Die Ehre des Ritters (German Edition)
verschmutzt und zerrissen, das strohblonde Haar schweißnass und zerzaust, das Gesicht mit Schmutzflecken und frischen Prellungen übersät. »Ihr blutet ja«, stieß sie entsetzt hervor, als ihr Blick auf seinen linken Arm fiel. Die hässlichen dunkelroten Flecken und der aufgeschlitzte Leinenärmel waren eindeutig das Werk einer Feindesklinge.
Ihre Sorge und seine Verletzungen ließen ihn jedoch anscheinend völlig kalt. Rasch sattelte er sein Pferd und führte es am Zügel zur Tür. »Man hat uns entdeckt«, sagte er schlicht, ergriff ihre Hand und zog sie mit sich aus der Scheune, wo ein weiteres Pferd wartete.
Isabel erkannte das Wappen von Droghallow auf der Satteldecke des braunen Streitrosses und blieb abrupt stehen. Panik ließ das Blut in ihren Adern gefrieren.
Griffin musste ihre Angst gespürt haben, denn er drückte ihre Hand ein wenig fester und zog sie weiter. »Keine Sorge. Ich habe mich um den Soldaten gekümmert, dem das Pferd gehört hat.«
»Also haben uns Doms Männer bereits eingeholt?«
»Bisher nur einer«, antwortete Griffin und half ihr in den Sattel seines Pferdes. »Der Rest der Garnison wird jedoch nicht lange auf sich warten lassen, schätze ich. Ansporn genug gibt es, denn Dom hat Prinz John über unsere Flucht informiert und ein Kopfgeld auf uns ausgesetzt.«
»Ein Kopfgeld? Auf uns beide?«
Griffin reichte ihr die Zügel des grauen Hengstes. »Tausend Silbermark für Euch und zweitausend für mich.«
»Heilige Muttergottes«, rief Isabel, verblüfft über die Höhe der Belohnung.
Tausend Silbermark waren schon ein kleines Vermögen, doch doppelt so viel? Eine solch hohe Summe konnte sie sich kaum vorstellen. Dom musste Griffin abgrundtief hassen, weil er sein Vertrauen missbraucht hatte. Wenn er schon so viel zahlen wollte, um ihn nach Droghallow zurückbringen zu lassen, mochte sie sich gar nicht vorstellen, welche Foltern Griffin unter Doms Händen erleiden würde. Würde Dom ihn töten? Die Vermutung schien unter den gegebenen Umständen mehr als nahezuliegen.
Isabel sah zu, wie Griffin das andere Pferd rasch absattelte, die Satteldecke von seinem Rücken zog und das viereckige Stück Wollstoff mit dem Droghallow-Wappen auf den Boden warf. Seine Miene spiegelte Gelassenheit und Ruhe, während sie allein bei dem Gedanken, dass man sie wie Gesetzlose jagte, in Todesangst erzitterte. »Seid ihr sicher, dass Ihr mit mir kommen wollt, Griffin?«, fragte sie, als er das Pferd wieder gesattelt hatte und aufstieg. »Ich könnte verstehen, wenn Ihr es Euch noch einmal überlegen wolltet. Ich habe jetzt ein Pferd. Weist mir einfach die Richtung nach Montborne, und ich reite allein weiter.«
Doch er lehnte ihr Angebot ab. »Da Doms Soldaten uns so dicht auf den Fersen sind, können wir nicht länger auf direktem Weg nach Montborne reiten. Ich kenne eine andere Route, indes wird uns dieser Umweg sicherlich einige Tage kosten. Unter den gegebenen Umständen erscheint mir dies jedoch als die sicherste Lösung.«
Isabel begegnete seinem ernsten Blick und fühlte sich durch seine Zuversicht gestärkt. Er würde sie nach Montborne bringen, trotz der Gefahr, in die er sich dadurch begab. Möglicherweise half er ihr nur aus selbstsüchtigen Gründen, aber im Augenblick kam sie sich auch ein wenig selbstsüchtig vor. Sie hatte mehr Angst als je zuvor in ihrem Leben und wollte um keinen Preis der Welt allein gelassen werden, selbst wenn es vernünftiger gewesen wäre, dass Griffin sie verließ, um seinen eigenen Hals zu retten.
Sie fragte sich, wie viele Männer wohl so handeln würden wie er. Sie fragte sich auch, wie lange es wohl dauern würde, bis Griffin zu dem Schluss gelangte, dass sie den ganzen Ärger nicht wert war. Insgeheim erleichtert über seine wenngleich stets düstere und grüblerische Nähe, folgte sie Griffin, der sein Pferd im Galopp aus dem Dorf und auf die Straße nach Norden trieb.
Es regnete noch immer. Der leichte Schauer vom Morgen war am Nachmittag stärker geworden, und inzwischen goss es wie aus Kübeln. Griffins Kleidung war durchnässt, schwer klebte die nasse Wolle an ihm und entfachte den Schmerz längst vergessener Kampfeswunden erneut. Er fror bis ins Mark, doch mehr als um sich selbst sorgte er sich um Isabel. Eingehüllt in seinen Mantel, ritt sie an seiner Seite und zitterte vor Kälte. Zweimal in der vergangenen Stunde hatte er sie gefragt, ob sie rasten wolle. Beide Male hatte sie abgelehnt und behauptet, es ginge ihr gut und sie wolle so schnell
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