Die Durchschnittsfalle (German Edition)
Wasserverunreinigungen mit Schwermetallen und anderen Schadstoffen zum Einsatz kommt. Nehmen wir an, es ist aus ungeklärten Gründen in der Pfütze einfach zu warm geworden. Die Wassertemperatur steigt unnatürlich hoch an und der erste Polyp stellt fest: „Dafür bin ich biologisch nicht ausgerüstet. So ein Problem hatte ich noch nie.“ Die Hydra kann sich gegen diese Veränderung aus der Zukunft, die sie bisher noch nicht kannte, nicht wehren und muss sterben. Aber wer muss noch sterben?! Wenn als Konsequenz asexueller Fortpflanzung alle Tierchen in unserer Pfütze (mehr oder weniger) vollkommen gleich sind. Wenn keinerlei (oder kaum) Individualität herrscht! Wenn das erste Tierchen das nicht aushält, dann halten es natürlich alle anderen auch nicht aus. Und … das erste Problem, die erste Veränderung aus der Zukunft, wovon man (die Hydren) natürlich nicht wusste, dass es kommt, ja dass es überhaupt jemals existieren könnte, führt dazu, dass alle Hydren sterben! Die Pfütze ist leer. Verlustig gegangen all jener Tierchen, für die sich das erste so abgemüht hat. Aber auch das erste Tierchen stirbt. Und die Pfütze ist plötzlich vollkommen leer. Dieser Markt ist für mein Produkt für immer verloren! Ich hoffe, dieses zugegeben etwas stark modifizierte Beispiel (vor allem auch, weil asexuelle Fortpflanzung aufgrund zufälliger Mutationen in Wirklichkeit durchaus auch eine gewisse Individualität mit sich bringt) konnte Ihnen doch klar verdeutlichen, wie anfällig ein System ist, in dem keinerlei Individualität herrscht, in dem alle und alles gleich ist.
„Ich muss mich halt auf die Zukunft gut vorbereiten!“, könnte der eine oder andere jetzt kontern. Aber wie kann man sich auf die Zukunft vorbereiten, wenn man sie (ausgenommen man hat eine Glaskugel und entsprechend zahlungswillige und manipulierbare Kundschaft) doch niemals voraussagen kann?
Kein Sex ist gefährlich?
Nun, wie kann man es aber besser machen? Wie bereitet man sich jetzt wirklich auf Fragen aus der Zukunft vor, von denen man heute nicht weiß, wann sie kommen und wie sie aussehen? Der wohl berühmteste (und das zu Recht, weil wohl auch bedeutendste) biologische Forscher aller Zeiten, Charles Darwin, hat die Antwort darauf entdeckt und 1859 in seinem Buch „On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life“ beschrieben. Er würde mir jetzt auf die Schulter klopfen und sagen: „Etwas schnell und stark vereinfacht.“ Aber trotzdem, eine seiner Hauptentdeckungen könnte zu dem folgenden (aus biologischer Sicht nicht wirklich umsetzbaren) Ratschlag an die Hydra, der fad ist, führen. Wenn sie sich wirklich für die Zukunft rüsten möchte, so muss sie wohl oder übel aus ihrer Pfütze, in der in unserem Beispiel sonst ja kein zweites Tierchen war, raus und in eine andere Pfütze rein. In dieser anderen Pfütze befindet sich auch eine Hydra, die allerdings genetisch nicht ganz identisch mit dem ersten Tierchen ist, und der von mir aus auch fad ist. Und jetzt muss das wandernde Tierchen die andere Hydra überreden, sich doch gemeinsam über Teamwork fortzupflanzen: Du gibst die Hälfte und ich gebe die Hälfte. Ja, das kommt Ihnen jetzt bekannt vor. Jetzt redet er von Sex und was Sie schon immer einmal darüber wissen wollten (hätten sollten). Freilich, Sie kennen gute Gründe, warum sexuelle Fortpflanzung viel besser ist als asexuelle. Ich muss Sie enttäuschen, das, worum sich unsere Gedanken so oft und vielschichtig drehen, ist alles nur Beiwerk. Jetzt kommt der wirkliche Grund für Sex.
Jede Generation muss sich von der vorigen unterscheiden
Nicht nur die Hydra kann sich asexuell fortpflanzen. Weil Bakterien, die sich ungeschlechtlich fortpflanzen, den größten Anteil der Biomasse auf unserem Planeten ausmachen, ist auch die größte Zahl an Organismen an Sex nicht so sehr interessiert wie Sie, liebe Leser. Wie oben beschrieben, führt asexuelle Fortpflanzung dazu, dass alle Nachkommen das Genom, das Erbgut ihrer Erzeuger besitzen. Sie sind daher, zufällige aber durchaus wichtige Kopierfehler, die zu genetischen Varianten führen (können), einmal ausgenommen, alle identisch. Bei sexueller Fortpflanzung erhält die nächste Generation die Hälfte von seinem Vater und die andere Hälfte von der Mutter. Per Definition ist daher das Kind immer etwas vollkommen Neues – entstanden aus zwei Hälften der Eltern. Bei jedem Kind wird neu gemischt. Was wer der
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