Die Eheprobe

keine Essstörung; sie hat einen Account bei Twitter. Mit über fünfhundert Followern. Möchtest du wissen, wie sie sich nennt? Ho-Girl.«
    Â»Ho-Girl?«
    Â»Die Abkürzung für Hostess-Girl. Sie begutachtet Backwaren, aber ihre Besprechungen kann man auf vielerlei Arten verstehen, wenn du weißt, was ich meine. Der Punkt ist, dass deine Tochter in Schwierigkeiten steckt, aber du nichts davon gemerkt hast, weil du so beschäftigt damit warst, dein Doppelleben zu leben. Ganz offensichtlich versucht sie so, ein Problem zu verarbeiten.«
    Â»Genau, die Frage, ob sie lieber Twinkies oder Obstkuchen mag. Warum musst du immer so übertreiben? Und warum behandelst du mich so? Ich bin deine beste Freundin und keine Klientin von dir. Ich habe geglaubt, du stündest auf meiner Seite, nicht Williams.«
    Â»Ich stehe auf deiner Seite, Alice. Und genau deshalb bitte ich dich: Triff dich nicht mit ihm .«
    Â»Ich habe keine andere Wahl.«
    Â»Na gut. Aber erwarte nicht von mir, dass ich auf dich warte, wenn du zurückkommst. Ich kann nicht deine Vertraute sein. Nicht an dieser Front. Ich werde nicht für dich lügen. Und nur fürs Protokoll: Ich glaube, du machst einen Riesenfehler.«
    Â»Ja, das hast du mir deutlich zu verstehen gegeben. Ich gehe davon aus, dass du eine neue Brautjungfer finden wirst? Eine, die keine Hure ist?«
    Nedra atmet scharf ein.
    Ich stelle mir vor, wie ich das Telefon gegen die Wand schmeiße, statt einfach nur aufzulegen, aber ich kann mir kein neues leisten, und ich spiele nicht in irgendeinem Film von Nora Ephron mit (sosehr mir das auch gefallen würde, weil ich dann wüsste, dass es, egal wie schrecklich sich alles entwickelt, an Silvester ein Happy End geben wird), also haue ich meine Fingerspitze auf die Aus-Taste und hinterlasse einen ewigen Abdruck von Clairol Nice ’n Easy Medium Goldbraun auf dem Display.

Kapitel 78
    Auszug aus KREATIVES STÜCKESCHREIBEN
    Ãœbung: Schreiben Sie nun dieselbe Szene als Dialog mit zwei Sätzen.
    Â»Tu’s nicht«, sagt die beste Freundin.
    Â»Ich muss«, sagt die Protagonistin.

Kapitel 79
    Der 28. Juli ist ein perfekter Sommertag. Keine Luftfeuchtigkeit, 24 Grad warm. Ich verbringe eine Stunde oben in meinem Schlafzimmer und zerbreche mir den Kopf, was ich für mein Treffen mit Forscher 101 anziehen soll. Einen Rock und Sandaletten? Zu mädchenhaft. Ein leichtes Sommerkleid? Zu offensichtlich. Schließlich entscheide ich mich für Jeans und eine Bauernbluse, schminke mich aber mit dem neuen Make-up, das Nedra mir geschenkt hat: Wimperntusche und ein bisschen Rouge. Das bin ich im Reinformat, und das muss reichen. Wenn es ihm nicht gefällt, Pech gehabt. Meine Unterhaltung mit Nedra hat mich total aus der Fassung gebracht. Fast möchte ich Forscher 101 enttäuschen. Um ihn zu frustrieren, sodass ich keine Entscheidung treffen muss und er das für mich übernehmen kann.
    Unten bereiten Caroline und William einen Salat vor. Als ich in die Küche komme, blickt William verdutzt auf. »Du siehst hübsch aus«, sagt er. »Hast du was vor?«
    Â»Ich treffe mich mit Nedra auf eine Tasse Tee nach dem Abendessen, deshalb muss ich mich mit dem Essen beeilen.«
    Â»Seit wann trinkt Nedra abends Tee?«
    Â»Sie sagt, sie muss etwas mit mir besprechen.«
    Â»Das verheißt nichts Gutes.«
    Â»Du kennst doch Nedra.«
    Ich bin verblüfft, wie leicht mir das Lügen fällt.
    Es klingelt an der Tür, und ich blicke auf die Uhr: Punkt sechs.
    Â»Erwarten die Kinder Besuch?«
    William zuckt mit den Achseln.
    Ich gehe in meinen Espadrilles mit Keilabsatz zur Tür und nutze die Gelegenheit, einen sexy Gang zu üben. Ich baue einen kleinen Hüftschwung ein, neige meinen Kopf kokett zur Seite. Ich drehe mich blitzschnell um, um sicherzugehen, dass William nichts mitbekommen hat. Er steht vor einem Schrank und begutachtet den Inhalt. Ich öffne die Haustür.
    Â»Alice«, kreischt Bunny los. »Wir haben uns so lange nicht gesehen!«
    Die nächsten paar Stunden laufen folgendermaßen ab:
    18:01 : Ich versuche schleunigst, das Entsetzen aus meinem Gesichtsausdruck zu verbannen. Wir haben die Termine durcheinandergebracht. Wir dachten, Bunny und Jack kommen erst morgen Abend an, aber sie sind schon da, einen Tag früher, direkt vor unserer Tür.
    18:03 : Jampo kommt wütend bellend zur Tür gerannt.
    18:04 : Jampo beißt Bunny ins