Die Ehre der Königin
in eine unfaire Situation bringe, aber ich muß Sie etwas fragen und mir von Ihnen ausbitten, daß Sie so ehrlich antworten, wie Sie können: Entspricht Botschafter Langtrys Einschätzung von Admiral Garret der Wahrheit?«
»Jawohl, Ma’am«, antwortete Brentworth prompt, wenn auch gegen seinen Willen. Er zögerte und räusperte sich. »Captain Harrington, niemand, der eine graysonitische Uniform trägt, verausgabt sich mehr für die Sicherheit dieses Planeten, aber – aber er ist einfach nicht der richtige Mann für diese Aufgabe.«
»Unglücklicherweise ist er jedoch der Mann, dem diese Aufgabe zugefallen ist«, bemerkte Langtry, »und er wird nicht mit Ihnen kooperieren, Captain.«
»Dann fürchte ich, daß wir keine andere Wahl haben, als uns über ihn hinwegzusetzen.« Honor nahm die Schultern zurück. »Mit wem müssen wir sprechen, Sir Anthony?«
»Tja …« Langtry rieb sich über die Unterlippe. »Da haben wir Navyminister Long, doch er hat keine militärische Laufbahn hinter sich. Ich bezweifle, daß er bei etwas dermaßen Kritischem einen erfahrenen Flaggoffizier übergehen würde.«
»Ich bin mir fast vollkommen sicher, daß er es nicht tun würde, Sir«, warf Brentworth ein. Mit einem entschuldigenden schmalen Lächeln zog der graysonitische Offizier sich einen Stuhl heran und nahm darauf Platz. Diese Geste drückte aus, daß er sich gegen den eigenen Oberkommandierenden in die Reihe der Fremdweltler eingliederte. »Wie Sie schon sagten, besitzt er keine Flottenerfahrung. Außer in Verwaltungsangelegenheiten hat Long sich stets auf das Urteil Admiral Yanakovs verlassen. Ich bezweifle, daß er diese Politik nun so einfach ändert, und wenn Sie mir vergeben, Captain, auch er steht den Konservativen nahe.«
Honor überraschte sich selbst mit einem ehrlichen Auflachen. »Commander«, sagte sie, »ich habe das Gefühl, daß wir nicht sehr weit kommen werden, wenn Sie sich für jeden entschuldigen, der vielleicht Probleme mit der Tatsache haben wird, daß ich eine Frau bin.« Sie winkte ab, als er antworten wollte. »Es ist nicht Ihre Schuld, und im Grunde sind diese Leute ebenfalls nicht schuld daran – und selbst wenn es so wäre: Schuldzuweisungen wären definitiv das letzte, wozu wir Zeit hätten. Aber meine Haut ist dick genug, um alles zu ertragen, was ich ertragen muß, also legen Sie um Himmels willen einfach los und lassen Sie die Chips fallen, wie sie fallen.«
»Jawohl, Ma’am.« Brentworth lächelte sie an und entspannte sich noch mehr; dann fürchte er nachdenklich die Brauen. »Was ist mit Admiral Stephens, Sir Anthony?« fragte er und sah dabei Honor an, und als er ihren fragenden Blick sah, fügte er hinzu: »Er ist – oder genauer, er war bis letztes Jahr – Admiralstabschef.«
»Nicht gut«, entschied Langtry. »Wie Sie schon sagten, ist er im Ruhestand. Selbst wenn es anders wäre, hassen er und Long sich bis aufs Blut. Eine persönliche Angelegenheit.« Er machte eine Geste mit der Hand, als wolle er etwas verscheuchen. »Es hat nichts mit Flottenpolitik zu tun, aber es würde der Sache in den Weg geraten, und dazu haben wir im Moment keine Zeit.«
»Dann bleibt aber niemand übrig.« Brentworth seufzte. »Jedenfalls niemand unter dem Protector.«
»Dem Protector?« Honor hob eine Augenbraue und sah Langtry an. »Das ist eine Idee. Warum bitten wir nicht Protector Benjamin um Intervention?«
»Das wäre beispiellos.« Langtry schüttelte den Kopf. »Mayhew interveniert niemals zwischen Ministern und ihren Untergebenen.«
»Er besitzt dazu nicht die nötige Autorität?« fragte Honor erstaunt.
»Nun, nach der geschriebenen Verfassung technisch schon. Doch die ungeschriebene Verfassung sagt etwas anderes. Der Rat des Protectors hat das Recht, Mayhew bezüglich der Ernennung von Ministern zu beraten und diese zu bestätigen. Im Laufe des letzten Jahrhunderts ist daraus eine Art Kontrolle über die Ministerien entstanden. Im Grunde ist der Kanzler, als Ratsvorsitzender, heutzutage der Regierungschef.«
»Einen Augenblick bitte, Sir Anthony«, warf Brentworth ein. »Ich stimme Ihren Worten zu, doch die Verfassung deckt unsere gegenwärtige Situation überhaupt nicht ab, und außerdem ist die Navy« – er lächelte Honor zu –, »traditionalistischer eingestellt als die Zivilisten. Erinnern Sie sich, unseren Diensteid legen wir auf den Protector ab, nicht auf den Rat oder das Haus. Ich glaube, daß die Flotte auf ihn hören würde, wenn er sich auf seine verfassungsgemäßen
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