Die Ecstasy-Affäre
Hand zum Abschied aus. Von Gleichem empfand das als Flegelei. »Ich hätte noch eine Bitte.«
»Wenn ich sie erfüllen kann …«, sagte er beleidigt.
»Sie können! Wenn Ihr Jagdkommando diese Frau gefunden hat, geben Sie mir Nachricht. Wir möchten sie gerne übernehmen.«
»Übernehmen«, wiederholte von Gleichem stumpf. Er ahnte, was Lok damit ausdrücken wollte.
»Wir möchten Sie nicht belasten.«
»Ich verstehe.«
»Es ist immer von Nutzen, wenn Partner sich verstehen. Das macht das Leben leichter und fröhlicher. Wie sagt man bei uns: Ein Mann kann fünfzig Eimer Wasser tragen. Zwei Mann aber hundert – und die Felder blühen.«
Von Gleichem wartete, bis sich die Tür hinter Lok geschlossen hatte. Erst dann sagte er aus tiefster Seele: »Du mit deinen verdammten Sprüchen! Auch wir haben einen Spruch: Lob nicht die Ernte, bevor der Regen kommt! Ich werde dir Ulrike nicht ausliefern. Sie soll in keiner Stahlschlinge hängen …«
Bei Wortke und Reiber hatte sich Hochstimmung eingestellt.
Ein neuer Zeuge war aufgetaucht. Ein brisanter Zeuge, der das große Rätsel lösen könnte.
Es war ein kräftiger Mann in einem weißen Leinenanzug, der vor Wortke und Reiber saß und sich in dieser Umgebung, der Mordkommission, sichtbar unwohl fühlte. Wortke versuchte, ihn ein wenig aufzulockern.
»Sie sind also Bademeister im Prinzregenten-Bad?« fragte er. »Ein schöner Beruf. Immer frische Luft, schöne Mädchen Tag für Tag …«
»Nicht immer, Herr Kommissar.«
»Sie heißen Toni Pulver, und so sehen Sie auch aus. Muskeln wie ein Stier. Wo Sie hinschlagen, verdorrt alles.«
»Ich schlage nicht, Herr Kommissar … ich rette, wenn notwendig. Und den Toten, diesen Robert Habicht, kenne ich. Als ich das Foto in der Zeitung sah, hab ich zu meiner Frau gesagt: Du, das ist er. Der war Stammgast bei uns.«
»Und er war immer allein?« fragte Reiber.
»Lange Zeit hindurch immer solo.«
»Und nach der langen Zeit?«
»Da hat er 'ne tolle Frau aufgerissen. Die war auch schon öfter da, und irgendwann hat's dann geschnackelt. Jei, waren die verliebt! Und dabei war sie bestimmt älter als er, aber mit 'ner Figur … Da kannste unruhig werden.«
Wortke und Reiber warfen sich einen Blick zu. Hurra! Hurra! Wir haben sie! Das ist sie, Habichts ›Lehrerin‹.
»Können Sie diese Frau beschreiben, Herr Pulver?« fragte Wortke.
»Ich glaub' schon. Hab sie ja oft genug gesehen. Wenn die da auf der Wiese im Bikini lag … wie eine Berg- und Talbahn …«
»Uns interessiert weniger der Busen als das Gesicht. Auch mit dem Hintern können wir nichts anfangen.«
»Aber der war sehenswert. So 'n richtiger strammer, geiler …«
»Stop!« Reiber hob die Hand. »Wir sind hier nicht beim Stammtisch. Hier ist die Kripo, Herr Pulver! Wie sah das Gesicht aus?«
»Da lief einem das Wasser im Mund zusammen, Herr Kommissar.«
»Spucken Sie es aus!« Wortkes Jovialität hatte Grenzen. »Blaue Augen? Braune, grüne, graue? Spitze Nase, breite Nase, Stupsnase, schmale Nase …«
»Das … das kann ich so genau nicht sagen.« Bademeister Pulver wurde verlegen. »Ehrlich gesagt: Das hat mich nicht interessiert. Ich hab woanders hingeguckt.«
»Titten und Arsch!«
»Genau.« Pulver fühlte sich unwohl. Ein Rindvieh, wer sich freiwillig als Zeuge bei der Polizei meldet! Die sprechen mit dir, als hättest du 'nen blutigen Dolch in der Tasche. Fünftausend Mark Belohnung sind für Hinweise ausgesetzt, aber wenn man dann auspackt, wird man zusammengeschissen wie beim Kommiß. Er gab sich einen Ruck und sprach weiter: »Ja, und da waren die Haare. Schwarze Haare, aber wenn die Sonne draufschien, leuchteten sie rötlich. Wie Kastanien. Genau, das ist es: Kastanien. Das fiel neben all dem anderen besonders auf. Wenn sie da am Becken entlangging …«
»… auf langen schlanken Beinen«, ergänzte Reiber.
»Sie sagen es, Herr Kommissar.« Pulvers Augen bekamen Glanz bei dieser Erinnerung. »Beine, lang wie bei den Models. Diese Frau haute einen einfach um!«
Wortke winkte ab. Er sah die Geheimnisvolle plastisch vor sich und verstand, daß ein junger Mann wie Robert Habicht, unerfahren und nun sexuell erweckt, ihr hörig werden konnte. Hörig bis zur Kriminalität.
»Könnten Sie das Gesicht zeichnen?« fragte er.
»Nein.« Pulver schüttelte den Kopf. »Ich kann schwimmen, tauchen, turmspringen, Erste Hilfe leisten, Tennis, Golf spielen … aber zeichnen? Nie gemacht.«
»Wir haben einen Computer, der nach Ihren Angaben das Bild
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