Die Edda - Die Edda
solchen Ursprung hin, da sie ihren Gegenstand, die Beziehung der Geschlechter, beschaulich und gründlich abwägen; das klingt nach weiterem Zusammenhang.
Heusler
Der Kenner der Liebe
1
Klar sprech ich jetzt,
denn ich kenne beides:
falsch sind Männer zu Mädchen auch
da schwatzen wir schön,
wo wir schlecht denken:
das bestrickt auch Verständige.
2
Schmeicheln soll
und Geschenke bringen,
wer Minne der Maid begehrt,
rühmen die Gestalt
der rosigen Frau:
wer lobt, erlangt.
3
Lästern sollte
seiner Liebe halber
man den Nächsten nie:
oft packt den Verständigen,
was den Stumpfen nicht packt:
der liebreizende Leib.
4
Lästern sollte einer
am andern nimmer,
was manchen Mann ereilt:
Weise zu Toren
wandelt bei den Menschen
der Minne Macht.
5
Die Seele nur weiß,
was da sitzt im Herzen:
seinen Sinn kennt man selber nur;
keine Krankheit
ist für den Klugen schlimmer,
als fremd aller Freude sein.
Unwert des Reichtums
6
Nicht weiß der Mann,
der wenig weiß:
oft macht Reichtum verrückt;
der eine ist reich,
der andre arm:
man verachte das Unglück nicht!
7
Volle Pferche
sah ich bei Fettlings Söhnen;
ihnen blieb jetzt der Bettelstab:
Reichtum enteilt
wie ein Augenblick:
er ist der flüchtigste Freund.
8
Der Unweise,
wenn zu eigen er Gut
oder Liebe erlangt:
der Stolz wächst ihm,
der Verstand aber nicht;
er steigt höher im Hochmut nur.
Lehren der Vorsicht
9
Frischgesätem Felde
soll man zu fest nicht trauen,
noch zu sehr dem Sohn:
den Wuchs lenkt das Wetter,
sein Wille den Sohn;
böse kann beides sein.
10
So ist der Frauen Liebe,
die Falsches sinnen,
als reite man auf Glatteis
ein Roß ohne Stollen,
ein wildes zweijähriges,
das noch wenig gezähmt,
als kreuze man im Sturm
mit steuerlosem Schiff,
als wolle einholen ein Lahmer
auf Aperm ein Rentier.
11
Zwei zwingen einen;
die Zunge tötet das Haupt;
hinter jeder Hülle
hab der Hand ich acht.
Die Nacht begrüßt,
wer der Nahrung traut.
Schmal sind Schiffswinkel.
Herbstwetter hält sich nicht;
oft dreht der Wind
in drei Tagen
und im Monat noch mehr.
12
Bedacht und verschwiegen
und schlachtkühn sei
eines Königs Kind:
munter und heiter
sei der Männer jeder,
bis der Tod ihn trifft.
13
An kleinen Sanden
an kleinen Seen
ist klein der Bewohner Witz;
denn nicht ebenbegabt
sind alle Menschen:
beide Gruppen sind gleich.
14
Besser nichts erfleht,
als zu viel geopfert:
auf Vergeltung die Gabe schaut;
besser nichts gegeben,
als zu Großes gespendet:
(eitel manch Opfer bleibt.)
Anmerkungen
1 Eine Anklage der Frauenfalschheit muß vorangegangen sein. 10 9, 10 Ein Rentier holt man nur auf Schneeschuhen ein, nicht aber auf alperm Berg, und nun gar ein Lahmer! 11 Eine kleine Sammlung von Sprichwörtern mit loser Gedankenfolge. 2 Durch seine Reden kann man sich um den Kopf bringen. 3, 4 In jedem Ärmel verseh ich mich der (angriffslustigen) Faust. 5, 6 Der Reisende, der unterwegs in Schiff oder Zelt Nachtrast hält. 7 Der Seefahrer muß sich ducken. 12 Daß vom Prinzen und von jedermann so Ungleiches verlangt wird, befremdet. Sind zwei nicht zusammengehörige Dreizeiler verbunden worden?
21. Priameln
D as Kennzeichnende dieser Kleindichtung, die besonders auch im Mittelhochdeutschen verbreitet war, besteht darin, daß eine Reihe von Gedanken, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, durch ein gemeinsames Bindeglied zusammengefaßt werden. Der Name kommt von dem lateinischen Wort Praeambulum her.
Genzmer
1
Lobe abends den Tag,
nach dem Tode die Frau,
nach dem Hiebe das Schwert,
nach der Hochzeit die Maid,
bist du drüben, das Eis,
das Äl nach dem Trunk!
2
Brechendem Bogen,
brennender Flamme,
krächzender Krähe,
klaffendem Wolfe,
wachsender Welle,
wallendem Kessel,
fallenden Fluten,
fliegendem Speere,
einnächtigem Eise,
grunzendem Eber,
wurzellosem Waldbaum,
geringeltem Wurme,
der Braut Bettreden,
gebrochnem Schwerte,
spielendem Bären,
dem Sproß des Königs,
krankem Kalbe,
selbsttätigem Knechte,
frischgefällter Walstatt,
der Wölwa Schmeicheln,
dem Töter des Bruders,
den man trifft auf dem Wege,
halbverbranntem Hause,
hurtigem Rosse -
bricht es ein Bein,
ist nicht zu brauchen das Pferd -:
so arglos sei keiner,
daß dem allem er traue!
3
Bei Wind schlag Waldbäume,
im Wetter rudre,
mit der Trauten sprich abends:
der Tag hat viel Augen;
den Schild nimm zum Schutze,
das Schiff zum Segeln,
zum Kampfe die Klinge,
zum Küssen
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