehr verschwanden.
»Sie wissen ganz genau, was los ist! Sie haben Ihre verdammte Story veröffentlicht und uns damit die beste Chance genommen, dieses Schwein zu fassen.« Logan wusste, dass das nicht fair war, dass Miller das nicht gewollt hatte, aber das war ihm im Moment egal. Er war müde und frustriert, und er brauchte jemanden, den er anbrüllen konnte. »Er hat wieder ein kleines Kind entführt, nur weil Sie unbedingt in alle Welt hinausposaunen mussten, dass wir wieder so einen armen kleinen Wurm tot …« Er brach unvermittelt ab, als es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel. »Scheiße!« Er schlug mit dem Handballen auf das Lenkrad. »Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
»Mann, nun beruhigen Sie sich doch! Was haben Sie denn?«
Logan knirschte mit den Zähnen und prügelte weiter auf das unschuldige Lenkrad ein.
»Haben Sie ’nen Anfall oder so was?«
»Sie wissen immer Bescheid, wenn’s irgendwo einen Toten gegeben hat, nicht wahr? Sie wissen immer Bescheid, wenn wir wieder mal eine Leiche gefunden haben.« Logan starrte finster aus dem Wagenfenster hinaus auf die Straße, wo gerade der nächste Lkw vorbeibrauste und seinen Wagen im Luftzug erzittern ließ.
»Laz?«
»Isobel.«
Schweigen am anderen Ende.
»Sie ist Ihr Maulwurf, hab ich Recht? Sie wühlt für Sie im Dreck und beliefert Sie mit den sensationellen Details. Und hilft Ihnen, Ihr verdammtes Käseblatt zu verkaufen!« Er schrie jetzt. »Wie viel zahlen Sie ihr? Wie viel war Ihnen Jamie McCreaths Tod wert?«
»Es ist nicht so, wie Sie denken! Es … Ich …« Es war einen Moment still. Und als er Millers Stimme wieder hörte, klang sie sehr leise und kleinlaut. »Manchmal kommt sie abends nach Hause und erzählt mir, wie ihr Tag war.«
Logan starrte sein Handy an, als hätte es ihm gerade ins Gesicht gerülpst. »Was?«
Ein Seufzer. »Wir … Sie hat einen knallharten,
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