Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
schweigend über die Bühne. „Prima“, sagte Herr Petersen von der Firma Knallefix, ich hörte es rascheln. „Sie sind doch, wenn ich das en passant fragen darf, der berühmte Idiotendetektiv? Ach so, verstehe! Sie glauben, ich wäre so ein Pressefuzzi, der sie ausfragen und fotografieren will! Nee, nee, ne?“
Während Herr Petersen mit etlichen Geräuschen das Geschenkpapier aufriss, ging ich in die Küche und holte mir einen Kaffee. Kehrte zurück, setzte mich gemütlich auf den Flurboden und wartete. Herr Petersen fluchte. „Tja, wir von Knallefix liefern nur Qualitätsverpackungen. Da hat der Kunde mehr von seiner Vorfreude, denn schon das Entfernen der Geschenkverpackung ist ein Event für sich. Wollen Sie wenigstens wissen, welches unserer 27 Motive der Auftraggeber für Ihr Geschenk ausgesucht hat? Nun, ich verrate es Ihnen. Es ist das Motiv 'Sonnenuntergang über den Malediven'. Sie sehen die blutrote Sonne im Meer versinken und im Vordergrund umkreist ein weißer Hai eine blutjunge Surferin, die sich kaum noch auf ihrem Brett halten kann. Sehr spannend, wird gerne genommen.“
Ich musste meine Sinne schärfen. Diese Stimme. Sie klang nicht wie die jenes mysteriösen Eduard Schick, aber eine Stimme kann man verstellen mit der Rolle, die man gerade spielt. Und wer immer auch Eduard Schick sein mochte, eines war er gewiss: ein grandioser Schauspieler. „Haben Sie heute schon getwittert?“ fragte ich harmlos und beiläufig. Herr Petersen lachte abermals. „Nö, mir geht’s ja gut, warum sollte ich twittern? Hab ich früher mal in meiner Depriphase gemacht, aber jetzt…“ „…arbeiten Sie bei bei Knallefix, dem Onlinegeschenkunternehmen, das beste Mittel gegen Depression“, ergänzte ich. „He, der Spruch ist Hammer!“ lobte Petersen, „dürfen wir den verwenden? Wir machen auch Quellenangabe und so.“
Na, das war wohl das Wenigste, was man als Bundesbeauftragter und Idiotendetektiv in Personalunion erwarten durfte. Klang total harmlos, der Bursche, und genau das ließ mein Misstrauen wachsen. „Haben Sie das Papier endlich runter?“ fragte ich ungeduldig. „Gleich“, antwortete Petersen, „ich seh schon Teile der Originalverpackung. Soll ich das Ding öffnen oder genügt es, wenn ich Ihnen sage, was auf der Verpackung steht?“
„Öffnen“, verlangte ich. „Am besten, Sie fotografieren den Inhalt mit Ihrem Handy. Sie haben doch eins mit Fotofunktion?“ Jetzt lachte Petersen schallend. „Ja, schon! Aber hey, das ist total witzig, was Sie da gerade gesagt haben! Und wissen Sie auch warum?“ Ich wusste es selbstverständlich nicht. „Na, dann passen Sie mal auf. Fotografieren, ne? Mit meinem Handy, ne? Ha, ha! Wissen Sie, was in dem Päckchen drin ist? Sie kommen nicht drauf!“ Der Kerl machte es wirklich spannend und ich kam echt nicht drauf. „Na, sagen Sie schon!“ Petersen machte eine dramaturgische Pause. „Also… eine Digitalkamera! Ich soll mit meinem Handy einen Fotoapparat fotografieren! Ich könnte ihn ja mit sich selbst fotografieren, aber das geht nicht, ne?“ Der Bursche hatte einen heftigen Humor. Ich sollte ihn beim Fernsehen unterbringen.
592
„Na, is ja komisch“, sagte Herr Petersen von der Firma Knallefix und schob ein „ne?“ nach. „Komisch?“ fragte ich, „definiere komisch.“ Petersen machte „hm“ und führte aus: „Na, Originalverpackung is das schon, aber die is schon mal geöffnet worden. Soll ich sie auch öffnen, oder glauben Sie mir auch so?“ Ich erhob mich vom Flurboden. Es wäre besser, ein paar Meter und Wände zwischen Herrn Petersen und mich zu bringen, bevor er die Packung öffnen würde. „Öffnen Sie“, ordnete ich an. „Aber warten Sie noch einen Moment. Haben Sie übrigens Angehörige, die man benachrichtigen müsste, falls Ihnen etwas zustoßen sollte? Nur mal rein theoretisch und interessehalber gefragt.“
Petersen überlegte, man konnte es durch die geschlossene Tür hören. Dann sagte er: „Hm. Könnte es sein – also jetzt mal ganz theoretisch und interessehalber -, dass sie erwarten, der wie auch immer definierte Inhalt des Päckchens könne explodieren?“ Jetzt lachte ich. „Mensch, Sie benutzen ja sogar noch den Konjunktiv! Auch ein besonderer Service von Knallefix?“ „Nö“, antwortete Petersen, „da ist meine Mutti dran schuld. Immer wenn ich früher den Konjunktiv nicht oder falsch verwendet habe, gabs keinen Nachtisch oder einen Schlag mit der Bratpfanne. Aber meine Frage haben Sie damit
Weitere Kostenlose Bücher