Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
„geheimen Bilder“ zeigen will. Eh klar, was drauf ist. Aber auch im normalen Leben: kannste knicken die. Lauras Vater hatte sich irgendwann ausgeklinkt, Lauras Mutter einen neuen Lover gefunden und gerade trug sie ein „Brüderchen“ aus. Derbe Scheiße, Mann, obwohl Laura nichts gegen Kinder hatte. So waren die halt. Und, wie gesagt: Wenns brenzlig wird – Leine ziehen.
Katharina hatte noch das Bad belegt. Die war okay. Oxana, die Kasachin, war auch okay, die war auch noch derbst sexy, das sagte sogar Jonas. Überhaupt waren die alle irgendwie okay, bis auf diesen Dichter, der war ein Arsch. Gerade erzählte Moritz von Großmuschelbach und dass Oxana und die andere, diese Vika, schon unterwegs waren. Sie selber hockten noch beim Frühstück und hatten irgendwie keinen Plan. Jonas dachte wie immer ans Zocken, aber rein kohlemäßig sah es nicht gut aus. Eigentlich lag ja Schule an, nun ja, ein guter Grund, sich ne andere Beschäftigung auszudenken. Einen Moment lang spielte Laura mit dem Gedanken, diesen Schrottprinzen zu enttarnen, als Lockvogel gewissermaßen, der stand ja total auf junge Mädchen. Nee, knicken, zu gefährlich. Sie müssten sich um Georg Weber kümmern, also sie, die Jungen. Katharina war bestimmt mit dabei, wenn sie endlich mal im Bad fertig sein würde. Laura hatte nur Katzenwäsche gemacht und bisschen Lippenstift aufgelegt. Rosa, mehr traute sie sich nicht.
„Müsst ihr heute nicht in die Schule?“ Oh Scheiße, Hermine nahm grad die Stimmung raus. „Nö“, log Jonas, „heut ist doch Studientag“. Ha, ha. Wussten die Alten jetzt nicht, was das sein sollte. „Na, da müssen wir uns selber irgendwie beschäftigen. Ich denk mal, wir gehen bisschen in die City und gucken uns um.“ Hermine hob nur die Schultern und senkte sie wieder. Studientag. Hatte es zu ihrer Zeit nicht gegeben.
Endlich kam Katharina aus dem Bad. Sie hatte sich so gestylt, dass es so aussah, als hätte sie es gar nicht nötig, sich zu stylen. Ach ja, Katharinas Vater, der finstere Konsul, war auch verschwunden. Nahm die aber locker.
„Was liegt an, Leute?“ Laura kam eine Idee. Der Konsul. Über den wussten sie eigentlich wenig, also was der so trieb. Könnte man doch mal... „Maaaan, mein Alter törnt nur ab, glaub mir. Aber okay, wenn du meinst. Ich müsst eh paar neue Klamotten aus der Villa holen, ich weiß auch, wie wir ungesehen reinkommen.“ Sie schnappte sich noch ein Kümmelbrötchen und beschmierte es mit Butter und Marmelade. Studientag, genau. Hermine und Moritz hatten irgendwas gemacht, also sie gucken sich so verliebt an. Schon klar, was die gemacht hatten. Jonas leierte den Alten noch einen Zwanziger aus den Rippen, dann aber nix wie los. Unten auf der Straße bekam Jonas einen Lachflash. „Ha, ha, Studientag! Die glauben aber auch alles, diese triebgesteuerten Gruftis!“
397
„Haha, das ist lustig“, lachte Borsig, „alles ist verschwunden, nur der Bundespräsident immer noch nicht!“ Gar nicht lustig. Wir hatten uns zum zweiten Frühstück in der Stadt getroffen, Borsig schien mir der geeignete Mann für das Schrottplatzmilieu und die Aufgabe, diesem Karl-Heinz auf den Zahn zu fühlen. „Ja, mach ich! Brauch sowieso ne kleine Sexpause, you know what I mean“. Zwinkerte mir kindisch zu, der Bursche. Nein, fand ich auch überhaupt nicht lustig.
„Doch!“ beharrte Borsig. „Man muss das ganze Leben mit Humor sehen, sonst sieht einen das Leben selbst mit Humor. Und DAS, mein Freund, ist NICHT lustig!“ Was war mit Borsig passiert? Wandelte er auf den Spuren Nietzsches? Ja, hatte er gar damit begonnen, Bücher zu lesen? Ich wusste wirklich nicht, was an unserem Bundespräsidenten lustig sein sollte. Gut, er hatte sich als wahres Vorbild der Deutschen erwiesen und ihnen gezeigt, wie man sich mit Tricks und Seilschaften auskömmlich durchs Dasein laviert. Eine moralische Instanz, wie sie das Amt einforderte. Dennoch plädierte ich instinktiv für die erbliche Monarchie, die Ausbildungszeit der Grüßauguste ist einfach länger. Außerdem gefiel mir die Frau des Bundespräsidenten nicht. Sie war zu dick, zu alt, zu blond, zu tätowiert.
„Find ich jetzt nicht lustig“, beschwerte sich Borsig. „Die Betti ist Klasse und hat auch welche. Ich möchte nicht Veronica Ferres als First Lady haben, nur weil sie mit diesem First Boy Karsten Dingsbums zusammen ist. Soll ich dir auch noch ein Brötchen vom Büffet holen? Und Marmelade?“
Endlich einmal ein diskutabler und
Weitere Kostenlose Bücher