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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einer parlamentarischen Mehrheit, das wisse er doch auch, und so etwas würde immer an der Opposition scheitern, die grundsätzlich ständig dagegen sei, was die Regierung vorlegte. Das sei im Grunde unlogisch, aber immerhin demokratisch, und man sei nun einmal eine Demokratie, die ein Vorbild sein wolle.
    Habicht hatte dagegen nichts einzuwenden. Die Demokratie zu bezweifeln, wäre ein Harakiri-Akt gewesen. Also verließ Habicht seinen Chef mit dem Gefühl, gründlich die Wahrheit gesagt zu haben, ohne das Staatsgefüge zu erschüttern. Sein Sohn Robert war das Opfer seiner Zeit geworden, so sah Hubert es jetzt.
    Im Gegensatz zu seinem Vater war Robert froh, daß sehr schnell Gras über die ganze Affäre wuchs. Seine Notlüge hatte keinerlei Folgen, bis auf den fatalen Entschluß, den Habicht gefaßt hatte: Er fuhr ab jetzt seinen Sohn Robert zur Mathe-Nachhilfestunde in die Konstantinstraße und holte ihn nach zwei Stunden wieder ab. Der bisher ahnungslose Freund spielte mit, nachdem Robert ihm gebeichtet hatte, wo er bisher Nachhilfeunterricht genommen hatte.
    »Und du hast sie bisher noch nie gebumst?« fragte Gerhard verblüfft.
    »Nein. Verdammt, nein!«
    »Unbegreiflich. Da angelst du dir eine Bar-Tussi und legst sie nicht um? Du bist nicht normal, Robert! Was willst du denn von ihr?«
    »Ich weiß es nicht. Du würdest anders handeln …«
    »Aber so sicher, wie ein Eierkuchen aus Eiern besteht! Ran an die Wäsche und Bajonett gefällt zum Angriff.«
    »Sie ist keine Hure!«
    »Bist du da so sicher?« Der Freund holte eine Cola mit Schuß und hielt sie Robert hin. »Robby, mach mal 'ne Probe. Faß sie an die Titten.«
    »Ihr seid Schweine! Alle seid ihr Schweine!« Robert stand auf und schob die Cola zur Seite. »Ihr kennt Ulrike nicht, sie ist anders.«
    »Etwa 'ne Lesbe?«
    »Es hat keinen Sinn, mit dir darüber zu sprechen. Tu mir nur einen Gefallen: Wenn mein Vater dich fragt – ich war immer bei dir.«
    »Ehrensache. Aber wenn du 'ne Fünf in Mathe bekommst, bin ich in den Augen deines Vaters mitschuldig.«
    »Du kannst immer sagen, ich sei ein Rindvieh in Mathematik.«
    »Und bei den Weibern!«
    Als Hubert an diesem Abend seinen Sohn wieder abholte, fragte er wie immer: »Na, wie läuft es, Junge?«
    »Schlecht, Papa.« Robert starrte auf die nächtliche Straße. Die Fassaden der Häuser schienen ihn anzugrinsen. Jedes Fenster ein Gesicht voller Hohn. »Ich begreife Bachs Fugen, aber keine Mathematik. Ich glaube nicht, daß sich das ändert.«
    »Im Willen liegt die Stärke.« Habicht hob die Hand. »Oder volkstümlich: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.«
    »Das sind Sprüche, Papa.«
    »Das sind uralte Weisheiten, Junge. Rüstzeug fürs Leben. Ich habe immer danach gehandelt.«
    »Ich möchte nie Oberregierungsrat werden …«
    »Das ist bekannt. Deine Mutter sieht dich schon als zweiten Svatoslaw Richter auf dem Konzertpodium. Aber noch ist ja nichts entschieden.«
    Robert schwieg. Irrtum, Vater, dachte er und lehnte sich im Autositz zurück. Vielleicht ist jetzt schon mehr entschieden, als wir alle glauben. Ihr habt nicht gesehen, wie Ulrike neben mir gekniet hat, wie sie mit der Serviette mein Blut zu stillen suchte, wie sie diesen Brunelli angeschrien, wie sie mich in die Arme genommen hat. Das alles habt ihr nicht gesehen.
    Ich liebe sie. Das ist das Einzige, was ich von der Zukunft weiß.
    Sie sahen sich zehn Tage lang nicht.
    Zehn Tage, in denen sich die Blutergüsse an Roberts Körper auflösten, die Schrammen zuheilten, die Schwellungen abklangen.
    Zehn Tage, in denen er von seiner Mutter gepflegt wurde, als hätte man ihn zerstückelt. Sie war immer um ihn, rieb ihn mit Heparinsalbe ein, kochte ihm literweise Kakao, den er so gern trank, und wenn er in sanfter Abwehr der mütterlichen Übervorsorge sagte, ihm täte nichts mehr weh, er sei wieder völlig in Ordnung, wehrte sie seinen Protest mit den Worten ab: »Sei still! Eine Mutter sieht, ob ihr Kind krank ist. Und ich sehe, du bist krank.« Es fehlte nur noch, daß sie ihn bei den Mahlzeiten fütterte und ihm den Mund abwischte.
    Es waren auch zehn Tage, an denen Robert fleißig Mathe büffelte, weil sein Vater ihn zu seinem Schulfreund brachte, zehn Tage, in denen er bei seinen Klassenkameraden an Achtung gewann, denn mit Kung-Fu war noch keiner von ihnen in Berührung gekommen. Man kannte das nur vom Fernsehen, aus Filmen von Bruce Lee, und daß Robert einen solchen Angriff überlebt hatte, war überhaupt ein Wunder.
    Es waren aber

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