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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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erfahren, wie etwa Thor, Odin und Balder, oder gar eine neue spannende Geschichte über den vierköpfigen Gott Swarozyc gehört.
     Leider sollten Thietmars geheime Träume jedoch nicht in Erfüllung gehen. Die Pläne von Ritter Udo sahen nämlich etwas ganz anderes vor. Noch weit vor Vineta würden sie einen großen Bogen beschreiben und auf der westlichen Seite des Kleinen Meeres wieder heimwärts fahren. Natürlich erfüllte dieser Plan den neugierigen Knaben mit größter Wehmut. Und überhaupt, es war und blieb Thietmar schleierhaft, warum Ritter Udo um alle großen Siedlungen der Wenden, wie etwa Pacelin 3 oder Starigard 4 , einen weiten Bogen machte und nur die kleinen und mittleren Dörfer aufsuchte. Auch konnte der kleine Junge überhaupt nicht verstehen, warum ihn dieser kaltherzige Anführer auf den letzten Wagen des Trosses befohlen hatte und zudem noch ein Verbot aussprach, sich davon zu entfernen.
     So saß er nun gelangweilt am hinteren Ende des letzten Planwagens, hatte einen Ellbogen auf das Ladebord gestützt und tat so, als ob er eifrig den Lektionen Bruder Oddars lauschte, der mit seinen Brüdern zu Fuß hinterherlief. Sein guter alter Stari hatte es sich indes neben dem Fuhrknecht bequem gemacht und döste sicherlich wieder vor sich hin.
     Ein Ruck ging durch den Wagen und brachte Thietmar kurzzeitig aus dem Gleichgewicht. Ihr Wagenzug hatte haltgemacht. Der harte Galopp sich schnell entfernender Reiter war bis ans Ende des Zuges deutlich zu hören.
     Bruder Oddar blickte kurz auf, wobei es in seinen Augen zornig funkelte, dann wandte er sich wieder seinem Schützling zu, als sei nichts geschehen.
     »… nur in Gott allein finden wir die reine Wahrheit. Seine Güte und Barmherzigkeit kennt keine Grenzen. Aber seine furchtbare Strafe wird alle Ungläubigen treffen, die sich gegen ihn versündigt haben. Und so steht es auch geschrieben im Buch der Bücher: Schwing deine Hand gegen das fremde Volk, damit es deine mächtigen Taten sieht. So verherrliche dich an ihnen vor unseren Augen, damit sie erkennen, wie wir es erkannten: Es gibt keinen Gott außer dir …«
     Thietmar hörte nur mit halbem Ohr zu, was Bruder Oddar über den christlichen Glauben zu vermitteln suchte. Seine Gedanken weilten bei den Wenden, von denen er immer noch nichts zu Gesicht bekommen hatte. Jedes Mal, wenn Udo mit seinen Mannen ein Dorf aufsuchte, mussten er und die Priester nämlich tief im Walde bei den Wagen zurückbleiben. Und obwohl Oddar und seine Glaubensbrüder bereits mehrmals auf das Schärfste protestiert hatten, dieser gemeine Ritter ließ nicht mit sich reden. Auch hatte Udo den Knechten unter schwerster Strafandrohung verboten, den kleinen Grafenspross aus den Augen zu lassen. Sie begleiteten ihn, wenn er sich während einer kurzen Rast die Beine vertreten wollte, sie ließen ihn bei seiner Notdurft nicht aus den Augen, ja sie brachten ihm sogar sein Essen zum Wagen, welches er dann gemeinsam mit den frommen Brüdern einnehmen musste. Thietmar war absolut überzeugt, dass der Schutzbefehl seiner Mutter viel zu übertrieben ausgelegt wurde. Was sollte ihm denn hier bei den Wenden schon passieren? Sein Oheim Liuthar sagte doch selbst, dass dieses Volk zu Kindern immer freundlich ist.
     Thietmars unstillbare Neugierde war kaum noch zu bremsen. Er wollte endlich wissen, wie diese sogenannten Wilden lebten, wie sie wohnten, womit sich ihre Kinder die Zeit vertrieben. Und stattdessen? Bisher wurde es doch immer so gehandhabt, dass knapp zwei bis drei Dutzend Kriegsknechte zum Schutze zurückblieben, während der Großteil zum nächsten Dorfe ritt. Es dauerte auch meist nicht lange, bis kurz darauf ein oder zwei Planwagen aufbrachen, um nach einer geraumen Weile, mit prall gefüllten Säcken und schweren Fässern beladen zurückzukehren. Dann ging es wieder weiter, durch die nicht enden wollenden Wälder, bis zur nächsten Siedlung. Einmal übernachteten sie sogar auf dem Gelände einer kleinen christlichen Mission, die am Rande eines winzigen Dorfes lag. Aber diese winzigen Vorposten des Herrn waren in diesem Lande nur sehr spärlich gesät.
     Oddar hatte dem jungen Grafen einmal erzählt, dass viele Einheimische, die in der Nähe einer Mission wohnten, zwar ein kleines Kreuz um den Hals trugen, aber neben dem Zeichen Christi immer noch ein kleiner vierköpfiger Götze hing. Auch geschah es des Öfteren, dass die mutigen Missionare sich mit den heidnischen Priestern böse stritten und oftmals von diesen

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