Die Ecstasy-Affäre
der Wiese stand ein Zelt, und auf der Straße parkte ein Citroën.«
»Alles klar. Wir danken Ihnen für die Aussage.«
»Cherchez la femme! Das geht nun los.« Wortke rieb sich die Hände. »Jetzt werden wir alle Bars in München und Umgebung durchkämmen. Reiber, du Drogenstrolch, da kennst du dich ja bestens aus.«
»Und wie! Ein Lauf gegen Gummimauern!« Reiber wiegte zweifelnd den Kopf. »Wonach sollen wir fragen? Wir können mit keinem Foto herumlaufen. Wir haben keins.«
»Aber eine muß doch mit einem jungen Burschen gesehen worden sein. Und von Robert Habicht haben wir ein Foto.«
»Keine Bardame wird eine andere verraten. Es gibt da einen Ehrenkodex. Und keine will mit zerschnittenem Gesicht weiterleben. Roberts Foto nützt uns wenig. Wenn wir ein Foto der Frau bei ihm gefunden hätten … aber Fehlanzeige. Wir haben alles durchsucht. Nicht ein Hinweis auf eine Frau.«
Wortke winkte mit beiden Armen. Er war bester Laune bei dem Gedanken, zwei Todesfälle fast im Griff zu haben. »Hallo!« rief er. »Kollege Kommissar Zufall, kommen Sie mal her! Wir brauchen Sie mal wieder.« Und zu Reiber sagte er: »Peter, ich hab's im Urin … wir sind nahe dran, ganz nahe …«
»Vergiß den Fall Lisa Brunnmeier nicht.« Reiber war mit seinen Prognosen vorsichtiger. Die Tote in dem Abbruchhaus war noch immer ein Rätsel, was ihr Leben außerhalb des Elternhauses betraf. Bis heute gab es nicht einen einzigen Zeugen.
»Auch da werden wir fündig werden. Das hängt alles miteinander zusammen.«
Ein Irrtum, den Wortke noch nicht erkannte.
Auch Gerda Habicht wurde im engsten Familienkreis zu Grabe getragen. Wieder folgten nur der Pfarrer, Dr. Habicht und Dr. Heimes dem Sarg, und diesmal regnete es sogar. Man kürzte die Zeremonie am Grab ab und kehrte unter den Regenschirmen zu den Wagen zurück. Aber einen Satz ließ Habicht seinem Rosenstrauß noch folgen, als er ihn auf den Sarg geworfen hatte.
»Gerda … verzeih mir«, sagte er leise. »Verzeih mir alles. Und eines schwöre ich dir: Ich werde Robert rächen …«
Von diesem Tag an rührte er seine Briefmarkensammlung nicht mehr an. Er verkaufte sie an ein Auktionshaus. Der Auktionator blätterte verwundert und begeistert in den Alben. Eine selten schöne Sammlung, eine Fundgrube.
»Und von so etwas trennen Sie sich, Herr Oberregierungsrat?« fragte er. »Das brächte ich nicht übers Herz.«
»Ich habe keinen Erben mehr.« Habicht sagte es ohne innere Bewegung. »Für wen soll ich die Sammlung behalten? Der Kirche vermachen? Die hat genug Geld. Dem Staat überlassen? Der saugt uns mit Steuern genug aus. Dann lieber zu Lebzeiten verkaufen und das Geld sinnvoll anlegen …«
»Anlegen?« Der Auktionator grinste verhalten. »Sie haben doch keine Erben.«
»Anlegen bei mir. Investieren in eine große Aufgabe, die ich noch zu erfüllen habe. Ich muß jemanden suchen, und das kostet vielleicht eine Menge Geld. Doch das ist für Sie ohne Interesse.«
In seinem Haus begann Habicht noch einmal, Roberts Zimmer zu durchsuchen. Obwohl die Kripo nichts gefunden hatte, was Robert hätte entlasten können, ging Habicht systematisch vor, geleitet von einer inneren Stimme, die ihm sagte: Du entdeckst etwas. Du findest einen Hinweis auf diese Frau, die Robert in ihr Leben und damit in den Tod gerissen hat. Du wirst etwas finden. Sei ganz sicher.
Im Zimmer, in den Kleidern und der Wäsche, in den Büchern und Notizen, in den Schulheften und Noten, in einem Haufen Papiere fand Habicht nichts. Ein paar Telefonnummern hatte Robert sich auf einem Block notiert … Habicht rief jede von ihnen an und entschuldigte sich dann. Es waren eine Buchhandlung, zwei Klassenkameraden, die Klavierlehrerin, das Büro der Pfadfinder, eine Notendruckerei, eine Musikalienhandlung, das Prinzregenten-Bad, ein Klavierstimmer, eine Studentenband, ein Sportartikelgeschäft … Telefonnummern eines braven Jungen.
Habicht gab nicht auf.
Er ging in das Musikzimmer, den zweiten wichtigen Raum in Roberts Umfeld. Auch hier hatte die Kriminalpolizei alles gründlich untersucht. Sie hatte alle Notenalben durchgeblättert, die von Robert aufgenommenen eigenen Tonbänder mitgenommen und abgespielt, sogar der Stutzflügel war untersucht worden, ob im Inneren etwas versteckt worden war, Briefe vielleicht, denn wer im Hause Habicht würde schon den Flügel aufklappen … Aber auch hier gab es keinerlei Erkenntnisse, wie es so schön im Amtsdeutsch heißt.
Habicht sah sich suchend um. Drei Bilder hingen an
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