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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Schick hier so überraschend erwähnt hatte, ließ noch einmal vor meinem geistigen Auge all die Abenteuer des Winters ablaufen, im Zeitraffer natürlich, aber deprimierend genug, um mich trotz der Schwüle frösteln zu lassen. Stimmte ja. Ich mochte einige Dutzend Weltverschwörungen aufgedeckt haben, meine eigentliche Aufgabe indes hatte ich nicht erfüllt: Georg Weber zu finden.
    Aber war das überhaupt noch notwendig? Sonja Weber, die mich damals beauftragt hatte, arbeitete, wie mir Oxana erzählt hatte, in einer Buchhandlung, bewohnte ein hübsches kleines Apartment und pflegte nicht mehr viel Kontakt zu der Gemeinschaft, die im Laufe der Ereignisse herangewachsen war. Für ihren Bruder jedenfalls schien sie sich nicht mehr groß zu interessieren. Warum also sollte ich es tun? Schicks Ankündigung, er wisse, wo sich Georg Weber aufhielt, hatte mich dennoch beinahe schockiert. Gerade als ich ihn Näheres fragen wollte, klingelte sein Handy.
    Er zog es mit einem tiefen Seufzer aus der nicht ganz so tiefen Tasche seiner Schlafanzugjacke. Schaute eine Weile aufs Display, schüttelte den Kopf, lachte einmal kurz und schmerzhaft auf, seufzte dann wieder, bevor er das Gerät wegsteckte. „Sie sind heute wieder besonders depressiv. Wollen Sie mal hören? DER TOD IST MEIN FREUND UND ICH HABE NUR EINEN FREUND. Nicht schlecht für ne Sechzehnjährige, oder?“
    Ich verstand kein Wort. „Ach so, ja, kleine Information. Ich verfolge die Twitternachrichten. Dumme Angewohnheit wie Rauchen oder Nasepopeln. Aber wenn Sie einmal damit angefangen haben, können Sie nicht mehr damit aufhören. Leider bin ich irgendwann in den Bereich der depressiven Jugendlichen gekommen – Sie glauben gar nicht, wie viele depressive Jugendliche es allein im deutschsprachigen Raum gibt! Dabei sind die wenigsten wirklich depressiv. Aber sie inszenieren sich so bei Twitter und lassen ihre hirnfreien Kitschergüsse ab. HOFFENTLICH WERDE ICH IRGENDWANN GENAUSO GLÜCKLICH WIE DU ES BIST oder ICH WERDE NIEMALS MEHR LIEBEN KÖNNEN oder MEINE TRÄNEN FALLEN WIE DER REGEN AN EINEM HERBSTTAG. Schauderhaft! Glauben Sie mir, es gibt Zigtausende von diesen Kids und sie verplempern ihre Zeit damit, jeweils Zigtausende von diesen Tweets in die Welt hinaus zu ihresgleichen zu senden. Wohlstandszwerge, die ihre Problemchen inszenieren! Twitter müsste verboten werden, das ist schlimmer als Softporno!“
    Schick hatte sich in Rage geredet und einen ungesund roten Kopf bekommen. Er ging jetzt auf und ab und war nicht ansprechbar. Also sprach ich ihn an. „Schön und gut, mein Lieber. Aber bleiben wir beim Thema. Was ist mit Georg Weber?“
    Schick blieb abrupt stehen und sah mich an. Wieder seufzte er tief. „Ach so, ja, Georg Weber. Na, ich meine, wo Sie ihn doch gesucht haben. Ich weiß, was er macht. Er twittert.“
    Verstand ich jetzt nicht. „Er twittert? Als Georg Weber? So selten ist der Name auch wieder nicht.“ Schick nickte. „Nein, aber er nennt sich gar nicht Georg Weber, sondern Fortuna67. Aber er twittert unter anderem darüber, wie Sie ihn suchen. Und was seine Schwester Sonja macht. Und wie es in seinem Heimatort Großmuschelbach zugeht. Das ist IHR Georg Weber, kein Zweifel.“
    Das allerdings glaubte ich jetzt auch.
     
     
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    Inzwischen hatte sich Schicks Handy, das er mit dem Namen Blackberry anredete, abermals gemeldet und die Sorgenfalten auf der Stirn seines Besitzers zu Grand-Canyon-Ausmaßen werden lassen. „Sie jammern wieder“, jammerte er, „der ganze Weltschmerz in 140 Zeichen, ich kann Ihnen sagen, das schlaucht beim Lesen.“ Warum er sich das denn antue, fragte ich den guten Mann, der selbst wie ein Häufchen Elend auf den Stuhl gesunken war und dessen Kopf hin und her pendelte wie das Beil in Edgar Poes bekannter Erzählung.
    „Ja, hätte ich nicht tun sollen“, gab Schick zu, „aber nachdem man mir eröffnet hatte, dass ich nur noch ein Jahr zu leben haben würde, wollte ich wenigstens noch wissen, was in der Welt, die ich verlassen muss, gerade so angesagt ist. Twitter gehört dazu – und irgendwie bin ich bei den depressiven Jugendlichen hängen geblieben.“ Wann man ihm das gesagt hatte, wollte ich wissen und Schick lachte unvermittelt laut auf. „Vor anderthalb Jahren. Ich bin also überfällig. Hirntumor übrigens, falls Sie nicht zu fragen wagen, groß wie ein Tischtennisball ist Otto inzwischen. Ich nenne ihn Otto, weil alles einen Namen haben muss, wissen Sie.“
    Georg Weber alias Fortuna67 habe gegen

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