Die Ehre des Ritters (German Edition)
»Sebastian, bitte. Ich muss es wissen. Was habt Ihr mit ihm vor?«
Die Augen auf sie gerichtet schickte der Earl seine Wachen mit einem knappen Recken des Kinns fort. Tapfer ertrug Isabel die forschenden Blicke der Männer, als sie an ihr vorübergingen, um sie und Sebastian allein zu lassen.
»Wie ich hörte, wurde er in den Kerker geworfen«, sagte sie, als sie beide allein in der mit Glasfenstern versehenen Kammer standen. »Ihr habt nach dem Richter schicken lassen?«
»Ja. Ich habe meinen Boten vor wenigen Augenblicken losgeschickt.«
Seine Worte schienen ihr die Luft abzuschnüren. Sie schloss die Augen und versuchte, sich der Woge kalter, betäubender Furcht zu erwehren, die sie zu überfluten drohte. Unwillkürlich umfasste sie Griffins Medaillon, den Talisman mit dem weißen Löwen, der ihr so oft Kraft gegeben hatte. Noch nie zuvor hatte sie diese Kraft mehr benötigt. »Welcher Taten beschuldigt man ihn?«
»Ich denke, das wisst Ihr«, antwortete Sebastian.
Hochverrat.
Die Anschuldigung füllte ihre Gedanken und erdrückte ihr Herz, doch sie konnte das verhasste Wort nicht aussprechen, das ihr wieder einmal alles nehmen würde, was ihr lieb war. Sie schaute in Sebastians kühles Antlitz, betrachtete den Mann, dem sie versprochen war, den Mann, der ihren Geliebten am folgenden Morgen dem Henker ausliefern würde. »Sebastian, Ihr müsst mir zuhören«, flehte sie und ergriff seine Hand. Ihre Augen schwammen in Tränen. »Selbstverständlich seid Ihr mir keinen Gefallen schuldig, aber ich flehe Euch an, übergebt ihn nicht dem Richter. Ruft Euren Boten zurück, bitte. Lasst Griffin frei.«
Mit starrem Blick sah er zu ihr herab, ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Griffin of Droghallow ist ein Verbrecher, Mylady. Er hat Euch aus Profitsucht entführt. Ob dieser Profit nun aus den Truhen seines intriganten Lords oder den meinen kommen würde, war ihm gleichgültig. Alles, was recht ist, Ihr solltet mir dankbar sein, dass ich diesen Halunken eingesperrt habe, statt mich um seine Freilassung anzuflehen.«
Isabel erkannte die unausgesprochene Anschuldigung in den Augen ihres Verlobten, und sie musste sich zwingen, den Blick nicht zu senken. »Es war nicht so, wie Ihr es darstellt. Es ist richtig, Griffin wurde mit der Entführung beauftragt, aber er hat seine Absichten geändert. Er hat mich aus Droghallow befreit und wollte mich hierherbringen. Er hat für mich gesorgt und mich vor der Ergreifung durch Doms Männer bewahrt. Er hat mich beschützt … «
Sebastian schnaubte. »Betrachtet man Euren Arm, Demoiselle , würde ich eher meinen, es wäre ihm beinahe gelungen, Euch umzubringen.«
Isabel stieß einen leisen, niedergeschlagenen Seufzer aus, denn sie wusste, dass sie Sebastians Ansicht wohl kaum ändern würde, wenn sie ihm erklärte, warum sie sich für Griffin in den Weg des Pfeiles gestellt hatte – oder überhaupt über die gemeinsam verbrachte Zeit mit ihm sprach. Es würde seine schlechte Meinung über Griffin womöglich nur noch bestärken, und dieses Risiko wollte sie nicht eingehen. »Ich weiß, was Ihr von mir halten müsst, Mylord, aber gewährt mir nur diesen einen Wunsch, ich bitte Euch. Ruft Euren Boten zurück, lasst Griffin frei, und ich werde Euch nie wieder um etwas bitten, solange ich lebe.«
»Euer Wunsch ist keine Kleinigkeit, Isabel. Ihr verlangt mehr von mir, als ich Euch gewähren kann.« Er entzog ihr seine Hand. »Dieser Mann hat gegen mich intrigiert. Er hat gegen den König intrigiert – unseren König. Als Richards Vasall bin ich verpflichtet, ihn zur Rechenschaft zu ziehen.«
Er wandte sich ab und wollte zum Fenster treten, offensichtlich um ihr zu bedeuten, dass diese Unterredung beendet sei, doch Isabel machte einen schnellen Schritt auf ihn zu und legte ihm ihre Hand auf den Ärmel. Er hielt inne und drehte sich erneut zu ihr um. »Wenn es Euch um Genugtuung geht«, sagte sie, »dann verlangt sie von mir. Ihr sagtet, Ihr würdet darauf bestehen, dass ich Euch als Gemahlin treu bin, Mylord. Wenn Ihr dies tut, um Euch meiner Treue zu versichern, dann seid gewiss, es ist nicht notwendig. Ich gebe Euch mein Wort darauf, ich werde Euch als meinen Gatten ehren, auch ohne dass Ihr Griffin an den Galgen bringt.«
»Ich bin nicht bestrebt, Euch oder ihn zu bestrafen, Mylady. Allein die Loyalität zu meinem König bestimmt mein Handeln. Ich bitte Euch, versucht das zu verstehen.«
»Bitte«, flüsterte Isabel niedergeschlagen. Es gelang ihr nicht mehr, die Tränen
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