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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Weihnachten letzten Jahres mit dem Twittern begonnen, „ein Langweiler, also echt. So ganz zarte Andeutungen, es gehe ihm beschissen, holla, hab ich mir gedacht, noch ein Minderjähriger, der die ganze Last des Planeten auf seinen Schultern trägt. Aber war er denn doch nicht.“ Mir fiel etwas ein. „Sagen Sie mal, woher wissen Sie eigentlich, dass ich hinter Georg Weber her bin?“ Schick sah mich ungläubig an. „Hallo? Das weiß doch jeder. Der Krimi von Konstantin Marxer ist schließlich ein Bestseller.“
    So erfuhr ich, dass Marxer die Zeit meines Weggetretenseins genutzt und einen Thriller mit dem Titel „Der Idiotendetektiv“ verfasst hatte, allerdings nicht unter seinem Namen, sondern dem Pseudonym Emily Pluster. Natürlich war die Charade aufgeflogen und Marxer sah sich genötigt, die volle und ganze Wahrheit in einer vom Fernsehen live übertragenen Pressekonferenz zu bekennen. Da war „Der Idiotendetektiv“ längst ein Bestseller und wurde nach dem Auftritt ein Megabestseller. „Stilistisch Mist, aber nicht unspannend“, urteilte Schick, „im Buch heißen Sie übrigens Moritz Groß, ihre wahre Identität hat Marxer dann auf der Pressekonferenz mitgeteilt. Ach ja, herzliches Beileid zu Ihrer Impotenz.“
    Das war zu viel. Wenn mich Marxer schon so schnöde missbrauchte, dann bitte wahrheitsgetreu. „Ich bring ihn um“, murmelte ich bitter und Schick nickte. „Ja, aber twittern Sie zuerst. Das klingt nach einer hübschen Wutdepression, die sich da bei Ihnen entwickelt, lassen Sie Ihren Rachegedanken freien Lauf, ich folge Ihnen auch, versprochen.“ Er steckte sein Handy mit dem Kosenamen Blackberry wieder ein.
    „Nun ja“, fuhr er fort, „Georg Weber hat bis vor etwa drei Wochen fleißig getwittert. Seitdem schweigt er leider. Ein Langweiler, wie gesagt, aber wenn Sie erst mal einem folgen, gewöhnen Sie sich auch an die ödesten Tüten. Das wollte ich Ihnen nur sagen. So, ich muss jetzt wieder zurück. Otto freut sich schon auf eine Runde Tischtennis.“
    Er stand auf und nickte mir zu, bevor er aus dem Zimmer schlappte. Ein völlig mittelmäßiger Mensch, dessen Aussehen ich, als er verschwunden war, schon nicht mehr im Gedächtnis hatte.
     
     
    559
    Das Gewitter hatte sich in die Entfernung zurückgezogen. Es war aber schwül geblieben, ich lag auf meinem Bett und schwitzte, stand auf und duschte, handelte mir eine Rüge der Nachtschwester ein, eines alterslosen Wesens, das keinen Widerspruch duldete. Ein Koitus interruptus mag eine schreckliche Sache sein, ein nicht zu Ende gebrachtes Duschen ist noch furchtbarer. Ich legte mich also halbgeduscht aufs Bett und schwitzte weiter. Von Schlaf konnte ich nur träumen.
    Außerdem war ich von sämtlichen modernen Medien abgeschnitten. Kein Telefon, kein Internet, nicht einmal ein geschwätziger Zimmergenosse versorgte mich mit neuesten Nachrichten. Auf dem Flur plapperte jemand von „diesem komischen Papst, der sich vor jedem Witzchen in die Hose macht“, was ich nicht verstand, dem ich aber am nächsten Morgen auf den Grund gehen wollte. Eine einzige Untersuchung noch, hatte der Arzt versprochen, dann sei ich ein freier Mann und dürfe gehen wohin ich wolle. Ich wusste auch schon, wo ich zuerst hingehen würde. Zu Marxer. Eine schwere Körperverletzung verüben.
    Irgendwann muss ich dann doch eingeschlafen sein, denn als ich die Augen öffnete, schien die Sonne. Eine gemütliche Schwester brachte mir Frühstück und riet mir zum Duschen, „sie miefen ja wie der Vatikan und die baden-württembergische Staatskanzlei zusammen“. Ich verkniff mir eine scharfe Replik und nickte nur stumm.
    Runter zum Zeitungskiosk. Warum sah mich der Verkäufer so seltsam an, als ich nach dem heutigen Käseblättchen verlangte? „Bitte, Herr Groß, untertänigst, Herr Groß und…“ – Er beugte sich diskret zu mir hin und flüsterte: „Versuchen Sie mal Viagra – bei mir hat es Wunder bewirkt.“ Marxers Roman. Mir wurde vor Wut schwarz vor Augen.
    Als ich den Verkaufsraum verlassen wollte, trat mir eine dicke Frau in den Weg und hielt mir ein Buch hin. Emily Pluster, „Der Idiotendetektiv“. Ob sie ein Autogramm haben könne? Ich sei nicht der Autor, beschied ich ihr nicht ohne Zornesfalten, doch das interessierte sie nicht. „Aber Sie sind doch der Idiotendetektiv persönlich, mit Ihnen identifiziert man sich doch! Sie sind so richtig wie du und ich!“
    Schreckliche Vorstellung. Ich griff nach dem hingehaltenen Stift und kritzelte meine Signatur

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