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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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dicht hinter ein Wagenrad gehockt und noch immer nahm niemand Notiz von ihm. Sprachlos verfolgte er das schier unglaubliche Geschehen. Wie konnte es angehen, dass sich ein edler Ritter so offensichtlich der kirchlichen Allmacht widersetzte? Thietmar glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er in den Blicken des edlen Udos Verachtung zu erkennen glaubte. Ja waren denn nicht alle Deutschen ehrfürchtige Christenmenschen? Was hatte der adlige Krieger denn nur gegen die höflich vorgetragene Frage des Mönches? Der kleine Junge verstand die Welt nicht mehr. Abermals trieb ihm der Wind einen unangenehmen Brandgeruch in die Nase. Diesmal war er jedoch wesentlich deutlicher. Es roch nach brennendem, pechgetränktem Holz und versengendem Leder.
     »Nun, mein edler Bruder, hat Euch unser Herr die Sprache genommen?«, fragte Oddar nun zum dritten Male, wobei er seiner Stimme einen lauernden Klang verlieh.
     In Udos Gesicht arbeitete es und seine Hand zuckte reflexhaft zur leeren Schwertscheide. Wie konnte dieser unbedeutende Bettelmönch es nur wagen, so mit einem hochadligen Ritter zu reden? Ein kleiner unbedeutender Pfaffe, der seine Nase in Dinge steckte, die ihn nichts angingen. Jemand, dessen Begleitung ihm aufgezwungen wurde und dessen Nähe überaus lästig war. Ein Nichts gegen ihn! Predigte von Frieden und Nächstenliebe, während unbeugsame Härte und eiserner Kampfeswille gefragt waren. Während er sein Leben aufs Spiel setzte, verkrochen sich die feigen Mönche in der hintersten Reihe bei den Knechten und zitterten vor Angst.
     Ritter Udo hatte von seinem Markgrafen, dem edlen Dietrich, einen klaren Auftrag erhalten. Und diesen Auftrag würde er erfüllen, ohne Rücksicht auf eigene Verluste und erst recht nicht mit irgendwelchen Skrupeln gegen dieses schmutzige Heidenpack. Der Edle wusste, dass von der ordentlichen Erfüllung des Auftrages seine unmittelbare Zukunft abhinge. Also, je mehr Beute er machte, desto besser für ihn und desto besser für seinen Herrn, den Markgrafen. Die Priester konnten ja weiterhin ihr hartes Büßerbrot essen und dazu literweise abgestandenes Wasser trinken, soviel sie nur wollten. Auf ihn wartete daheim eine bessere Kost!
     Schweigend, aber unerschrocken, stellten sich plötzlich die anderen Glaubensbrüder geschlossen hinter Oddar und blickten dem hochmütigen Ritter herausfordernd in die Augen. Udo wurde unsicher. Dieser geistlichen Übermacht konnte er nicht lange widerstehen. Ein letztes Mal blitzte sein nur mühsam unterdrückter Zorn auf, dann schien er sich eines Besseren zu besinnen. Seine Haltung entspannte sich plötzlich, seine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. Mit erhobenen Armen stampfte er scheinheilig auf den Glaubensboten zu und hieb ihm seinen gepanzerten Handschuh derb auf die Schulter.
     »Aber mein frommer Bruder, natürlich werde ich Euch erzählen, was sich bei dem Heidenpack zugetragen hat. Ich habe keine Geheimnisse vor Gott, dem Allmächtigen, und wenn Ihr meinen Bericht vernommen habt, werdet Ihr mir sicherlich beipflichten, dass ich nur im Interesse des Heilands handelte.«
     Obwohl Udos Handschlag sehr schmerzhaft war, verzog Oddar keine Miene. Udo tat hingegen, als ob es nie Zwistigkeiten zwischen ihnen gegeben hätte, und zeigte sich plötzlich überaus freundlich und entgegenkommend, wenn auch auf seine Weise.
     Thietmar drückte seine Nase durch die Radspeichen, damit ihm auch ja kein Wort entging. Er konnte es sich nicht erklären, warum die harmlosen Bauern sich plötzlich in reißende Bestien verwandelt haben sollten.
     Mit theatralischen Gesten untermauert begann der edle Udo seinen Bericht: »Nichts Böses im Schilde führend ritten wir ahnungslos zum Dorf der Heiden. Es war so ein kleines, stinkendes Dorf, so wie alle anderen zuvor: Armselige Behausungen, die Wände aus mit Lehm beschmierten Geflechten, ein paar winzige Holzhütten mit windschiefen Giebeln, das alles mit verrottetem Schilf gedeckt und dazwischen lief, flatterte und bellte das übliche Kleinvieh umher, als ob es keine Einfriedungen dafür gebe. Um ihr Dorf herum hatte das Bauernpack einen windschiefen Zaun aus morschen Pfählen errichtet, hinter dem sie sich offensichtlich in großer Sicherheit wiegten.
     An der Spitze meiner tapferen Mannen ritt ich auf das Tor zu, das die Hunde vor uns verschlossen hatten. Als ich höflich rufend Einlass begehrte, erschien so ein spitzbärtiger Oberheide auf der Höhe des Tores und fragte mich unverschämt nach

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