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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich dir recht.«
    »Warum hat er nie mit mir darüber gesprochen?«
    »Mit dir sprechen?« Dr. Heimes lachte bitter auf. »Wie wäre das möglich gewesen? Wer hätte das gewagt? Du hattest Frau und Kind und warst damit zufrieden. Aber in Wirklichkeit waren es für dich unbekannte Wesen. Sie waren existent, weiter nichts. Hast du dich jemals um ihre Seelennöte gekümmert?«
    »Ich habe sie geliebt wie nichts auf dieser Welt.«
    »Beleidige deine Briefmarken nicht.«
    »Ich möchte dich jetzt hinauswerfen, Julius!«
    »Das befreit dich auch nicht.« Man muß jetzt brutal sein, dachte Dr. Heimes. Gemein brutal, sonst begreift er es noch immer nicht. Er hat sich in seinen Prinzipien eingemauert, und plötzlich merkt er, daß die Luft dünn und dünner wird, aber er ist nicht gewillt, diese Mauer aufzubrechen. Also helfen wir ihm dabei. »Hast du jemals erkannt, daß Gerda eine Heilige im Erdulden ist?«
    »Gerda? Was ist mit Gerda? Was willst du damit sagen?«
    »Sie war in den letzten Jahren öfter bei mir und hat sich ausgeweint.«
    »Geweint? Ja, wieso denn? Warum hat sie geweint?«
    Habichts Augen verrieten völlige Ratlosigkeit. Gerda hat bei Julius geweint? Sie hatte doch nie Grund, traurig zu sein. Sie war doch eine glückliche Frau. Ein Haus, ein schöner Garten, keine wirtschaftlichen Sorgen, ein geregeltes Leben, einen prächtigen Sohn, ein Ehemann, dem sie vertrauen konnte und der sie auf Händen trug. Dazu Urlaubsreisen, schöne Kleider, Bridge-Abende, Kaffeekränzchen, Opernbesuche, Konzerte – du lieber Gott, was verlangte man vom Leben noch mehr? Bitterkeit kam in Habicht hoch. »Gerda hatte keinen Grund zum Weinen«, sagte er laut. »Sie war eine glückliche Frau!«
    »Ja. Sie hatte alles. Alles Materielle. Aber sie fror innerlich. Sie war allein.«
    »Um ein Uhr kam Robert aus der Schule, um halb sechs bin ich vom Amt gekommen. Sie war nie allein.«
    »Sie war einsam unter euch. Sie kam sich vor wie ein gut poliertes, gepflegtes Möbelstück. Ein Teil deines Haushaltes, deiner Einrichtung. Und wenn ihr wirklich mal miteinander geschlafen habt, war sie eine Matratzenauflage.«
    Habichts Gesicht verzerrte sich und wurde blaß. »Sie … sie hat mit dir über unser Intimleben gesprochen?«
    »Ich bin euer Arzt. Ein Arzt ist auch immer ein Beichtvater und der beste Vertraute. Ich hatte mir in diesen Jahren öfter vorgenommen, einmal mit dir über Gerdas Seelenzustand und Roberts Pubertätsprobleme zu sprechen … Ich habe es leider nicht getan.«
    »Dann bist du, wenn es eine Schuld gibt, mitschuldig. Ich habe das alles nicht gewußt und gesehen, aber du hast es gewußt! Dein Arzt – dein Vertrauter! Du hast versagt, Julius!« Habicht sprang auf und lief im Zimmer hin und her. Was Dr. Heimes ihm jetzt eröffnete, war das völlig verzerrte Bild einer Ehe, die er, Hubert, für vorbildlich gehalten hatte. Die Musterfamilie wurde zum seelischen Horrortrip. Es kostete ihn große Mühe, zu fragen: »Und deshalb ist Robert ausgebrochen?«
    »Ich vermute es. Nur das kann der Grund gewesen sein. Hat er nicht zu dir gesagt, er wolle frei sein?«
    »Ich habe es für eine dumme Redensart gehalten. Für eine provozierende Floskel. Ich fand es sogar lächerlich. Mein Sohn Robert war nie ein Provokateur.«
    »Du hast ihn – ungewollt – dazu gemacht.«
    »Und daran ist er gescheitert?«
    »So kann man es nennen.«
    »Und durch eine Frau!«
    »Ich bin mir fast sicher. Sie hatte die Funktion einer Zeitbombe.«
    Habicht blieb stehen, und Dr. Heimes atmete auf. Endlich scheint er es begriffen zu haben. Er erkennt jetzt die ganze Tragödie, den Zerfall einer Familie, aus der Aischylos ein griechisches Drama gestaltet hätte.
    »Eine Frau!« Habicht starrte in den Garten hinaus. Die Rosen blühten, Blumenrabatten leuchteten, die Wipfel von vier Scheinzypressen wiegten sich im schwachen Wind, ein Rasensprenger drehte sich zischend auf der Wiese. »Wenn es diese Frau gibt, dann suche und finde ich sie, Julius. Ich schwöre dir jetzt in dieser Minute: Ich finde sie! Das wird ab jetzt meine alleinige Aufgabe sein. Ich werde sie finden und meinen Sohn Robert rächen.«
    »Gott möge dir dabei helfen.« Dr. Heimes erhob sich, ging zu Habicht und legte ihm den Arm um die Schulter. »Nur weiß keiner, wo du suchen sollst …«
    Am neunten Tag nach Roberts Tod hörte Gerda Habicht auf zu atmen.
    Sie erwachte nicht mehr aus dem Koma. Es halfen die besten medizinischen Geräte nichts. Es war, als habe ihre Seele gesagt: Nein! Schluß!

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