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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist nicht gleich Herz. Jeder Organismus ist ein individuelles Wunderwerk der Natur. Manchmal stehen wir vor einem Patienten und können nur sagen: Hier kann nur Gott helfen.«
    »Und was sagen Sie zu meiner Frau?«
    »Hier muß Gott helfen.« Der Oberarzt ging mit Habicht auf den Flur der Intensivstation und holte sich aus einem Wandautomaten ein Glas Mineralwasser. »Wie ist es eigentlich zu diesem völligen Zusammenbruch gekommen?«
    »Wir haben heute vormittag unseren Sohn Robert verloren.«
    »Ein Unfall? Ich spreche Ihnen …«
    Habicht winkte ab. »Er ist ermordet worden.«
    »Mein Gott!« Der Oberarzt starrte Habicht an. »Das ist furchtbar. Ermordet?«
    »Von der Mafia. Genickschuß!« Habicht lehnte sich gegen die Wand. »Kann das eine Mutter ertragen?«
    Eine Frage, die auch nur Gott beantworten konnte.
    Im Franziskaner schrieb Wortke auf eine Serviette, was die Ermittlungen bisher ergeben hatten. Es waren klare Tatbestände, aber ohne Hintergründe. Man konnte ein Gebäude zusammenzimmern, aber viele Balken fehlten noch.
    »Mit Sicherheit wissen wir eins«, stellte Wortke fest und malte Strichmännchen auf die Serviette. »Robert Habicht und Christa Helling kannten sich so gut, daß sie zusammen in einem Zelt am Wörthsee übernachteten. Dort kam es zu Intimitäten, wie die gerichtsmedizinische Untersuchung ergab. In dieser Nacht muß Habicht der Helling Ecstasy gegeben haben, und zwar mehr, als sie vertragen konnte. Sie starb in seinen Armen, er legte sie unter einen Busch und verschwand. Habicht war also mit Ecstasy vertraut, die Pillen gehörten zu seinen Lebensgewohnheiten. Der brave Junge des Herrn Oberregierungsrates hat also ein Doppelleben geführt, in das er in den letzten drei Wochen voll hineingerutscht ist. Er hat sein Elternhaus verlassen, um – das liegt auf der Hand – in seinem Zelt irgendwo zu wohnen. Das freie Leben, wie er es nannte. Aber das kann nicht alles sein. Hinter dem ›neuen Leben‹ steckt eine größere Triebkraft als nur ein Freiheitsdrang. Er muß in gewisse Kreise hineingeraten sein, die ihn, weil er zuviel wußte, sofort liquidierten, als Christas Tod ihm die Augen öffnete, wohin er da geraten war.«
    »Eine Drogenmafia«, sagte Reiber und schob seine Maß Bier weg.
    »Kein Zweifel. Und jetzt bist du dran.«
    »Die Ecstasy-Organisation, speziell was München betrifft, ist nach unseren Erkenntnissen nicht in den Händen der uns bekannten organisierten Kriminalität. Die bisherigen Morde – und dabei ging es offensichtlich um Gebietsmonopole – wurden immer an Polen verübt, und zwar auf asiatische Art mit einer Stahlschlinge. Habicht aber wurde erschossen.«
    »Wir müssen anscheinend umdenken. Die Vietnam-Morde in Berlin waren immer Genickschuß-Hinrichtungen. Erwürgen mit einer Stahlschlinge passierte bisher nur in München. Wer sich aber auf diese Tötungsart spezialisiert, greift nicht zur Schußwaffe. Er bleibt dabei. Das kennen wir doch: Jeder Mörder hat ein Muster. Der Würger schießt nicht. Der Messerstecher vergiftet nicht. Der Bombenleger hängt nicht auf. Im Fall Habicht muß ein Außenseiter am Werk gewesen sein, der nach alter Mafia-Manier hinrichtet.«
    »Das widerspricht einer Verbindung zur Münchner Ecstasy-Szene.« Reiber schüttelte den Kopf. Das Puzzle lag schief; es paßte vieles zusammen, und trotzdem ergab sich kein Bild. »Gehen wir also wieder an unsere geliebte Öffentlichkeit. Wo ist Habichts Wagen überall gesehen worden, vor allem bei Eintritt der Dunkelheit? Wer hat Habicht in Discos oder In-Lokalen gesehen? Wer hat am Sonntag den 2CV am Wörthsee gesehen und etwas Außergewöhnliches bemerkt? Irgendwelche Zeugen muß es geben. Der Junge hat sich doch nicht versteckt.«
    »Hoffen wir also wieder auf den Kommissar Zufall.« Wortke rieb sich die Hände. Seine Schweinshaxe, in Braunbier gebacken, und zwei Semmelknödel wurden serviert. »Die aufmerksame Bevölkerung wird viel zu wenig gelobt. Ohne sie sähen die Aufklärungsstatistiken grauenhaft aus.«
    Die nächsten Tage vergingen mit dem Sammeln von Informationen, Anzeigen und Augenzeugenberichten.
    Roberts Leiche war freigegeben worden, nachdem der Obduktionsbericht bei der Staatsanwaltschaft vorlag. Im engsten Kreise wurde er begraben. Habicht wollte niemanden um sich sehen, nicht die Klassenkameraden, nicht die Pfadfinder, nicht seine Kollegen von der Staatsregierung, keine Nachbarn oder weitläufige Verwandte. Nur der Pfarrer, Dr. Heimes und er gingen hinter dem hellen Eichensarg

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