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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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in das hingehaltene Buch. Die Dame bedankte sich überschwänglich und rief ihrer Freundin, die scheu am Eingang gewartet hatte zu, jetzt besitze sie ihr erstes von der Hauptfigur persönlich signiertes Buch. Ich rollte meine Zeitung zusammen und trollte mich. Etwa ein halbes Dutzend neugieriger Blicke folgten mir.
    Da das Klinikfrühstück sich als in jeder Hinsicht ungenießbar erwiesen hatte, setzte ich mich in die Cafeteria und genehmigte mir Kaffee und Croissants. Gemütlich. Trinken, kauen, Zeitung lesen. Man brachte mich in Sachen Papst auf den neuesten Stand, was mich köstlich amüsierte, man berichtete von Hausdurchsuchungen bei ehedemen Ministerpräsidenten, was mich nicht weiter überraschte, man warnte mich vor Inkassobüros, die an meiner Tür stehen würden, um die zehn Euro zurückzuverlangen, die sie auf dem Meldeamt für meine Adresse hatten ausgeben müssen. Ach ja, Europa war gerade dabei, sich selbst aufzulösen. Aber das überraschte mich jetzt nicht wirklich.
     
     
    560
    Gritli Moser hockte auf dem Bett, als ich mein Zimmer betrat. „Grüezi“, sagte sie lächelnd wie der sprichwörtliche Sonnenstrahl, der sich gegen die Fensterscheiben warf, und „Ich bin hartnäckig, mein Lieber.“ Das glaubte ich ihr sofort. Sie trug eine verboten enge schwarze Jeans, für die mehr Stoff als für die Verhüllung des großen Angela-Merkel-Denkmals vor der Akropolis verschneidert worden war. Zwei Kilometer Bein gibt es eben nicht zum Nulltarif. Jetzt stellte die Kommissarin den unverächtlichen Rest ihres Körpers auf eben diese Beine. „Sie werden heute entlassen, gelt?“
    Ich hätte dem, was sie Deutsch nannte, was aber in Wirklichkeit eine Halskrankheit war, stundenlang zuhören können. Leider gönnte sie mir nicht die Zeit. Gritli Moser verabschiedete sich sofort wieder, sie habe nur einmal nach mir schauen wollen. In Wahrheit, das wusste ich, wollte sie mir durch ihre Anwesenheit klarmachen, dass sie mich ständig beobachtete, dass ich nicht sicher vor ihr sein würde. Eine nette Frau. Eine extrem gefährliche Frau.
    Eine andere betrat fünf Minuten nach Frau Moser mein Zimmer und stellte sich als „Oberärztin Ciara Übel“ vor. Klein, stämmig, an die Fünfzig, eine Autoritätsperson, die mich ohne weitere Worte aufs Bett zwang und dazu, „A“ zu sagen. Sie schüttelte den Kopf. „Völlig gesund, der Herr. Haben Sie eigentlich noch Bewusstseinsausfälle? Gedächtnisstörungen?“ Ich brachte es nicht übers Herz ihr zu gestehen, dass ich seit ich denken konnte über Bewusstseinsausfälle klagte, und schüttelte den Kopf. „Gut“, sagte sie, „dann machen wir noch ein Kernspin und dann können Sie die Klinik verlassen.“
    Ich wollte nicht in die Röhre, hatte aber keine Wahl. Im Moment überforderte mich sowieso alles. Der Fall Georg Weber, der Fall der Geldlosigkeit, die anscheinend abgesagt worden war, diverse Killer, die hinter mir her waren und auf wundersame Weise von anderen Killern gekillt wurden – Bewusstseinsausfall, wo bist du, wenn man dich mal braucht? Ich wollte nur noch vergessen. Einen normalen Job, ein normales Einkommen, normale Freunde. Stattdessen öffnete sich die Tür und meine Sekretärin Annamarie Kainfeld stand im Raum.
    „Chef!“ jauchzte sie und umarmte mich stürmisch. Ich ließ ihr Küsschen links, Küsschen rechts ungerührt über mich ergehen, das Zeitalter der Merkozy-Knutscherei war endgültig vorbei. So bewusstseinsausfällig war ich nämlich nicht, dass ich die besondere Verbindung meiner Sekretärin zu Konstantin Marxer vergessen hätte. Sie stand auf der anderen Seite und ich war gewillt, es sie spüren zu lassen.
    „Keine Sentimentalitäten“, stieß ich die Kainfeld unbarmherzig von meiner Brust. „Was liegt geschäftsmäßig an? Haben Sie die Unterschriftenmappe mitgebracht? Ist der defekte Wasserhahn im Bad repariert? Haben Sie Angebote für Bürobedarf eingeholt?“ Annamarie Kainfeld sah mich forschend an und sagte dann: „Ach so. Sie sind stinkig auf Marxer und denken… Aber ich kann Sie beruhigen, Chef. Mit diesem elenden Schwein bin ich fertig!“ Was aber wohl nicht ganz so war, denn sofort nach diesem Bekenntnis begann meine Sekretärin bitterlich zu weinen und stürzte abermals an meine Brust.
    „Freut mich zu hören“, kommentierte ich überflüssigerweise. „Für Sie persönlich natürlich eine Enttäuschung, gewiss, aber sehen Sie es im größeren Ganzen. Wieder eine Frau, mit der sich Marxer nicht fortpflanzen kann. Das

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