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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Hermine?« Jonas, schloss Marxer mit der Messerschärfe eines Mannes, dessen Bücher – glaubte man den bloggenden Hausfrauen und Verwaltungsangestellten des gehobenen Dienstes – man nicht aus der Hand legen konnte, weil sie hammergeile Pageturner waren.
    »Na klar, Jonas hier. Was geht?« Nicht viel, antwortete Marxer wahrheitsgemäß. Hermine sei nicht im Hause, Oxana auch nicht, überhaupt... »Alle ausge flogen? Ach du Scheiße.« Jonas legte die für menschliche Lebenswesen seines Alters längstmögliche Denkpause ein und sagte nach zwei Sekunden: »Da kocht gerade die Kacke wie Popcorn«, ein Bild, das Marxer etwas schief vorkam, aber in seinem Kern die Lage exakt beschrieb. »Katy krieg ich auch nicht, dabei wollten wir heut Morgen den Jackpot knacken. Und Borsig auch nicht! Ich meine Bo. Kennst den?« Marxer erinnerte sich vage. Es war mehr als beunruhigend, er blätterte noch einmal durch Oxanas Telefonbüchlein, fand einen isländisch klingenden Namen, daneben den Hinweis, die Dame sogleich aufsuchen zu wollen, »wegen G., dem Scheißkaff«. Isländisch. G. Scheißkaff. Das löste eine Assoziation aus.
    »Ok«, schloss Jonas die Unterhaltung, »ich geh mal mit Laura zu Katy, gucken was da abgeht. Versuch du mal Oxana zu kriegen. Melde dich dann und hör auf zu saufen.« Saufen? »Na, bist du jetzt Krimiautor oder nicht?« Cleveres Bürschlein, dachte Marxer und verabschiedete sich kleinlaut.
    »Oh«, machte Vika. »Ob du nicht besser die Polizei...« »Und was soll ich denen erzählen?« Auch wieder wahr, musste Vika zugeben. Sie fasse jetzt mal kurz zusammen, was ihr bei der Verfolgung der beiden unbekannten Besucher am Grabe Le Pernacs widerfahren sei, »nur mal so zur Info, ich melde mich dann später wieder, wenn es recht ist. Also.«
    Irgendetwas stimmte hier nicht. Vika war lange genug im Geschäft, um selbst ihrem flüchtigsten Gefühl die nötige Beachtung zu schenken, einem Blitzer in der hintersten Ecke des Gedächtnisses etwa. Es war der Mann, aber was war mit ihm? Nicht wie er aussah, erinnerte sie an etwas, es war die Art, wie er lief, ein wenig schwankend, der Oberkörper vor und zurück pendelnd. Sie rief sich sein Gesicht vor die innere Kamera zurück. Musste Jahre her sein, dass sie diesem Mann begegnet war. Jetzt war dieses Gesicht aufgedunsen, Alkoholmissbrauch, schätzte die Detektivin. Doch, sie kannte ihn. Geduldig durch die Fotoalben des Lebens blättern, die zufälligen Schnappschüsse, unwichtig eigentlich, im Keller der Erinnerung abgelegt, verstaubt.
    Das Paar betrat ein Café, Vika tat es ihnen nach. Sie musste vorsichtig sein. Wenn sie ihn kannte, dann kannte er sie wohl auch. Genauso flüchtig, aber vielleicht funktionierte sein Gedächtnis besser als ihres. Aber er beachtete sie nicht, obwohl sie sich an den Nebentisch setzte, den Rücken den beiden zugedreht. Sie bestellten Kaffee und Sandwiches, Vika bestellte Tee und Kuchen. Sie schwiegen und verbissen sich in ihre Brote, Käse mit Gurkenscheiben, igitt. »Und? Zufrieden?« Er sagte das nicht gerade freundlich, er war gereizt, nervös. Die Frau sah ihn an, wie man ein Insekt betrachtet, kurz bevor man es zertritt. »Halt endlich mal die Schnauze. Warst du früher genauso? Dann wundert mich gar nichts.« »Leck mich doch«, sagte er. »Ohne mich...« Er vollendete den Satz nicht, denn sie lachte auf. »Ohne dich? Gings mir besser. Dich zu heiraten war der größte Fehler meines Lebens. Nur gut, dass ich meinen Namen behalten habe.«
    »Der Name, verstehen Sie?«, sagte Vika in Marxers Ohr, »Auf einmal wusste ich, wer der Mann war.« Die Verbindung wurde schlechter, sie hatten das Wasser des Ärmelkanals zwischen sich. »Mist, ich glaube die Leitung bricht zu sammen.« Marxer wollte etwas sagen, doch zu spät. Telefonierte sie eigentlich mit dem Handy oder... Egal. Die Leitung war tot.

257
    Marxer wartete eine halbe Stunde, doch Vika meldete sich nicht mehr. Wieder ein Cliffhanger, kein Grund zur Beunruhigung. Er war sowieso hippelig geworden, bereit zu schöpfen, die Kelle der dichterischen Imagination in den Brunnen der Wörter zu tauchen. Das Kapital des Autors, die härteste Währung der Welt: Sprache. Sätze, die wie Münzen klimpern. Mochten die Amis Pleite gehen, die Europäer Schuldenlöcher in den Boden der Ägäis hacken; einer wie Marxer war immer flüssig, vermehrte sein Vermögen vor einem handelsüblichen Laptop dank simpler Fingergymnastik.
    Eine Seite knackiger Prosa entstand, rauschhafte Syntax,

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