Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
Zweitältesten. Mit der kindlichen Bitte „aufmachen“ trat Nick sicherheitshalber ein paar Schritte zurück.
Zane hatte noch „nicht!“ geschrien, doch zu spät. Alex hatte die Kappe bereits aufgedreht. Es spuckte und sprudelte aus der Flasche – an die Wand, auf den Sessel, auf den Teppich … der Großteil allerdings landete in Alex’ Gesicht. Bis Alex den Verschluss wieder auf den Flaschenhals gedreht hatte, war er pitschnass von dem klebrigen Zeug.
Nick hatte vor Vergnügen in die Hände geklatscht und fröhlich gelacht – ob sie es einfach nur lustig fand oder ob es spöttische Befriedigung war, Zane hätte es nicht sagen können. Er auf jeden Fall bog sich vor Lachen. Und wenn es ein Gesetz gab, das unverbrüchlich in Stein gemeißelt war – man bestrafte Kinder nicht für etwas, über das man selbst lachen musste.
„Nick!“, rief er jetzt laut. „Willst du ein Wassereis?“ Neben Limonade war Wassereis ihre Lieblingsspeise. Keine Antwort. Im gleichen Moment kam Sam ins Haus gerannt. Er war zehn und der Mittlere von Josh und Loren. „Onkel Zane! Onkel Zane!“, rief er atemlos, die blauen Augen weit aufgerissen. „Nick sitzt auf dem Dach!“
„Großer Gott!“ Barrie spurtete los. Zane überholte sie noch vor der Tür, das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er musste sein Kind retten!
Jeder lief auf den Hof, alle starrten voller Sorge nach oben. Auf der Dachkante saß Nick im Schneidersitz und schaute fröhlich lachend auf alle herunter. „Hi!“, rief sie vergnügt.
Barries Knie knickten ein, Mary legte einen Arm um ihre Hüfte, um sie zu stützen. Zane erkannte sofort, wie seine Tochter auf das Dach gelangen konnte: Eine Leiter stand an die Hauswand gelehnt – eine Leiter, die in den Stall gehörte und noch nicht dort gestanden hatte, als er vor fünf Minuten mit Barrie vom Arzt zurückgekommen war.
Er begann, die Leiter hinaufzuklettern, sein Blick haftete beharrlich auf seiner Tochter. Eine tiefe Falte zeigte sich auf der jungen Stirn, und ärgerlich rappelte Nick sich auf, völlig gleichmütig gegenüber der Gefahr, in der sie sich befand. „Nein!“, quietschte sie. „Nein, Daddy!“
Zane erstarrte mitten auf der Leiter. Sie wollte nicht vom Dach herunterkommen, und sie kannte keine Angst. Für sie war es, als würde sie in ihrem Bettchen liegen.
„Zane“, flüsterte Barrie erstickt.
Zane zitterte. Nick stampfte mit einem Fuß auf und richtete den pummeligen Zeigefinger auf ihren Vater. „Daddy wieder runter“, befahl sie.
Er konnte sie nicht rechtzeitig erreichen. Ganz gleich, wie schnell er sich auch bewegen würde, er würde nicht schnell genug bei ihr ankommen. Sein Baby würde vom Dach fallen und … Es gab nur eine Lösung. „Chance!“, brüllte er.
Chance wusste sofort, was sein Bruder meinte. Langsam, um Nick nicht zu verschrecken, trat er unter den Dachvorsprung direkt unter seiner Nichte und grinste nach oben. Sie grinste zurück, schließlich war Chance ihr Lieblingsonkel.
„Nick tanzt jetzt“, freute sie sich und zeigte allen ein breites Lächeln.
„Du kleiner Dämon“, meinte Chance liebevoll, „du wirst mir fehlen, wenn du erst hinter Gittern sitzt. Ich gebe dir noch … oh, sagen wir, bis du sechs bist.“
Nick lachte und hüpfte auf den Zehenspitzen.
Chance breitete seine Arme aus und lachte ebenfalls. „Na, dann komm, Herzchen, spring herunter!“
Sie sprang.
Chance fing sie mitten in der Luft auf und hielt sie sicher. Ein erleichtertes Raunen ging durch die Gruppe, Barrie brach in Tränen aus, nachdem sie ihre Tochter in Sicherheit wusste. Zane war sofort bei Chance und nahm ihm Nick ab, drückte sie an sich und presste seine Lippen auf ihr feines Haar. Und dann schlang auch schon Barrie ihre Arme um die beiden.
Caroline sah Joe an. „Ich verzeihe dir hiermit offiziell, dass du kein einziges X-Chromosom in deinem Körper hast“, verkündete sie, und die Spannung löste sich in allgemeinem Gelächter.
Josh allerdings sah jetzt streng zu seinem Sohn. „Wie ist die Leiter dorthin gekommen?“
Sam starrte auf seine Schuhspitzen.
Mike und Joe musterten mit gerunzelter Stirn ihre Söhne.
„Wer hatte die idiotische Idee, auf dem Dach zu spielen?“
Sieben Jungs, die sieben, die nicht im Haus gewesen waren, schwiegen betreten und scharrten mit den Füßen im Sand, unfähig, ihren Vätern in die Augen zu blicken.
Mike streckte einen Arm aus und zeigte auf die Scheune. „Darüber werden wir uns in Ruhe unterhalten! Abmarsch, und zwar
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