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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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unter Zwang wiederhole. Sie haben nichts getan, was mich hätte beleidigen können – eher das Gegenteil, um genau zu sein. Und genau das ist das Problem.
    Â»Alice, hör auf herumzuzappeln«, flüstert die Lehrerin mir zu, als sie an meiner Matte stehen bleibt. Ich schließe die Augen. Sie geht in die Hocke und legt ihre Hand auf meinen Solarplexus.
    Genau das ist das Problem? Also gut, dann nehme ich den Satz zum fünfzigsten Mal auseinander. Das Problem ist, dass ich ihn nicht beleidige. Das Problem ist, dass er sich wünscht, ich möge ihn beleidigen. Das Problem ist, er wünscht sich, ich möge ihn beleidigen, weil ich das Gegenteil tue. Was ist das Gegenteil von beleidigen? Erfreuen. Freude bereiten. Das Problem ist, dass ich ihm Freude bereite. Zu viel Freude.
    Oh Gott.
    Â»Atmen, Alice, atmen.«
    Meine Augen sind schlagartig offen.
    Ich pelle mich gerade in der Umkleidekabine aus meinen Yoga-Klamotten, als eine nackte Frau auf dem Weg zur Dusche an mir vorbeigeht. Nacktheit gehört nicht zu den Dingen, mit denen ich mich wohlfühle. Selbstverständlich würde ich anders damit umgehen, wenn ich einen so tollen Körper hätte wie diese Frau, wahnsinnig gepflegt, mit Maniküre, Pediküre und durch Wachs vollständig entfernten Schamhaaren.
    Ich starre einen Moment lang hin – ich kann nicht anders: Noch nie habe ich eine echte Frau mit einer brasilianischen Bikinizone gesehen. Ist es das, was Männer mögen? Ist es das, was ihnen Freude bereitet?
    Nach meiner Yogastunde treffe ich mich mit Nedra zum Mittagessen. Gerade, als sie in ihren Burrito beißt, frage ich sie: »Epilierst du da unten eigentlich mit Wachs?«
    Nedra legt ihren Burrito wieder ab und seufzt.
    Â»Ist natürlich völlig in Ordnung, wenn du’s nicht tust. Vielleicht gibt es ja andere Schamhaar-Regeln für Lesben.«
    Â»Ich mach’s, mit Wachs, Liebes«, sagt Nedra.
    Â»Wie viel?«
    Â»Alles.«
    Â»Du hast es dir Brasilianisch machen lassen?«, beschwere ich mich. »Und du hast mir nicht gesagt, dass ich das auch besser machen sollte?«
    Â»Technisch gesehen ist es ein Hollywood-Cut, wenn man alles wegmacht. Willst du die Nummer von dem Laden, wo ich hingehe? Frag nach Hilary. Sie ist die Beste, und sie ist schnell. Tut kaum weh. Können wir jetzt das Thema wechseln? Vielleicht eins, das besser zum Tageslicht passt?«
    Â»Gut. Wie lautet das Antonym von beleidigen ?«
    Nedra starrt mich argwöhnisch an. »Hast du abgenommen?«
    Â»Warum, sehe ich so aus?«
    Â»Dein Gesicht ist schmaler geworden. Treibst du Sport?«
    Â»Ich arbeite zu viel, um noch Sport zu treiben. Das Schuljahr endet in zwei Wochen. Ich jongliere mit sechs Aufführungen.«
    Â»Also, du siehst gut aus«, sagt Nedra. »Und du hast ausnahmsweise mal keine Fleecejacke an. Ich kann tatsächlich deine Figur sehen. Dein Top-mit-Strickjacke-Look gefällt mir. Steht dir gut. Du hast einen sehr sexy Hals, Alice.«
    Â»Einen sexy Hals?« Ich denke an Forscher 101. Ich glaube, ich sollte Nedra den Facebook-Account von Lucy Pevensie zeigen.
    Nedra greift nach ihrem Handy. »Pass auf, ich rufe Hilary einfach an und mache einen Termin für dich, weil ich weiß, dass du das selbst nie tun wirst.« Sie tippt die Nummer ein, unterhält sich kurz, sagt: »Danke, Liebes«, und klappt ihr Handy wieder zu. »Es hat jemand abgesagt, und sie kann dich in einer Stunde drannehmen. Geht auf mich.«
    Â»Nedra behauptet, es wäre bei Ihnen kurz und schmerzlos.«
    Â»Ich tue mein Bestes. Haben Sie schon mal an Vajazzling gedacht? Oder Vatooing?«, fragt Hilary mich.
    Erwartet diese Frau wirklich, dass ich mich mit ihr über Vajazzling unterhalte, während sie gerade heißes Wachs auf meiner Vatoo verteilt?
    Hilary rührt mit einem Zungenspatel durch den Wachsbehälter. »Dann wollen wir mal sehen, nicht wahr?« Sie hebt den String aus Papier an und macht Tztztz . »Da ist jemand beim Wachsen wohl nicht am Ball geblieben.«
    Â»Ist schon eine Weile her«, sage ich.
    Â»Wie lange?«
    Â»Vierundvierzig Jahre.«
    Hilary reißt die Augen weit auf. »Wahnsinn – eine Wachs-Jungfrau. Davon kriegen wir nicht mehr viele zu sehen. Noch nicht mal irgendwann die Bikinizone?«
    Â»Na ja, ich halte es schon im Zaum. Ich rasiere.«
    Â»Zählt nicht. Warum nehmen wir für den Anfang nicht Brasilianisch mit einer fünf

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