Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
kann ich mich jemals dafür revanchieren?« Ein rascher Blick nach Süden verriet, dass in der näheren Umgebung der Sicherheitssperre immer noch alles ruhig war. Die Wachposten mussten nur noch ein paar lausige Minuten in ihrer Langeweile verharren, dann würde er außerhalb ihrer Reichweite sein.
Der alte Mann lächelte ihn aufmunternd an. »Misch einfach weiter die Behörden auf, Söhnchen. Tue stets das Unerwartete.« Kichernd trat er zurück und fing an, in seinem Beutel herumzukramen. »Ich hab so das Gefühl, dass du ein ziemliches Talent dafür hast.«
Flinx lächelte dankbar und wandte sich zum Gehen, doch dann zögerte er plötzlich. »Was machen Sie da eigentlich?«
Eine arg ramponierte Rassel mit farbenprächtigen tropischen Vogelfedern kam aus dem Beutel zum Vorschein. »Ich sorge dafür, dass dein Schiff eine ordentliche Weihe erhält, natürlich. Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dich ohne den Segen der Altvorderen davonziehen lasse, oder?« Er schloss halb die Augen und begann wieder mit seinem Singsang.
»Besten Dank.« Flinx setzte sich in Richtung Lift in Bewegung und sprach die letzten Worte über die Schulter: »Trödeln Sie besser nicht zu lange hier rum, sonst verpasst Ihnen die Rauchgasexplosion des Shuttles am Ende noch selbst eine Weihe.«
Cayacu beendete seine Zeremonie und entfernte sich von dem Shuttle, als dessen leistungsstarke Triebwerke zum Leben erwachten. Ein Wort in einen Sprachempfänger, und er war aus dem Parksektor heraus und wieder im eigentlichen Hafen. Während er seinen hoffnungslos veralteten Skimmer mit viel Überredungskunst und Fingerspitzengefühl zur Hauptausfahrt hinaus und wieder zurück zur nächtlichen Küste lenkte, konnte er zu seiner Linken, dort, wo der Raumhafenzubringer von der großen Nord-Süd-Trasse des Lima-Ballungsgebiets abging, rege Aktivitäten erkennen. Ungewöhnlich für diese nachtschlafende Zeit, dachte er bei sich. Was konnte bloß der Grund dafür sein?
Hoch über ihm raste bereits ein kleines, wiewohl extrem leistungsfähiges Shuttle durch die Stratosphäre.
Den Weg nach Süden, Richtung Heimat, einschlagend, hatte der Schamane niemanden als sich selbst, dem er zugrinsen konnte. Doch das reichte ihm vollkommen aus. Nicht alle Magier waren alt, und nicht jede Magie, wie er wohl wusste, war ihm vertraut. Einige magische Künste waren klein, einige groß, und einige sogar für einen Schamanen absolut unerklärlich. Aber das ging völlig in Ordnung. Er verspürte nicht Ärger noch Neid.
Es war ein gutes Gefühl, einem Bruder in Not geholfen zu haben.
5
Die reine, klare Leere des Weltraums, die ihn empfing, als das Shuttle aus der Atmosphäre Terras austrat, erfüllte Flinx mit Erleichterung.
Das nicht etwa deshalb, weil sich seiner sicheren Abreise nun nichts mehr in den Weg stellen konnte. Abgesehen von den Handelsstationen, die die Heimatwelt umkreisten, befanden sich noch jede Menge Militärdepots und andere Regierungseinrichtungen im permanenten Orbit, zu denen die Öffentlichkeit keinen Zutritt hatte. Niemand konnte einen strategisch so sensiblen Ort wie die Erde einfach anfliegen und sich von dort wieder mit einem Shuttle absetzen, wie es ihm gerade passte. Die Identitäten der betreffenden Schiffe und der Personen, die sie transportierten, mussten festgestellt und verarbeitet werden; etwaige Quarantänemaßnahmen wollten erwogen und eingeleitet, Anflug- und Einreisegenehmigungen erteilt sein, wenngleich ein Abflug keine ganz so komplizierte Angelegenheit darstellte. Niemanden kümmerte es sonderlich, wenn eine kontaminierte Mannschaft oder Fracht aufbrach, den leeren Raum zu verseuchen.
Und obwohl er unbehelligt blieb, als die Triebwerke seines Shuttles von Fluchtgeschwindigkeit auf Manövrierbetrieb umschalteten, behielt Flinx jeden Monitor im Cockpit aufmerksam im Auge. Das war im Grunde genommen nicht nötig: Das Shuttle würde ihn unverzüglich wissen lassen, wenn irgendjemand sie anrief. Doch er war viel zu nervös, um einfach nur in das Korsett seines Beförderungsgurtzeugs eingezwängt dazusitzen, während das Schiff durch den Orbitalverkehr zu der dahindriftenden Teacher emporstieg. Darum schwebte er ungesichert im Pilotensitz und hielt sich nur mit den Händen an den Armstützen an seinem Platze fest.
Pip taumelte behaglich um die eigene Achse quer durch die Kabine. Sie hatte sich bereits vor Jahren an die Schwerelosigkeit gewöhnt und wusste die zeitweilige Befreiung von den Kräften der Gravitation durchaus zu
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