Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
einfach nicht fassen.«
     »Psst!«, fauchte Paddie zurück, als ihr Fürst Milosc erneut das Wort ergriff.
     »So wahr ich Eure Absichten auch loben mag, so schwer fällt es mir, daran zu glauben. Noch niemals hatten die Deutschen ein gegebenes Wort gehalten. Niemals kam es ihnen auch nur in den Sinn, heilige Vertragsabschlüsse zu befolgen. Ich sage Euch: Alle Deutschen sind verlogen und falsch. Ist das Gemetzel von Reka, das sie vor 27 Sommern an unserem Volk verübten, schon so lange her, dass Ihr es vergessen konntet? Jene Schlacht, in der auch mein geliebter Vater entleibt wurde. Oder all die anderen ehrlosen Schlachten?«
     Sylnic senkte den Kopf.
     »Nein, das nicht, diese Bluttaten werden für alle Ewigkeiten Narben in unseren Herzen hinterlassen. Aber«, begehrte er auf, »Ihr dürft auch nicht vergessen, dass wir es waren, die den Krieg begannen.«
     Milosc hielt dagegen: »Aber erst, nachdem uns die Deutschen alles nehmen wollten, was wir hatten und was uns lieb und heilig war. Sie wollten uns versklaven. Sie wollten uns unsere Freiheit und unsere Götter nehmen. Nur darum sind wir in den Kampf gezogen, um uns zu wehren.«
     Der betagte Fürst seufzte: »Oh, dieses junge, ungestüme Volk. Immer will es alles besser wissen als die Alten.«
     Mit der linken Hand strich er sich durch den sorgfältig gestutzten Rundbart und grübelte einen Augenblick vor sich hin. Als wollte er eine lästige Fliege verscheuchen, schüttelte er schließlich sein Haupt, erhob sich ächzend und hielt sein mit reinem Silber beschlagenes Trinkhorn in die Höhe.
     »Trinken wir also darauf, dass ich mich diesmal irre und sich all unsere Hoffnungen auf bessere Zeiten endlich erfüllen mögen. Lasst uns am morgigen Tag den Göttern ein Opfer bringen, dass sie unseren tapferen Kriegern wohlgesonnen sind.«
     Abermals wurden die Gefäße in einem Zuge geleert und ein vielstimmiges lautes Rülpsen besiegelte den Wunsch nach einem dauerhaften Frieden. Kurz darauf setzte das allgemeine Gemurmel erneut ein und steigerte sich schnell zu einer lautstarken Geräuschkulisse. Jeder wandte sich wieder seinem Nachbarn zu, um die näherliegenden Probleme zu erörtern. Geschichten über Götter und Dämonen wurden ausgetauscht, Vermutungen über den nächsten Winter angestellt und natürlich fehlten auch keine Fischerei- und Jagdgeschichten. Kurzum, die Männer waren wieder mit sich und ihrer kleinen, heilen Welt beschäftigt und rundum zufrieden.
     »Ich glaube, wir sollten lieber verschwinden, bevor es uns so ergeht wie Bikus«, flüsterte Paddie zu Rapak.
     »Ja«, folgte die Antwort auf dem Fuße. »Die Männer werden jetzt so lange trinken, bis sie umfallen, und ich glaube nicht, dass wir noch einmal etwas Interessantes zu hören bekommen. Bei diesem Durcheinander können wir ja sowieso nichts mehr verstehen.«
     Unentdeckt machten sich die Freunde auf den Rückweg und huschten von Haus zu Haus, bis sie die Brücke erreichten.
     Zwei fast heruntergebrannte Fackeln am Anfang des Übergangs verbreiteten ein spärliches Licht. Der größte Teil der Brücke lag in nächtlicher Dunkelheit. Nur vage hoben sich ihre Umrisse in der mondlosen Nacht ab. Schwarz und unbewegt lag das Wasser der Feisneck vor ihren Füßen. Irgendwo raschelten ein paar Seevögel im Schilf und erschreckte Frösche gaben ein lautstarkes Quaken von sich. Am gegenüberliegenden Ufer begann ein Käuzchen zu schreien.
     »Ihr Guten Götter«, betete Paddie leise, »bitte steht uns bei und haltet die Nachtdämonen fern von uns.«
     »Die Brücke sieht in der Dunkelheit wirklich unheimlich aus«, pflichtete Rapak ihm bei.
     »Es sieht fast so aus, als ob die bösen Wassergeister auf uns lauern. Ich hatte mal gehört, dass die Dämonen nach Sonnenuntergang gerne unvorsichtige Leute an den Beinen ins tiefe Wasser ziehen, sodass diese jämmerlich ersaufen müssen.«
     »Die Geschichte kenne ich auch«, stimmte Paddie ihm schaudernd zu, »und man findet die Ertrunkenen erst am dritten Tage im Schilf wieder. Einen ganz dicken, aufgedunsenen Leib sollen sie dann haben.«
     »Ja, und durch die Nasenhöhle haben fette Aale das Hirn herausgefressen. Die Schädel sind dann immer ratzekahl leer.«
     Beide Jungen schüttelten sich, als sie sich das Unglück bildhaft vorstellten. Unwillkürlich griff Paddie an das kleine Bernsteinamulett, das er an einer dünnen ledernen Schur um seinen Hals trug. Rapak hingegen umklammerte fest einen kleinen Lederbeutel, dessen Inhalt er

Weitere Kostenlose Bücher