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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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ein Kopf hineingestreckt ins Fastdunkel, Licht gemacht. »Oh!«, sagte es aus diesem Kopf, der zweifellos einem Afrikaner gehörte. »Oh!«, noch einmal. Der Mann blieb in der Tür stehen, für einen Moment ratlos. Er sagte etwas auf Französisch, einen kurzen Satz, an den ein Fragezeichen gehängt wurde, wir verstanden ihn nicht. Er wiederholte auf Englisch. »Who are you? What are you doing here?« Was wir hier taten? Rumliegen und chillen, mein Freund.
    Inzwischen hatten sich weitere Personen in den Bauch des Schiffes gewagt und schauten jetzt an unserem Erstbesucher vorbei in die Kabine. Dunkelhäutige Afrikaner, ein paar hellere darunter, Maghrebiner. Sie sprachen aufgeregt miteinander, wiesen auf uns, bis der Mann in der Tür eine Art Befehl herauszischte, zurücktrat und die Tür schloss.
    »Was war das?«, fragte Regitz. »So etwas gibt es in Somalia, hab ich mir sagen lassen. Seid ihr sicher, dass wir hier auf dem Ärmelkanal schippern?« Waren wir nicht. So etwas wie Fatalismus hatte mich ergriffen, eine angenehme Unbekümmertheit, was mein zukünftiges Schicksal betraf (um das vergangene kümmerte ich mich sowieso nicht). Die Gesichter der Menschen eben gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Es waren auch Frauen darunter gewesen, Frauen mit kleinen Kindern auf den Armen, kleinen Kindern, die übermüdet ins Nichts gestarrt hatten, zu erschöpft zum Schreien, zum Quengeln, zum Protestieren.
    Auf Deck rumorte es noch immer, die unverständliche Akustik wie Tinnitus in unseren Ohren, das Gebabbel der Welt, die Fahrstuhlmusik des Elends, die Beschallung unserer klinisch sauberen Wirklichkeit. Und dann wir drei hier unten. Leute, die Räuber und Gendarm spielten, ein fettleibiger Schlawiner auf dem Bett, eine ausgekochte und derzeit ausgeknockte Lady auf dem Boden und daneben ich, von allem etwas, also nichts. Das waren keine Piraten. Es waren heimatlose Flüchtlinge.
    »Hast recht«, sagte Vika. »Boatpeople. Und warum nicht auf dem Ärmelkanal? Aber nur Geduld, das erfahren wir schon noch.« Nämlich kaum fünf Mi nuten später, als sich die Kajütentür zum zweiten Male öffnete und ein stattlicher Mann eintrat. Hinter ihm auf dem engen Gang wimmelte es vorbei, neugierige Blicke für uns, ein Mädchen, kaum drei, an der Hand seiner Mutter, sah mir direkt in die Augen, bevor es weitergezogen wurde. »Endlich! Du uns frei machen, capito?« Regitz zerrte an seinen Fesseln, der Mann beobachtete es interessiert, aber teilnahmslos. »Deutsch?«, fragte er schließlich und Regitz nickte erfreut. »Ja wir deutsch Menschen. Du verstehen Deutsch?«
    Der Mann nickte ebenfalls. Er mochte Anfang 30 sein, sehr groß, sehr hager, sehr schwarz, eine silberne Brille auf der Nase. »Ich würde Sie bitten, in ganzen und grammatisch möglichst korrekten Sätzen mit mir zu sprechen«, sagte er in einem ganzen und grammatisch ziemlich korrekten Satz. »Mein Name ist Mohamad Ndaye, ich stamme aus dem Senegal und habe in Tübingen katholische Theologie studiert und danach an der Freien Universität Berlin Maschinenbau. Irre Kombination, ich weiß.«
    Irre Kombinationen brachten uns schon längst nicht mehr aus der Fassung. »Wir haben auch eine irre Geschichte zu erzählen«, sagte Vika und der Mann nickte wiederum. »Habe ich mir fast gedacht.« »Losbinden!«, forderte Regitz, in einer sprachlichen Konstruktion, die man Ellipse nennt. »Halt endlich mal dein Maul«, knurrte Vika und noch einmal nickte Mohamad Ndaye. »Ich mag irre Geschichten«, sagte er. »Der aktuelle Stand ist folgender: Wir haben dieses Schiff in unsere Gewalt gebracht, weil es bösen Menschen gehört hat. Wir finden drei gefesselte Menschen vor, die also das Gegenteil von bösen Menschen sein könnten. Aber möglicherweise auch böse, noch bösere Menschen. Auf Ihre Geschichte bin ich sehr gespannt.«

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    »Irre Geschichte«, staunte Mohamad Ndaye. Dabei hatten wir ihm nur die Kurzversion erzählt. Er kratzte sich das unrasierte Kinn, zog ein Messer aus der Tasche und band uns los. Muskeln, Sehnen, Knochen, alles tat uns weh. »Hunger!«, jammerte Regitz, »Durst!«, meldete sich Vika, »beides«, vollendete ich. »Jo«, sagte Ndaye, »auf Deck wird gekocht, ich rieche es schon.«
    Und wie gekocht wurde. Eine Art Hirsebrei mit Gemüse, in großen Töpfen auf Gasflammen, Insel voller Pfadfingerromantik im dunklen, pfadlosen Meer. Wir schlängelten uns an den Menschen vorbei, das Deck des Schiffes war besser gefüllt als ein Kreisgemeindesaal, wenn Thilo

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