Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
sprachgesteuerten Shuttle bewerkstelligen können – hatte, bereits fliehend, gerufen, dass sie nicht wisse, wer oder was sie sei, ein Aufschrei, den Flinx, ob laut oder stumm, wohl selbst an die tausend Male ausgestoßen hatte.
Und sie hatte erklärt, dass sie Zeit brauche, um in sich selbst hineinzuwachsen. Körperlich zumindest hatte sie in dieser Hinsicht bereits deutliche Fortschritte gemacht. Das Haar flachsblond und die Augen wie Ebenholz, stand sie an der Schwelle zu atemberaubender Schönheit. Ihr äußeres Erscheinungsbild war dazu angetan, jeden über die eiskalten, berechnenden emotionalen Abgründe, die sich darunter verbargen, hinwegzutäuschen. Die Schale war vollkommen, glänzend und rein – doch der Kern verfault.
Flinx entsann sich, dass sie, als sie Ulru-Ujurr verlassen hatte, voller Hass gewesen war über die Art, wie man sie behandelt hatte, über das Unvermögen der anderen, Verständnis für sie aufzubringen, und über ein Universum, das sie dazu verurteilt hatte, ein solches Leben zu führen. Er selbst hatte dagestanden und zugesehen, wie das Shuttle, das sie so unverhofft an sich gebracht hatte, am Himmel immer kleiner wurde, und sich dann wieder anderen Dingen zugewandt, Dingen, die in dem Moment wichtiger gewesen waren.
Bald danach hatte er Mahnahmi vergessen.
Und nun stand sie da, der einzige andere nicht-bewusstseinsgelöschte Adept, von dem er wusste, hier in dieser riesigen, rätselhaften Raumstation. Der daraus zu schließende Zusammenhang mit dem vermissten Sybfile beseitigte eine, doch kaum die anderen zahlreichen Fragen, die ihn beschäftigt hatten, seit die Datei von der Erde verschwunden war. Zum Beispiel die, was sie hier machte.
Ihre Begabung unterschied sich von der seinen auf eine Art und Weise, die er bislang noch nicht hatte ergründen können. Seines Wissens, und soweit er sich erinnern konnte, waren ihre Fähigkeiten nicht annähernd so weit entwickelt wie seine. Sie mochten vergleichbar sein, waren jedoch eher gering. Oder sie waren lediglich anders. Er hatte sie nicht gut genug kennen gelernt, um sich in diesem Punkt sicher zu sein. Er hatte es gar nicht gewollt.
Nun allerdings würde er es vielleicht müssen.
Als sie ihm zum ersten Mal unter die Augen gekommen war, hatte das Mädchen von ihrem Adoptivvater verlangt, ihn zu töten. Challis hatte sich geweigert. Sie hatte die Stärke der Abnormität bei Philip Lynx gespürt und sich davor gefürchtet. Doch ihr Wahrnehmungsbereich war wesentlich eingeschränkter gewesen als seiner, und ihre Begabung überaus schwankend. Zweifellos ahnte sie in diesem Moment von seiner Anwesenheit nichts, sei es, weil ihre besondere Fähigkeit gerade nicht funktioniert oder weil sie zu sehr von anderen Dingen in Anspruch genommen war, oder aus dem ganz einfachen Grunde, dass sich eine zu große räumliche Distanz zwischen ihnen befand.
Fasziniert verfolgte Flinx, wie sie mit den anderen Mitgliedern der Crotase -Besatzung sprach. Nun, nachdem er sie erkannt hatte, war ihm auch klar, wer den Ton bei dieser Expedition angab. Nicht etwa die beiden bulligen Kerle, die nach wie vor lautstark herumtönten und heftig auf die Energiesäulen und die gleißende, straff gespannte Folie zeigten, sondern die hübsche junge Frau, die neben ihnen stand. Oh, sie mochten vielleicht denken, dass sie das Sagen hatten, aber Flinx wusste es besser. Von ihm völlig unbemerkt, bis sie es ihm gegenüber zugab, hatte die kleine Mahnahmi jahrelang den Kaufmann Conda Challis manipuliert. Es war ihren Zwecken dienlich gewesen, hinter der Bühne des Lebens die Fäden zu ziehen und nach außen hin das unschuldige, treuherzige Kindchen zu mimen. Da sie dieses Spielchen bis zur Vollendung getrieben hatte, nahm Flinx nicht an, dass sie inzwischen dazu übergegangen war, mit offenen Karten zu spielen.
Was sollte er tun, wenn sie seine Anwesenheit spürte? Wenn sie einmal gewarnt war, würde er sich nicht mehr vor ihr verstecken können. War ihre Begabung herangereift, stärker geworden? Falls ja, so hatte sie sich möglicherweise in eine andere Richtung entwickelt, eine, die er sich nicht vorstellen konnte. Die Melioraren, die verbrecherischen Gen-Ingenieure, die sich vor seiner Geburt an seiner DNA zu schaffen gemacht hatten, waren bei ihren Experimenten durchaus nicht immer auf gleicher Linie gewesen. Soweit Flinx wusste, waren er und seine Fähigkeiten einzigartig. Demzufolge war die junge Frau, die ein Stück weiter vor ihm stand und mit ihren Spießgesellen
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