Die Ehre des Ritters (German Edition)
seines Schwertes abzuwehren. Jeder donnernde Schlag ließ ihn einen Schritt zurückweichen. Auf dem schlammigen Boden geriet er immer wieder ins Rutschen. Als er dann noch über eine Wurzel stolperte, gewann Odo die Oberhand und fügte Griffin eine Schnittwunde am Arm zu. Es war mehr ein Ärgernis als eine Bedrohung seines Lebens, doch der metallische Geruch nach Blut und der aufflammende Schmerz brachten ihn zu Verstand und weckten seinen Kampfgeist.
Grinsend versuchte Odo einen weiteren Schlag zu landen, trieb Griffin mit der vollen Wucht seines Schwertes zurück. Griff hielt dagegen, um sich im nächsten Augenblick geschickt zu drehen und den Schwung des großen Ritters zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. Odo stolperte nach vorn. Bereit für Odos wütende Attacke, wirbelte Griffin herum und ließ sein Schwert auf ihn niedersausen. Heftig prallten die beiden Klingen aufeinander, Funken stoben. Odo stieß einen Fluch aus, der wie das Knurren eines Tieres klang und keinen Zweifel daran ließ, dass er Blut sehen wollte. Mordlust blitzte in seinen Augen auf, als sich der bärenstarke Ritter nach vorn warf.
Zwar konnte Griffin es mit Droghallows Leutnant durchaus aufnehmen, aber in diesem Moment blieb ihm nichts anderes übrig, als die Schläge zu parieren, die auf ihn herniederprasselten. Für jeden Schritt, den er an Boden gewann, trieb ihn Odo zwei Schritte zurück. Rücksichtslos schlug er von allen Seiten auf ihn ein. Offenbar hegte er die Absicht, Griffin mit seiner Klinge aufzuspießen. Aufgeregt gackernde Hühner flatterten um sie herum, denn inzwischen befanden sie sich inmitten des Dorfgemeinschaftshofs. Aus dem kohlschwarzen Himmel über ihnen peitschte der Regen auf sie herab, nässte mit eisigen Nadelstichen Griffs Stirn und tropfte ihm in die Augen, während er versuchte, die unablässig auf ihn einhämmernden Schwerthiebe abzuwehren. Ehe er es sich versah, stand er mit dem Rücken an der Wand einer Hütte. Odos Klinge blitzte im frühen Morgenlicht auf, einen Herzschlag später bohrte sie sich in das Lehmflechtwerk der Hütte, direkt neben Griffins Kopf. Nur knapp hatte sie ihr Ziel verfehlt.
Gerade noch rechtzeitig war Griff dem Stoß ausgewichen, nun duckte er sich unter dem Schwert hinweg, während Odo versuchte, seine Waffe aus der Wand zu ziehen. Odos Unachtsamkeit nutzend, rammte er dem bärengroßen Ritter die Schulter in die Magengrube und warf ihn auf den Rücken. Ohne einen Augenblick mit Mitleid zu verschwenden, hob Griff das Schwert und ließ es auf Odo herniedersausen. Tief schnitt die Klinge in die massige Brust des Soldaten. Keuchend schnappte er nach Luft, dann tat er mit schmerzverzerrtem Gesicht seinen letzten Atemzug. Seine Augen hatten sich vor Entsetzen geweitet, dennoch glitzerte immer noch die pure Mordlust in ihnen. Griff wartete, bis Odos hartherzig funkelnde Augen blicklos wurden und der Regen ungehindert in sie hineinfiel, ehe er sein Schwert zurückzog.
Er verspürte weder Genugtuung noch Erleichterung über den Tod dieses Mannes, der gemeinsam mit ihm fast ein Jahrzehnt lang gedient hatte. Isabel und er hatten noch einen weiten Weg vor sich, und angesichts der hohen Belohnung, die Dom auf ihre Ergreifung ausgesetzt hatte, würde die Reise kaum friedlich verlaufen. Mehr denn je waren sie auf sich allein gestellt, und die Zeit würde rasch zu ihrem Feind werden.
Unter den Blicken einer Handvoll Bauern, die ihn aus der Sicherheit ihrer Hütten beobachteten, hob Griff sein Proviantbündel auf und machte sich auf den Weg zum Heuschober, um Isabel zu wecken. Nahe der Straße entdeckte er Odos Pferd. Er band das braune Streitross los und nahm es mit. Nun hatten sie zwei Pferde für ihre Reise.
Und die konnten sie gut brauchen, denn sein Gefühl sagte ihm, dass sie jede Hilfe bitter nötig hatten, wenn sie Montborne erreichen wollten, bevor Doms Handlanger – oder die seines königlichen Verbündeten in London – sie einholten.
10
Isabel war inzwischen aufgewacht. Während sie Griffins Pferd mit einer Handvoll Karotten aus der Satteltasche fütterte, fragte sie sich, wo sein Herr wohl hingegangen sein mochte. Auf Antwort musste sie nicht lange warten, denn im nächsten Augenblick öffnete sich die Scheunentür und Griffin trat herein.
»Wir müssen sofort aufbrechen, Mylady«, drängte er und begann das Pferd zu satteln.
»Warum? Was ist Euch geschehen?« Sie musterte ihn mit schnellem, besorgtem Blick. Er sah aus wie eine räudige Straßenkatze. Seine Kleidung war
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