Die Ehre der Am'churi (German Edition)
Lederpeitsche? Oder vier Riemen?
Intensiv lauschte Ni’yo auf das Klicken der Metallkugeln, die das jeweilige Ende der Peitschenriemen beschwerten. Drei. Eindeutig. Kein Spielzeug, es soll schnell gehen.
Es würde vermutlich nicht schwer sein, den Elf davon zu überzeugen, ein wenig heftiger als notwendig zuzuschlagen. Ni’yo sammelte all seine Kraft, seinen Mut, atmete tief ein. Wenn er es schaffte, regelmäßig zu atmen, dann konnte er das hier überstehen.
Wenn …
Die Peitsche sirrte durch die Luft. Ni’yos angespannte Sinne wussten im Voraus, wann und wo sie aufschlagen würde. Er zwang seinen Körper, ruhig zu bleiben, atmete aus, als der Hieb seinen Rücken traf, die Wucht ihn pendeln ließ. Er schnaufte leicht, zeigte aber sonst nichts von seinem Schmerz.
Am’chur, das wird hart!
In rascher Folge prasselten mehrere Schläge auf ihn nieder, zerrissen seine Haut, brachten ihn beinahe um den ruhigen Atemrhythmus. Weißglühende Qual breitete sich über seinen ganzen Körper aus, ließ sein Herz rasen, verbrannte ihn von außen nach innen. Es kostete ihn mehr, als er besaß, um äußerlich unbewegt zu bleiben.
„Tapfer bist du, Am’churi“, gestand der Elf ihm nach einer Weile widerwillig zu. „Nutzen wird dir das nicht. Auch deine Vorgänger waren mutig und tapfer. Am Ende haben sie jedoch alle geschrien und um Vergebung gebettelt.“
„Vergebung wofür?“, flüsterte Ni’yo mühsam.
„Für den Verrat eures Gottes!“
„Davon weiß ich nichts.“
„Du wirst verstehen lernen, solltest du nachher noch leben“, lachte der Elf, und schlug so heftig zu, dass Ni’yo es krachen hörte – das war wohl eine Rippe gewesen.
Soweit, so gut. Jetzt nur noch überleben … das könnte schwierig werden …
„Hat er etwas gesagt?“ Ilanrin, der Sippenälteste der Schattenelfen, betrachtete die blutüberströmte Gestalt des jungen Am’churi. Die mühsamen Atemzüge des Bewusstlosen waren deutlich zu hören, ein langsames, qualvolles Röcheln.
„Kein Laut. Er hat nicht einmal geschrien.“
„Lass dich nicht täuschen, Nikuri. In ein paar Stunden wird er besser aussehen, diese Drachenkrieger heilen schnell. Lasst ihn da hängen, ich will nicht riskieren, dass er fliehen kann, nur weil wir ihn für zu schwer verletzt halten.“
„Ja, Herr. Es ist alles bereit, wir können jederzeit beginnen.“
Damit verließen die beiden das Verlies und schlossen die Tür hinter sich ab.
Ni’yo seufzte innerlich, er hatte jedes Wort gehört. Zweifellos hatten die beiden absichtlich seine Sprache verwendet, damit er sie auch verstand.
Verloren …
Er hatte alles riskiert und nichts gewonnen. Noch einmal würde er diese Tortur nicht überleben, es war noch nicht einmal völlig sicher, dass er diese hier überstehen konnte. Nun, besser ein schneller Tod als in Schande zu leben! Besser zu sterben, bevor er zerbrach und um Vergebung für etwas flehte, was er nicht getan hatte. Hoffentlich durfte er hier sterben, allein, ohne dass Jivvin ihn noch einmal sah …
Jivvin wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als man ihn endlich herunterließ. Er ließ sich im Griff der Elfen hängen, gab sich viel schwächer, als er war. Sie zogen ihm ein Hemd aus dunkel gefärbter, grober Wolle über, das auf seinem wunden Rücken scheuerte. Dann schleiften sie ihn rücksichtslos aus dem Verlies, in einen Raum, in dem sich mindestens zwanzig Kalesh versammelt hatten. Mehrere Elfen bewachten die einzige Tür. Der weißhaarige Kalesh wartete ungeduldig, Jivvin spürte die wachsame Unruhe, mit der ihm alle begegneten.
Sie fürchten mich … das sagt viel darüber aus, was sie tatsächlich über Am’churi wissen. Zu viel … normalerweise fürchten sie uns, so lange wir aufrecht stehen, und halten uns für besiegt, wenn wir Schwäche zeigen. Was haben die jetzt vor?
Seine Wächter zwangen ihn auf die Knie. Weitere Bewaffnete betraten den Raum und schleiften eine regungslose Gestalt heran. Jivvin erkannte seinen langjährigen Feind beinahe nur an den schwarzen Haaren, noch nie hatte er gesehen, dass Ni’yo sich willenlos wie eine Puppe herumstoßen ließ. Sie zwangen den jüngeren Krieger direkt neben ihm zu Boden, mussten ihn festhalten, damit er nicht zusammensank. Stöhnend wehrte sich Ni’yo gegen seine Wächter, doch ohne jede Kraft.
„Zuerst die Arme! Nicht nachlassen, lasst euch nicht von ihnen täuschen. Das sind immer noch gefährliche Bestien!“ Die Mahnung des Elfen war unnötig, alle Kalesh hatten die
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