Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
längst Totgeglaubten und drückte ihn dermaßen herzlich an die Brust, dass Thietmar kaum noch Luft bekam.
     »Gelobpreist sei der Herr, der seine Kinder niemals im Stich lässt!«
     Ruckartig ließ Oddar vom Knaben ab, riss erneut seine Arme in die Höhe und forderte seine Brüder auf: »Lasset uns dem Herrn für seine unendliche Gnade danken! Betet mit mir aus tiefstem Herzen zu demjenigen, dessen Güte grenzenlos ist!«
     Thietmar vergaß fast, weshalb er überhaupt hier war. Eine derart tiefe Ergriffenheit hatte ihn überwältigt, dass er keine Worte mehr fand, um seine Gefühle auszudrücken. Sicherlich, er hatte in der Zwischenzeit viele neue Freunde gefunden. Gute Freunde, die ihn von Anfang an wie einen von ihresgleichen behandelt hatten und denen er von ganzem Herzen zugetan war. Aber Oddar und seine Begleiter, die verkörperten ein Stück Zuhause. Sie waren all das, was er seit seiner Geburt kennengelernt hatte. Sie waren einfach ein Stück von der Heimat, wo er von Rechts wegen hingehörte.
     Im Nu hatten die Mönche den kleinen Fürstenspross umringt und bestürmten ihn aufgeregt mit ihren Fragen.
     »Nun sagt doch endlich, wo seid Ihr so lange gewesen?«
     »Erzählt, kleiner Herr, wie ist es Euch ergangen, so ganz allein in der Wildnis?«
     »Hatten Euch die Heiden gefangen genommen, um ein Lösegeld zu fordern?«
     »Wie ist Euch die Flucht gelungen?«
     »Wo kommt Ihr überhaupt so plötzlich her, mitten zur nächtlichen Stunde?«
     Thietmar schwindelten die Sinne und jedes Mal, wenn er zu einer Antwort ansetzen wollte, wurde er von einer neuen Frage bedrängt. Schließlich war es Oddar, der seine Brüder durch eine Handbewegung zum Schweigen brachte.
     »Seid ihr närrisch geworden? Ihr verwirrt doch nur das kleine Schäflein, wenn ihr alle so durcheinander daherredet.«
     Betroffen traten die Mönche einen Schritt zurück und senkten entschuldigend ihr Haupt.
     Oddar beugte sich indes zum Knaben hinunter und fragte ihn mit leiser Stimme: »Willst du in der Frühe mit uns gehen?«
     Thietmar erschrak. »Wie, was? Wohin wollt Ihr?«
     Oddar richtete sich plötzlich auf und in seinen Augen begann der blanke Zorn zu glitzern.
     »Wir werden diesen unseligen Ort verlassen. Morgen in der Frühe, noch bevor die Sonne zur Gänze über dem Horizont steht, werden wir das Lager verlassen haben.«
     »Aber warum dieser plötzliche Entschluss? Was ist geschehen?«
     Der fromme Mann presste die Lippen zusammen und schloss die Augen. Seine Wangenknochen mahlten und seine erhobenen Hände bebten. Jedoch drang kein Sterbenswörtchen über seine Lippen.
     Thietmar legte vor Entsetzen beide Hände auf die Wangen. Beim Himmlischen Vater, in solch einer Verfassung hatte er seinen Lehrer noch nie gesehen.
     »Aber so sagt doch nur, was Schlimmes ist Euch widerfahren?«
     Statt Oddar gab einer seiner frommen Begleiter Auskunft: »Ritter Udo hat in einem unerträglichen Maße Gott gelästert!«
     »Wie?«
     Der Mönch druckste etwas herum. Es fiel ihm unglaublich schwer, die Ungeheuerlichkeit beim Namen zu nennen. Schließlich gab er sich aber einen Ruck und berichtete mit zitternder Stimme: »In einem Anflug von verwerflichem Hochmut wollte der gottlose Ritter Udo seine Hand an unschuldige Kinder legen. Bruder Oddar schritt mutig ein, was ja eine gottgefällige Tat ist, um dies zu verhindern. Er erreichte auch, dass der Ritter, der diesen Adel bei Gott nicht verdient, von seinem unglaublichen Vorhaben abließ. Stattdessen warf er nun unseren frommen Bruder zu Boden und setzte ihm sein Schwert auf die Brust. Es ist allein Gottes Wille, dass noch zur rechten Zeit ein Gefolgsmann des Ritters mit schlechten Nachrichten kam. Dadurch wurde das Schlimmste verhindert.«
     Thietmar wurde blass.
     »Ist das wahr?«
     Oddar nickte stumm, immer noch sprachlos über diese ungeheuerliche Gotteslästerung. Abermals war es der am nächsten stehende Mönch, der dem Knaben antwortete: »Gott ist unser Zeuge, so wahr wir hier stehen. Alle meine Brüder können den Frevel bezeugen.«
     Thietmar blickte voller Unglauben in die Runde. Dass der Ritter ein äußerst übler Bursche war, dies wusste er ja schon längst, aber dass er so weit ginge, versetzte ihm doch einen gewaltigen Schock.
     »Deswegen wollen und können wir nicht mehr das Lager mit den anderen teilen. Nicht, solange solch ein schwarzer Dämon ihr Anführer ist. Wir wollen zum Bistum Hamburg, um dort, vor dem heiligen Altar, den Schmutz von unseren

Weitere Kostenlose Bücher