Die Ehre des Ritters (German Edition)
zurückzuhalten. Ungehindert strömten sie ihr über die Wangen. »Bitte, Sebastian … Ich tue alles, was Ihr verlangt, aber ruft Euren Boten mit der Botschaft an den Richter zurück.«
»Die Sache liegt nicht mehr in meiner Hand«, erwiderte er und seine rabenschwarzen Brauen zogen sich zusammen. »Es tut mir leid, Isabel.«
»Nein«, stieß sie erstickt hervor. Es war ihr, als ob man sie in tausend kleine Stücke zerrissen hätte. »Mylord, Sebastian, nein …«
Doch die Miene des Earls zeigte keinerlei Regung, blieb teilnahmslos. Unnachgiebig. Nichts, was sie sagte, würde ihn von seinem Vorsatz abbringen, das war offensichtlich. Von Kummer übermannt, schlug sie die Hände vors Gesicht, drehte sich um und wollte das Zimmer verlassen, bevor sie noch vor seinen Augen zusammenbrach. Nach zwei Schritten hielt sie jedoch abrupt inne, denn eine schlanke Gestalt war in der offenen Tür erschienen.
»Womit habe ich es verdient, erst von meinen Zofen zu erfahren, dass die Braut meines Sohnes endlich eingetroffen ist?« Im leisen Tadel der Frau schwang ein neckender, liebevoller Ton mit, und ihr Lächeln zeugte von herzlicher, mütterlicher Wärme, bis sie Isabels tränenüberströmtes Gesicht gewahrte. »Oh, meine Liebe«, sagte sie und legte ihr den Arm um die Schultern. »Was um Himmels willen bedrückt dich?«
Isabel brachte keine Antwort über die Lippen. Sie legte den Kopf an Lady Montbornes Schulter und weinte, dankbar für das Mitgefühl, selbst wenn es von einer Fremden kam. Die tröstliche mütterliche Umarmung tat ihr gut, obwohl es die Mutter ihres Verlobten war, die sie in den Armen hielt. Isabel ließ ihrem Kummer freien Lauf, weinte wie ein hilfloses, leidendes Kind.
»Sebastian«, sagte Lady Montborne, »was ist denn nur geschehen?«
Die Verwirrung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Offensichtlich wusste sie nichts von Isabels Schmach. Vielleicht kannte sie nicht einmal die Umstände, unter denen Isabel nach Montborne gelangt war. Als der Earl nicht gleich antwortete, schob Lady Montborne Isabel sanft von sich und trocknete ihr die nassen Wangen mit dem Ärmel ihres edlen samtenen Bliauts. »Was ist denn los, Kind? Die Ankunft in deinem neuen Heim sollte ein glückliches Ereignis sein, nicht Anlass so vieler Tränen.«
Sie musterte Isabel forschend. Ihr vom Alter gezeichnetes Gesicht zeigte aufrichtige Sorge, ihr sanfter Blick musterte sie forschend. Lady Montborne seufzte leise und schüttelte den Kopf, da Isabels Tränen kein Ende nehmen wollten. Sie strich ihr eine Locke aus der Stirn. »Liebe Güte«, meinte sie, »du weinst, als ginge die Welt morgen unter.«
»Es … tut mir leid«, stammelte Isabel. Sie bemühte sich um Fassung, versuchte sich zusammenzureißen, um einen Rest Würde vor ihrem Verlobten und seiner Mutter zu wahren. Griffin wäre sicherlich beschämt, wenn er sie so sehen könnte, so schwach und untröstlich. Für sie ging die Welt am nächsten Morgen unter, doch ihre kummervollen Tränen darüber würden niemandem nutzen, am wenigsten ihm. »Es tut mir leid«, sagte sie erneut. »Bitte entschuldigt mich.«
Sie löste sich aus Lady Montbornes Armen, um den Raum zu verlassen, aber die Edelfrau legte ihr unvermittelt die Hand auf den Arm und hielt sie zurück. Den Blick auf Isabels Hals gerichtet, die zarten silbrigen Brauen zusammengezogen, umfasste sie Griffins Medaillon. » Mon Dieu «, stieß sie hervor. »Wo habt Ihr das …? «
»Es gehört mir«, antwortete Isabel rasch und entzog ihr das Amulett mit dem weißen Löwen. »Es ist ein Geschenk.«
Lady Montborne blickte Isabel so fassungslos an, als hätte sie einen Geist gesehen. In ihre hellgrünen Augen trat ein gehetzter Blick, und die feinen Fältchen in ihrem Gesicht schienen sich zu vertiefen, während sie auf das Medaillon blickte, das Isabel besitzergreifend mit ihrer Faust umschloss. »Wer … hat es Euch jemand gegeben?«, fragte sie mit aschfahlem Gesicht. Als sie einen Schritt auf Isabel zumachen wollte, gaben ihre Knie nach.
»Was ist dir, Mutter?« Sebastian eilte an ihre Seite, um sie aufzufangen, und stützte sie. »Meine Güte, du zitterst ja.« Er richtete den ernsten, verwirrten Blick auf Isabel. »Lasst mich dieses Medaillon sehen.«
Isabel umfasste es nur noch fester, da sie befürchtete, wenn sie es ihm nun zeigte und zugab, wer es ihr gegeben hatte, würde sie Griffins wertvollen Schatz für immer verlieren. Wie von selbst bewegten sich ihre Füße rückwärts auf die Tür zu. Er blickte
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