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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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knistert er zwischen den Zähnen und ist gar nicht mehr so trocken.«
    Sie lachte und sagte: »Ich mags, wenn er gut gebuttert ist und das Zeug aus allen Poren quillt.« Ich erinnere mich, dass hinter mir ein Rentner mit einem Baguette unterm Arm stand. Was Hermine ihm wohl sagen würde? Jedenfalls war mir klar, dass sie mich soeben zu Intimitäten eingeladen hatte, mich, einen völlig Fremden, sie, eine Zierde der Vierzigjährigen, und ich fragte, wann sie Feierabend habe. Sie antwortete »Um 6« und fügte neckisch hinzu: »Mein Sohn geht gerne in den Spielsalon. Soll ich Ihnen einen 20-Euro-Schein in Ein-Euro-Münzen wechseln?«
    Der Rest ist Geschichte. Ich stand Punkt 6 vor dem Discounter, wir gingen zu ihr, 20 Ein-Euro-Stücke wechselten den Besitzer. Wir machten uns über den Vollkorntoast her. So lange, bis der Spielsalon Jonas gegen Mitternacht ausspuckte und aus dem Walfisch eine Forelle geworden war.
    Jetzt drückte sich Hermine noch immer an mich. Sie wartete. Ich schaute über ihre Schulter zum Bildschirm, Hermine chattete als »Wetlady_40«.
    Geilo1955: Du Luder
    Wetlady_40: Du Hengst
    Geilo1955: Uh ah!
    Wetlady_40: Keuch.
    Geilo1955: Ich komme
    Wetlady_40: Supi
    Geilo1955: Ja
    Wetlady: Schön
    Geilo1955: Moment ich muss mal pinkeln
    So war Hermine und ich liebte sie dafür. Jedenfalls wenn ich bei ihr war.

10
    Hermine tippte »Danke für den erotischen Nachmittag« ins Chatfenster und schloss es. »Und keine Pornos gucken!«, warnte sie mich, stand auf, »Kaffee kochen«. Ich versprach es ihr unter Hinweis auf meine aktuelle Lustlosigkeit.
    Das Internet ist nicht mein Ding. Wenn ich mich mit anderen langweilen möchte, gehe ich in die Kneipe. Steht mir der Sinn nach Unterhaltung, kann ich zwischen der rechten und der linken Wand meines Schlafzimmers wählen, zwischen der lautstarken Matratzengymnastik eines jungverheirateten Paares und den Dialogen eines altgedienten vor dem Fernseher. Nein, ich nutze das Internet nur beruflich, also notgedrungen, wenn der Umfang meiner Barschaft in den kritischen zweistelligen Bereich sinkt. Dann durchsuche ich die Stellenanzeigen, ich bin vielseitig begabt und flexibel, verfüge über hohe Teamfähigkeit und ausreichend Routine beim Durchqueren von Darmtunneln, gebe zwölfjährigen Rotznasen mit pädagogischer Inbrunst Englischnachhilfe oder sortiere in einer stinkenden Halle Müll. Mein Blut zirkuliert in den Adern von schätzungsweise 5.000 Personen, die haben etwa 10.000 Handgelenke, um die wenigstens 500 Uhren befestigt sind, auf denen »Rolex« steht, aber ostasiatischer Schrott drin ist und die ich bisweilen auf Jahrmärkten und in den dunklen Ecken noch dunklerer Gastwirtschaften verticke. Bei Bedarf halte ich auch Vorträge über die Ethik der Moderne im Spiegel der Vergangenheit (wird selten nachgefragt) oder über die 99 Möglichkeiten, einen Orgasmus hinauszuzögern, wenn die Frau nebenbei noch dringend einen Schal zu Ende stricken muss. Bei Feinkost Dürringer in der Wagnerstraße lasse ich in Fällen akutesten Geldmangels gerne »12 Wachteleier in Lachsaspik« diskret mitgehen, weil mein Freund, der Dichter Marxer, sich von deren Verzehr eine Steigerung seiner literarischen Potenz und mehr lyrische Adjektive erhofft. Das bringt einen schnellen Fünfziger, denn der reguläre Preis von 99,99 ist ihm zu hoch, so viel ist ihm der Nobelpreis nun doch nicht wert.
    Hermine werkelte in der Küche, Geschirr klapperte, Jonas nölte. Ich inspizierte für zwei Minuten meinen Lieblingsporno »Hengstparade« (ohne Ton), wollte meine Mails abrufen, hatte aber das Passwort vergessen und wollte kein neues, denn wer sollte mir schon schreiben. Schade, dass Her mine schon den Chat mit Geilo1995 geschlossen hatte. Man hätte das Gespräch weiterführen und Geilo1995 an den Rand der Impotenz bringen können.
    Die Wohnungstür ging auf und zu, dazwischen lag ein »Dass ihr mir nicht bumst, wenn ich nicht da bin« von Jonas und ein fröhliches »Hol endlich Kuchen, heut läuft nichts« seiner Mutter. Ich fühlte mich gut. Kostenloses Internet, kostenlosen Kaffee, kostenlosen Kuchen, kein Sexzwang. Jonas würde an seinem Laptop zocken und mir den Anblick seiner juvenilen Existenz ersparen, Hermine mir wenigstens ihre Auslagen zeigen, ich selbst konnte einen Job finden und ein wenig über jene merkwürdige Im- und Exportfirma erfahren, bei der die Arbeitsleistung ihres Angestellten Georg Weber nicht vermisst wurde. Erst einmal bei Facebook schauen. Es gab dort zahllose Georg

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