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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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manchmal sogar jünger als ihre Kunden, und damit nicht strafmündig. Sie haben einen festen Wohnsitz – eben das Elternhaus –, die Eltern sind völlig ahnungslos, verdreschen vielleicht ihren Nachwuchs, aber was hilft das? Diese Mini-Gangster schweigen wie ihre großen Kollegen von Mafia und Triaden. Keine Bezugsquellen, keine Namen, keine Adressen, und wenn mal einer auspackt, dann greifen wir auch nur wieder einen Verteiler, der sich in Schweigen hüllt. Und das Scheißspiel fängt von vorne an! An die Lieferanten von Ecstasy, an die Produktionsstätten kommen wir nicht heran. Wir wissen nur eines aus vielen Verhören: Die meisten der Pillen, ganze Wagenladungen, kommen aus Polen und Tschechien. Ein Millionengeschäft. Hundert Tabletten werden auf dem Schwarzmarkt für 7,5 Pfennig pro Stück angeboten und für 43 Pfennig weiterverkauft! Ein Bombengeschäft! Sind die Pillen auch noch mit Heroin oder Speed verschnitten, was vor allem bei polnischer Ware der Fall ist, steigt der Preis enorm. Wir haben geschätzt, daß allein in München jedes Wochenende bis zehntausend Pillen Ecstasy an die jugendliche Kundschaft verkauft werden! Das wäre ein Wochenend-Umsatz von knapp fünftausend Mark! Und bei einem Preis von 43 bis 60 Pfennig pro Stück kann sich das jeder Jugendliche leisten. Dagegen ist Heroin eine Luxusdroge. Da kostet jeder Schuß über hundert Mark! Denken wir also logisch: Der Heroin- und Kokain-Markt schrumpft, der Ecstasy-Markt aber expandiert. Das heißt: Das organisierte Verbrechen muß sich umstellen. Die großen ›Konzerne‹ Mafia und Triaden werden um den neuen Markt kämpfen. Und man wird die bisherigen Lieferanten aus Polen, Tschechien und den Niederlanden liquidieren – wie den lieben Touristen Karyl, den Apotheker aus Warka an der Pilica.«
    »Das klingt überzeugend.« Wortke legte seine Faust auf die Akte Podniewski. »Der Junge gehört dir. Wenn du recht hast, müssen wir in der Gerichtsmedizin mehr Kühlboxen anschaffen.«
    »Kaum.« Reiber ging auf Wortkes Zynismus ein. »Es werden lauter unbekannte Tote sein. Kein Hinterbliebener wird sich melden.«
    »Und du hast wieder die alten Gegner mit neuen Methoden.«
    »Das hat auch seine Vorteile.« Reiber ließ sich von Wortke eine Zigarette geben und zündete sie an. »Der jetzige Ecstasy-Markt ist total unübersichtlich. Da kommen die Pillen aus allen möglichen Gegenden herein. Übernehmen allerdings Mafia und Triaden den Markt, wird er straff, ja, geradezu militärisch perfekt organisiert. Dadurch kennen wir unsere Ganoven! Wir können gezielter vorgehen.«
    »Dein Optimismus ist unübertroffen.«
    »Mein lieber Theo …« Reiber grinste. »Was wären wir ohne das kleine bißchen Hoffnung? Sie gehört zu unserem täglichen Brot.«
    Für Hubert Habicht war nach dem Protokoll auf dem 13. Dezernat der Überfall auf seinen Robert noch längst nicht zu den Akten gelegt. Er nahm die Gelegenheit wahr, nach fast zwanzig Jahren stiller Amtstätigkeit und Unauffälligkeit auf seiner Dienststelle von sich reden zu machen.
    Oberregierungsrat Habicht reichte bei seinem vorgesetzten Ministerialdirigenten einen Bericht ein. Titel: ›Die Gefährdung der Bevölkerung durch ausländische Kriminalität‹. Er schilderte darin nichts Unbekanntes, aber der Umstand, daß der Sohn eines hohen Ministerialbeamten von einem Asiaten überfallen und schwer verletzt worden war, reichte aus, um sich des Falles anzunehmen.
    Die Münchner Kriminalpolizei wurde um einen Bericht gebeten, Hubert Habicht schilderte höheren Ortes das ›Drama in seinem Haus‹ und erwähnte dabei – in vorsichtigen Worten natürlich – die Großzügigkeit der deutschen Ausländerpolitik. Die Polizei sei unterbesetzt, unterbezahlt und mangelhaft ausgerüstet, wogegen man für Asylanten zig Millionen von den Steuern abzweige. Das Gleichgewicht sei grob gestört. Eine Frau, die abends allein durch eine Grünanlage gehe, sei schon fast eine halbe Selbstmörderin. Zu schärferen Äußerungen raffte Hubert Habicht sich nicht auf. Ein deutscher Beamter ist bei aller Staatskritik immer noch ein getreuer Diener dieses Staates. Dafür wird man auch mit einer Pension belohnt, die es in keinem anderen Beruf gibt.
    Natürlich hatte Habichts Bericht nur den Effekt, daß man auf ihn – für eine kurze Zeit – aufmerksam wurde. Alles, was in seinem Bericht stehe, so teilte man ihm mit, entspräche leider den Tatsachen. Die kenne man genau, sogar höchsten Ortes, aber Gesetzesänderungen bedürften

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