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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Küche gekommen, irgendjemand hatte die Fensterscheibe eingeworfen, ein jugendlicher Rowdy oder, das sah diesem Feigling ähnlich, doch Moritz Klein. Marxer wurde zornig, nicht lange jedoch, dann wurde er panisch. Denn etwas kroch in seine Nase, ein beißender Geruch. Qualm, Feuer. Und jetzt hörte er es auch, dieses Knistern.
    Olya stand auf der Treppe, wies auf die Küchentür, unter der Rauchschwaden hervorkrochen und quiekte „oh joi joi joi!“ Marxer wusste nicht, was zu tun war. Er trat gegen die Tür, die Tür sprang auf. Mitten auf dem Küchenboden lag etwas, die Splitter einer Glasflasche, und um diese herum loderte ein Feuer und fraß sich durch alles, was es erreichte. Jemand hatte ihm einen Molotowcocktail spendiert. Gerührt oder geschüttelt, das spielte keine Rolle.
     
     
    569
    Ich war mitten in der Nacht schweißgebadet aufgewacht, ohne zu wissen warum. Ein Albtraum? Wenn ja, hatte ich ihn vergessen. Die Schwüle im Zimmer? Konnte sein, aber nach zehn Minuten begann es mich zu frösteln und ich zog die Decke hoch bis zum Kinn. Klimakterium? Nein, ich bin keine Frau. Jedenfalls stand ich auf – es war Viertel vor drei – und stellte mich rauchend auf den kleinen Balkon, nur mit einer Unterhose bekleidet, was aber niemanden interessierte, weil niemand da war, den es hätte interessieren können. Dann ging ich zurück ins Bett und schlief ein. Und verschlief natürlich.
    Was aber meine Stimmung nicht eintrübte. Trüber wäre eh kaum noch gegangen. Die Aussicht auf acht Stunden Liebeskummer mit Annamarie Kainfeld war ebenso wenig verlockend wie die auf acht Stunden Briefe von Glückssuchern und –findern zu lesen. Nein, das war nicht der richtige Job für mich, aber was war überhaupt der richtige Job für mich? Stimmenfänger bei der FDP oder Klapperschlangendompteur, so stellte ich mir ein geruhsames Leben vor. Fürs erste musste ein gemütliches Frühstück im Café ausreichen, ich war schließlich der Chef und konnte es mir leisten, zu spät ins Büro zu kommen.
    „Sie kommen gerade recht, Chef!“ begrüßte mich meine Sekretärin. Sie machte einen erfreulich aufgeräumten Eindruck, trug ein geblümtes Sommerkleid und kanariengelbe Pumps. „Das Bundeskanzleramt hat soeben angerufen wegen der Ordensverleihung, ob Sie einen Frack haben, wenn nicht, bekämen sie einen gestellt, dazu müssten die allerdings Ihre Konfektionsgröße wissen.“
    Dazu hätte ich sie zuerst selbst wissen müssen. Ich kaufe Kleidung immer nach der Pi mal Daumen-Regel, schätzte mich aber auf Größe 52. Annamarie Kainfeld musterte mich kritisch und notierte sich dann „54 – 56, vielleicht Zwischengröße“. Es war mir egal. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich die Ordensgeschichte nicht aus Protest gegen die großbürgerliche Kleiderordnung absagen sollte, zumal mir Annamarie Kainfeld auch noch mitteilte, die Reisekosten nach Berlin müsste ich selber tragen. Sie habe mir bereits ein Hotelzimmer in der Nähe des Kanzleramtes gebucht, „mit Frühstücksbüffet“. Ich atmete einmal kräftig durch und verschwand dann in meinem Zimmer. Die Arbeit wartete.
    Kaum hatte ich meinen Rechner hochgefahren, als mich ein Schrei aus dem Vorzimmer daran erinnerte, dass ich mitnichten in einem langweiligen Büroroman mitspielte. Ich stürzte theatralisch hinaus und sah meine Sekretärin mit offenem Mund und totenbleich vor dem Monitor sitzen. „Was ist passiert?“ fragte ich. „Sie wollten ihn umbringen!“ stieß Annamarie Kainfeld hervor, „Sie wollten ihn verbrennen!“ „Wen?“ Sie sah mich mit großen glühenden Augen an. „IHN halt! Konstantin! Gestern Nacht! Ein Brandanschlag!“ Ich brummte ein neutrales „Hm“ und fügte hinzu, ich würde dem Attentäter, so man ihn denn fassen würde, gerne die Gerichtskosten bezahlen. „Verpflichten Sie den besten Verteidiger, den Sie auftreiben können.“
    Das fand Annamarie überhaupt nicht witzig, was mich denn doch überraschte. Aber die Frauen habe ich bekanntermaßen noch nie verstanden. „Chef! Sie werden doch nicht etwa… Sie haben doch wohl nicht…“ Ich winkte ab. „Nein, nein. Ein unverzeihliches Versäumnis, ich weiß. Allein der Gedanke, Marxer abzufackeln, löst quasi orgiastische Freuden in mir aus. Aber ich denke mal, ich hätte ihm doch nur ganz unspektakulär den Hals umgedreht.“ Ich sah an Annamaries Blick, dass sie das gerne bei mir gemacht hätte.
     
     
    570
    Glück ist, wenn man zufällig im Nebenzimmer ist, wenn einer einem einen

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