Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
Gruft gondeln würde.
Ins Freie trat ein imposanter Herr mit breiter Ordensbrust und igligem grauen Haarkranz, in einem Smoking, dessen Stoff für drei Normalgewichte gereicht hätte. Am Arm des Mannes hing, strahlend / graziös / schwer erotisch – Oxana. Man sprach nicht miteinander, man parlierte, die Wörter wiegten sich sanft auf Kicherwellen und am Porsche angelangt, drückte Oxana ihrem Armgeber einen Kuss auf die Wange. Kleines neckisches Wortgefecht, der Typ öffnete die Beifahrertür, schob Oxana mit einer Handbewegung imaginär hinein, doch Oxana schüttelte den Kopf, wies ihrerseits zum Tor, sagte etwas, ich glaubte das Wort „Chauffeur“ zu verstehen, konnte mich aber auch täuschen.
Chauffeur? In Ordnung. Ich öffnete die Fahrertür unseres Wagens, Oxana schritt, wie nur sie schreiten konnte, dem Tor zu, das sich bereits geräuschlos zu öffnen begann, der Porsche neben ihr im Schritttempo, immer noch tauschte man sich kichernd aus. „Nach Hause, James“, befahl die Kasachin, winkte ihrem Alten zu, der mich misstrauisch und hochnäsig beäugt hatte – okay, ich trug heute ausnahmsweise keine Livree – und schließlich mit einem astreinen Kavaliersstart seine automobile Potenz bewies.
„Ich hasse dich“, zischte ich Oxana zu, als sie, ihren Pelz an meiner mickrigen Jacke reibend, ins Auto stieg. „Ich liebe dich auch“, kam es zurück und: „Puh, war das anstrengend. Aber hat sich gelohnt. Jetzt fahren wir noch einen kleinen Absacker trinken und ich erzähl dir ein bisschen was.“
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So kam es, dass wir schweigend in die Stadt zurückfuhren. Erst als Oxana nach einem Parkplatz bei der angesagten Wirtschaft Plötzler suchte, hielt ich es nicht mehr aus und setzte zu einer didaktisch geschliffenen, moralisch vernichtenden Suada an, von der aber nur ein ziemlich tonloses „Was sollte das denn?“ das Licht der Welt erblickte.
Oxana parkte vor einem Halteverbotsschild, stellte den Motor ab und sah mich mitleidig an. „Bist nicht so oft bei feinen Leuten eingeladen, gelt, du arme Maus?“ Ich musste es zugeben. „Macht nix“, tröstete sie, „dann kannst du auch nicht wissen, dass bei jeder dieser Partys mindestens ein Herr unbeweibt erscheint. Nicht immer der hässlichste, aber“ – sie seufzte eine Spur zu theatralisch – „heute doch.“ „Der Dicke“, nickte ich, sie nickte zurück. „Landgerichtspräsident Miesauer, ich hab gleich erkannt, der Mann ist allein, so traurige Dackelaugen.“ „Und?“
Sie lachte. „Ich bin zu ihm hin – er stand mit zwei Herren in einer Ecke und sie redeten das übliche belanglose Zeug -, hab Hallo gesagt und ihm eine Hand auf den Rücken gelegt und gelächelt. Ah, wie er zurücklächelte! Und die anderen beiden erst, die mit ihren alten Haubitzen erschienen waren.“
Ich begriff immer noch nicht. Oxana erzählte geduldig weiter. „Du kennst Escortservice? Frauen, die man für einsame Herren mieten kann. Ganz seriös natürlich, nur anspruchsvolle Konversation und Blickerotik. Miesauer hielt mich für eine besondere Aufmerksamkeit des Gastgebers, hoffentlich bedankt er sich nicht persönlich bei ihm.“ Sie kicherte und mit edelstem Champagner betörter Atem wehte mir zu. „Netter Mann, doch. Liebt seine Arbeit, ist geschieden, kinderlos und sammelt chinesisches Porzellan. Dick und impotent, so wie ich die Männer liebe.“ „Marxer ist nicht dick“, protestierte ich schwach. „Nein“, lachte Oxana, „und impotent auch nicht. Impotente Krimiautoren nennt man Literaten, so wie kastrierte Pferde Wallache.“
Die angesagte Wirtschaft Plötzler war mit angesagten Menschen zugestopft. Wir erkannten prominente Landespolitiker, die bei „Brühe a la maison“ die Gemeinheiten der nächsten Landtagssitzung absprachen. Nenn mich einen Lügner, dann nenn ich dich einen Ehrabschneider und hab noch einen Vollidioten für die übernächste Sitzung gut. Wir ergatterten zwei schmale freie Plätze zwischen einer, nun ja, Fernsehansagerin und einem Sparkassendirektor mit dem richtigen Parteibuch, bestellten mexikanisches Bier – angesagt, also gab es kein anderes -, Oxana legte ihren Kopf an meine Schulter und flüsterte mir ins umgehend erigierende Ohr: „Und jetzt rate mal, wo Bruggink bis vor zwei Jahren Honorarkonsul war.“
Ich öffnete nur den durstigen Mund und wartete auf die Auflösung. „Osterinseln“, flüsterte Oxana weiter, „klingelt etwas bei dir?“
Es klingelte nichts, nicht einmal das Ohr. Nur ein Plüschosterhase
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