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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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befleckten Seelen zu waschen. Wenn unsere Seelen vor dem Herrn wieder rein sind, wollen wir auch einen ganzen Tag lang Buße tun und für den Ritter beten, damit er wieder auf den rechten Weg gelangt. In Hamburg werden wir sicherlich auch eine Möglichkeit finden, damit du wieder sicher nach Hause gelangst.«
     Der kleine Junge nickte schweigend, denn der Gedanke an zu Hause war einfach verlockend. Allerdings gab es vorher noch etwas für ihn zu tun.
     »Aber«, warf er ein, »so früh dürfen wir nicht aufbrechen!«
     »Und warum?«, meldete sich Oddar zu Wort, der seine Fassung wiedererlangt hatte.
     »Na, weil wir den furchtbaren Kampf verhindern müssen.«
     »Und wie sollen wir dieses Unmögliche vollbringen können?«
     »Ich will es diesem schnöden Udo einfach befehlen.«
     Trotz des Ernstes der Lage musste Oddar nun doch schmunzeln über so viel Einfältigkeit. Andererseits bewunderte er aber auch den Mut, den er seinem kleinen Schüler niemals zugetraut hätte.
     »Du glaubst doch nicht wahrhaftig, mein Junge, dass dieser ehrlose Ritter, dem nicht einmal ein frommer Glaubensverkünder Einhalt gebieten kann, dass ausgerechnet solch eine verlorene Seele auf das Wort eines unmündigen Knaben hört?«
     »Aber ich bin doch immerhin der Spross eines mächtigen Grafengeschlechtes. Somit stehe ich im Adelsrang doch viel höher über diesen kleinen Ritter, oder etwa nicht?«
     »Ach, mein Junge«, seufzte Oddar, »sicherlich wird dir in der Hierarchie einst weitaus mehr Macht gegeben werden, als dieser Ritter sie jemals besitzen wird. Aber leider ist es noch nicht so weit, leider bist du nach wie vor nicht mündig. Und dieser winzige Unterschied, der sollte das Zünglein an der Waage zu deinem Ungunsten ausschlagen lassen. Ja, wenn nun dein Vater oder gar dein Oheim hier wären, das wäre natürlich schon etwas ganz anderes.«
     Thietmar merkte, wie seine Augen vor ohnmächtiger Verzweiflung feucht wurden. »Oddar, ich flehe Euch an. Bei Gott dem Vater, bei Maria und Josef und bei Jesus Christus, lasset es uns gemeinsam noch einmal versuchen. Wir müssen diesen furchtbaren Kampf mit allen Mitteln verhindern!«
     Der fromme Glaubensverkünder begann angestrengt zu überlegen.
     »Du willst also, dass wir uns am morgigen Tage gemeinsam zwischen die Fronten stellen?«
     »Ja, das will ich von ganzem Herzen!«
     Oddar begann zu wanken. Sollte er sich tatsächlich noch einmal dem Ritter entgegenstellen? Die Wahrscheinlichkeit, dass er es diesmal nicht überlebete, war äußerst hoch. Aber ein Gebot des Herrn sagte: Du sollst nicht töten! Und die heiligen Gebote zu befolgen, das hatte Oddar einst geschworen.
     »An Mut fehlt es dir wohl wahrlich nicht, mein kleiner Thietmar. Was ist dir nur Schreckliches widerfahren? Ich erkenne dich kaum wieder.«
     Der kleine Adelsspross gab sich einen Ruck und blickte seinem Lehrer fest in die Augen.
     »Ich habe einen alten Freund, meinen guten Stari, verloren. Ich habe neue Freunde gefunden, wie ich sie mir schon immer gewünscht hatte. Ich kann und will einfach nicht zulassen, dass meinen neuen Freunden ein Leid geschieht, solange ich es verhindern kann.«
     Es brauchte nur eine kurze Zeit des Nachdenkens. Wortlos blickte Oddar nacheinander in die Gesichter seiner Brüder. Ein einstimmiges, stummes Nicken war ihm Antwort genug.
     »So Gott es will, so soll es geschehen!«
     »Amen«, flüsterte Thietmar freudig, umfasste seinen Lehrer an der Hüfte und drückte ihn aus Dankbarkeit fest und innig an sich.
     
    *
     
     
    Kapitel 26
     
     
    In Freiheit und doch nicht frei. Sie waren Gefangene ihrer letzten Zufluchtsstätte, auf der Insel des Riesenmädchens. Aber sie waren nicht mehr so wenige und so schwach wie noch am Tage zuvor. Freunde, Verwandte und Stammesbrüder waren gekommen, um ihnen zu helfen. Mit Schiffen, von allen Ufersiedlungen der Moriczer, zu Fuß und zu Pferde aus den benachbarten Stammesgebieten. Und auch wenn es oft Zwistigkeiten zwischen ihnen gegeben hatte, der gemeinsame Feind hatte sie alle geeint.
    In aller Frühe wollten sie zuschlagen und den Feind aus ihrem gemeinsamen Land verjagen. Genauso, wie sie es schon oftmals zuvor getan hatten.
     
    Gleichsam mit der ersten Morgenröte machten sich Paddies Vater und sein Cholp Stephan zum Kampfe bereit. Ihre Stimmung war gedrückt, denn jedermann wusste, dass Udos herzlose Blutknechte Kinder als Geiseln benutzten. Kinder ihres Dorfes, deren Lachen vielleicht nie wieder ihre Herzen erfreute.

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