Die Edda - Die Edda
versehrt.
8
Den Eid auf den Ring
hat Odin geleistet;
wer soll seinem Treuschwur traun?
Den betrognen Suttung
ließ er des Trankes beraubt
und Gunnlöd in Gram.
C. Aus dem dritten Beispiel
1
Nicht ist so gut,
wie sie gut es nennen,
das Äl den Erdensöhnen;
denn es hat der Mann,
je mehr er trinkt,
desto weniger Bewußtsein.
2
Vergessenheit heißt der Reiher,
der überm Rauschtrunk schwebt;
er stiehlt uns den Verstand.
Dieses Vogels Federn
fesselten mich
in Gunnlöds Gastsaal.
3
Berauscht ward ich,
ward riesig berauscht,
bei Fjalar, dem vielklugen;
das beste am Rausch ist,
daß zurück ein jeder
sein Bewußtsein gewinnt.
Anmerkungen
A. 1 4 Das rollende Rad ist das Glücksrad, das Sinnbild der Unbeständigkeit; also: das weibliche Herz wurde wankelmütig geschaffen. 2 2 Im Schilf versteckt, wartet Odin auf die Stunde, wo er die Geliebte in ihrer Kammer treffen soll (Str. 3); hier erlebt er die erste Enttäuschung: er wird auf den Abend vertröstet. Str. 6 und 7 bringen die zweite und dritte. 7 4-6 Die Hündin an Stelle des abwesenden Mädchens. B 2 1 Der Riese Suttung hat den Zauberoder Dichtermet Odrörir (den »Erreger der Raserei oder der Dichtkunst«) in Besitz. Die folgenden Andeutungen ergänzt eine Prosadarstellung in Snorris Jüngerer Edda (Kap. 2, Die Dichtersprache). 3 Dies greift zeitlich zurück: Odin hat sich einen Weg durch die Felswand geschaffen mit dem Bohrer Rati (»Ratte«; oder ist hier noch eine wirkliche Ratte gemeint?) »Wege der Riesen« ist eine Umschreibung für Fels, also: der durchschlüpfende Odin war ganz von Fels umschlossen. 4 Die Riesentochter Gunnlöd, die Hüterin des Metes, wird von Odin verführt, so daß er den Met in sich schlürfen kann. 7 - 8 3 Die Verse haben in Snorris Prosa kein Gegenstück und bleiben halbklar. Die Riesen, scheint es, suchen die »Halle des Hohen (Odins)« auf, um nach dem Flüchtling zu fragen, der sich Bölwerk (»Übeltäter«) genannt hatte. Suttung war auf der Verfolgung umgekommen. Da schwört Odin einen Eid, daß er um nichts wisse (?). 8 1 Auf den Tempelring legte der nordische Heide Schwüre ab. Odin redet hier von sich in der dritten Person. C Die Strophen sind eingeschaltet in Nr. 17 nach Str. 10. 2 Gunnlöd weist auf den Mythus des zweiten Beispiels; Fjalar (3 3 ), dürfte eine Spielart von Suttung sein. Aber Str. 3 ist nur so zu verstehen, daß Odin sich beim Riesen um den Verstand trank - und zwar nicht in dem begehrten Met, sondern in gemeinem Bier! Die Ausdrücke in 3 1, 2 bezeichnen den Bierrausch. Wie die Fabel weiter ging, wissen wir nicht.
23. Die Geizhalsstrophen
A uch diese spaßhaften sind noch Ausläufer der Sprichwortdichtung. Das erste Gesätz knüpft an einen erzählenden Eingang eine lehrhafte Folgerung; die übrigen sind Anekdoten in epigrammhafter Zuspitzung und beleuchten das komische Gebaren ängstlicher Geizhälse. Eine gelungene Prosageschichte, halb Märchen, halb bäuerlicher Schwank, erzählt in behaglicher Breite den Hergang. Es folgt hier nur, was zum Verständnis der Strophen nötig ist.
Heusler
Gauti, ein sagenhafter König, verirrt sich im Walde zu einer geizigen Bauernfamilie. Am Morgen, beim Abschied, bittet er Bauer Borkennager um neue Schuhe. Der Bauer gibt sie unter Schmerzen her - aber wenigstens die Riemen will er behalten. Da spricht der König:
Aus beiden Schuhn,
die Borkennager gab,
riß er die Riemen los:
von geizigem Mann
wird eine Gabe man nie
empfangen ohne Fehl.
Bauer Borkennager findet seine Habe durch des Königs Besuch arg angegriffen; er teilt das Erbe unter seine drei Söhne und Töchter und stürzt sich mit Weib und Knecht von dem Sippenstein, wie dies schon seine Vorfahren taten, wenn Mangel oder Mißgeschick sie bedrängte.
Die drei Brüder und Schwestern wollen um jeden Preis Familienzuwachs verhüten und stecken sich nachts Wollenzeug um. Aber Klüglein, die vom König Gauti in Hoffnung ist, deckt ihre Wange bloß, und ihr Bruder Gilling kommt mit der Hand daran. Als nun der Knabe Gautrek ans Licht kommt, spricht Gilling:
Greulich dumm,
daß ich da griff mit der Hand,
kam an die Wange dem Weib!
Ein Brösamlein braucht’s
für solchen Buben nur:
so bekam Klüglein das Kind.
Der zweite Bruder, Greinmöve, geht immer mit seinem Erbe, den Goldbarren, herum; einmal aber, wie er vom Schlaf erwacht, sieht er zwei schwarze Schnecken auf dem Gold kriechen. Da spricht er:
Breite Schnecken
fraßen die Barren mir;
übel uns alles
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