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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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jedenfalls trudelten ein, Jonas, Laura und Katharina, das hungrige Jungvolk und endlich auch Irmi, erkennbar eine Mischung aus Alter und Jugend. „Komisch“, sagte sie, „draußen is kaum Verkehr. Also hier in der Straße und in den Nebenstraßen.“ Ja, hm, sehr komisch. „Vielleicht zu kalt draußen. Außerdem schneits grad“, gab Marxer den Wettermann.
    Was auch stimmte. Draußen war es kalt und es schneite. In den diskret geparkten Mannschaftswagen des Sondereinsatzkommandos waren die Heizungen ausgefallen oder den allgegenwärtigen Sparmaßnahmen zum Opfer. Es war zum Arschabfrieren. Niemand sagte ein Wort. Draußen verbale Tumulte. „Was ist da los?“ fragte der Einsatzleiter über Funk. „Eine Gruppe älterer Leute, Chef. Die wollen durch.“ Der Einsatzleiter verzog das Gesicht. „Keinesfalls. Unauffällig in Gewahrsam nehmen. Abwarten.“
     
     
    321
    Mit der Dunkelheit kehrte mein sonniges Gemüt zurück. Ok, es war nicht ganz so strahlend wie ein Türkeiurlaub im August; aber wärmte mich mehr als Nordsee im November. Die Sonne meines Herzens wurde umspielt von leichten Schleierwolken meines Verstandes, es meldete sich TROTZ. Die würden uns nicht unterkriegen, DIE nicht! Wäre dennoch hilfreich mal zu erfahren, wer DIE waren. Es wurde Zeit für die nächste Lagebesprechung in der „Bauernschenke“.
    Unsere Gesellschaft wird psychotisch, hörte und las man gerade überall. Depression und Burnout, fortschreitender Alkoholismus und Tablettenmissbrauch, Deutschland ein einig Volk von Frührentnern mit Dachschaden. Das System war krank und die Ärzte standen um das Bett des Patienten, stritten sich um die richtige Diagnose, darüber, ob das System heilbar wäre oder nicht. Und irgend so ein Spielverderber in der letzten Reihe murmelte „Welches System eigentlich? Wer oder was liegt da fiebernd im Bett?“ Betretendes Schweigen. Flüche, Knüffe. Aber Recht hatte der Spielverderber doch. Welches System eigentlich?
    Ich ging nicht auf geradem Wege zur „Bauernschenke“. Brauchte Zeit, meine Gedanken vor mir herzutreiben und zugleich einzuholen, ein Spiel, wie es nur notorische Verlierer spielen können. Den Menschen, die mir entgegenkamen, merkte man nichts an. Das Chaos in den Köpfen, den Schiss vor der Zukunft. Merkte man mir etwas an? Ich durchquerte die Fußgängerzone, irgendwo wurde gelacht. Ich lachte innerlich zurück. Schnee fiel, Schnee grabschte nach der Erde, Schnee warf uns Gespenstertücher über, Schnee gaukelte uns vor, es sei noch Weihnachten – und tatsächlich hing noch vereinzelt festliche Beleuchtung und log vor sich hin.
    Ich kam an Irmis Häuschen vorbei und glaubte für einen Moment, ein Schatten bewege sich hinter dem Fenster. Aber es war alles dunkel, ich musste mich getäuscht haben oder sah die Geister, die ich nicht gerufen hatte.
    Noch zwei Straßen. Der Asphalt war glatt, ich setzte meine Schritte vorsichtig. Nicht überraschend, dass keine Autos führen. Alles sehr still. Dann doch das Geräusch eines entgegenkommenden Wagens, ziemlich großes Teil, ein schwarzer Transporter, hinter dem Blech aufgeregte Stimmen, die mir bekannt vorkamen. Wieder eine Täuschung, musste so sein. Gleich war ich am Ziel.
    Bis ich die beiden Männer sah, die, Funkgeräte in den Händen, beiderseits der Straße auf den Bürgersteigen patrouillierten. Schnell hinter das parkende Auto. Wieder ein Transporter. Wieder schwarz. Jemand hustet darin. Eine Stimme sagt „Wenn er kommt, einfach durchlassen, was wir in der Kneipe haben, haben wir in der Kneipe, gibt doch sonst nur Stress.“ Keine Täuschung.
    Jetzt war mir auch klar, woher mir die entrüsteten Stimmen aus dem ersten schwarzen Transporter bekannt vorgekommen waren. „Bauernschenke“, die Rentner. Man hatte sie aus der Quarantänezone gebracht... Quarantäne. Sag es treffender, nenn es Hausarrest. Pfeif auf die Verharmlosung, nenn es: Knast. Man zog uns aus dem Verkehr. Ich schlich langsam den Weg zurück, kam außer Sichtweite der beiden Wächter, erkannte in 50 Metern Entfernung das knallgelbe Relikt des prähandyanischen Zeitalters, eine museale Telefonzelle. Hoffentlich war sie noch nicht in die Hände der Vandalen gefallen.
    Hermines Handynummer hatte ich im Kopf, der gerade eine von Emotionen durchwühlte Schublade in einem Teeniezimmer war. Tuut, tuut, dann ging irgendjemand ran, ich sagte „Hermine?“ und dann war die Leitung tot. Der Lichtfinger eines Autoscheinwerfers wischte über die Hauswand vor mir. Den Hörer

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