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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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allem, das mit den nackten Zwillingen und der dritten, ebenfalls nackten Unbekannten. Genau.
    Hermine warf einen letzten Blick in den Spiegel, fand sich erträglich, tröstete sich mit dem Gedanken, dass eh keines Mannes Blick sie taxieren würde, schon gar nicht der des Geliebten, dann kleidete sie sich an – bloß nichts Erotisches, wärmen musste es und nun ja, etwas Erotisch durfte es schon sein, aber das spielte keine Rolle,
    nein, dachte Irmi und hörte auf, die Fältchen in ihrem Gesicht zu zählen, das spielte alles schon längst keine Rolle mehr, hätte auch nie eine spielen dürfen, man war doch eine aufgeklärte Frau – zugegeben in einer nicht aufgeklärten Welt – und stand erhaben über den Visualitäten, die doch nur dazu dienten, der Frau zu schmeicheln, um sie gefügig zu machen, sprachlos – verdammt, dachte Irmi, das Licht hier im Bad ist entschieden zu hell, es plappert die Geheim nisse aus, die man doch gar nicht wissen möchte, die Geheimnisse vom Verfall des Fleisches – ach geh, Mädchen, das sind doch keine Geheimnisse.
    Ein wenig Rouge legte sie dann doch auf, als Kontrast zum Schnee draußen. Gleich sieben Uhr, sie musste Hermine abholen. An Hermine dachte sie gerne, eine neue Freundin, eine, die so wie sie war, nein, anders, nein, besser, nein, Punkt: anders halt. Irmi lächelte. Ihr Gesicht glänzte nach Kernseife und es roch auch so. Die andere war auch nicht übel, Oxana, die Russin, die Kasachin. Leider konnte sie nicht mitkommen zu den Zwillingen, sie hatte zu tun, was sehr zu bedauern war,
    aber nicht zu ändern, dachte Oxana und befeuchtete ihre Lippen. Sie trat zwei Schritte zurück – das Badezimmer in Marxers Villa war so groß, dass sie auch vier Schritte hätte zurücktreten können – und fixierte sich. Sah nicht schlecht aus. Waffen der Frau. Sollte die immer parat haben, denn da draußen herrschte Krieg. Kurz nach halb sieben, eine warme Welle lief jetzt über Oxanas Körper, wenn sie an Moritz dachte – nein, nicht wegen Moritz, nicht einmal wegen Vika, obwohl.... Oxana lächelte. Vika. Sehr schön. Aber nein. Sie hörte Vikas Stimme, vorhin beim Telefonieren. Er hat mich zum Essen eingeladen, sieben Uhr, es läuft alles bestens. Natürlich lief alles bestens, es lief immer alles bestens, wenn Oxana etwas dirigierte. Sie schleuderte sich die Haare aus dem Gesicht und verließ das Badezimmer.

172
    Verführungskünste
    Eigentlich ein patenter Bursche, dieser Moritz Klein. Hat sogar Tischmanieren. Das Restaurant war winzig, »schnucklig«, dachte Vika und schaute fasziniert, wie die junge maîtresse de la table (heißen die so? Man scheut sich, »Bedienung« zu sagen, aber Vikas Französischkenntnisse waren erschreckend rudimentär) den Rosé entkorkte, so geschickt, so elegant, so effizient. Klein probierte weltmännisch Kennerschaft heuchelnd, behielt den Schluck im Mund, spülte ihn hin und her, sagte zur maîtresse: »bon«.
    Vika verstand ihr Geschäft. Sie erzählte eine unverfängliche Geschichte mit vielen Andeutungen. Beruflicher Stress und private Turbulenzen, der spontane Entschluss, dem Alltag zu entfliehen (kitschig-doofe Formulierung, was solls), die zufällige Wahl des Ortes – »Ob Sie es glauben oder nicht, aber in der Bahnhofsbuchhandlung vor dem Ständer mit den Reiseführern. »St. Malo«, das war der erste, der mir ins Auge fiel. Ich hab sofort zugegriffen.« Machte er den Eindruck, er glaube das? Oder nicht? Schwer einzuschätzen. Man musste ihn näher kennenlernen.
    Auch Moritz erzählte eine Geschichte, nicht weniger unverfänglich, nicht weniger dreist erfunden. Er kenne die Stadt aus Jugendzeiten und habe aus nostalgischen Gründen.... Anfänger, dachte Vika, aber ohne Häme, auf die gutmütige Art.
    Sie hatte Moritz die Menüwahl überlassen und der, sehr überfordert, »Menu 1« gewählt. Es begann mit einem Vorspeisenteller, dessen Details man lieber nicht erfragte, schmeckte aber köstlich. Sie erzählte den Witz mit dem Gast, dem Kellner und den Froschschenkeln, er lachte pflichtgemäß, sie sahen sich eine Sekunde zu lange in die Augen. Jetzt aufpassen, dachte Vika, anspitzen okay, leichte erotische Tönung, 6 Volt höchstens wie die Batterie einer Fernbedienung. Fernbedienung. Ha, ha.
    Fernbedienung? Ach da liegt sie. Helga griff in den Kissenberg, fischte das Kästchen heraus, wies damit auf den Fernseher. »Das ist das einzige Video von uns Vieren. Also wir beide, Lothar – und SIE.« SIE. Hermine und Irmi hielten die Luft an.

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