Die Ehre des Ritters (German Edition)
über das Arrangement, das er getroffen hatte, zurück. Isabel hielt den Kopf gesenkt, um sich vor dem unerbittlichen Regen zu schützen, und sah auch nicht auf, als Griffin die beiden Pferde zur Hinterseite des mit Stroh gedeckten Hauses führte. Eine Dirne mittleren Alters erschien in der Hintertür und hielt sie auf, während Griff Isabel beim Absteigen half.
»Wo sind wir?«, fragte sie matt und ließ sich von ihm ins Innere des Hauses bringen. »Wie heißt dieser Ort?«
»Ihr seid in Hexford, Liebchen«, antwortete die Dirne. »Vier Wegstunden von Nottingham entfernt.«
Isabel packte seinen Arm. »Nottingham?«, rief sie erschrocken. »Aber Prinz John hält sich doch oft in dieser Grafschaft auf!«
Die Dirne warf ihr einen neugierigen Blick zu, woraufhin Griff lachte und milde Isabels Hand tätschelte. »Meine Gemahlin ist auf dem Land aufgewachsen«, erklärte er aalglatt. »Die Aussicht, einen Blick auf ein Mitglied der königlichen Familie zu erhaschen, versetzt sie in Aufregung.«
Die Dirne schnaubte. »Tja, Ohneland werdet Ihr kaum zu Gesicht bekommen. Den Gerüchten zufolge hält sich der Prinz seit dem vergangenen Monat in London auf.«
Erleichtert über diese Neuigkeit, schlang Griff den Arm um Isabels Schultern, und sie folgten der Frau einen kurzen Korridor entlang. Vor einer kleinen, modrigen Kammer blieb sie stehen. Es gab darin nichts außer einer Strohmatte und einem Stuhl, über dem ein dunkles Wollkleid hing. Sie reichte es Griffin. »Hier bitte, Mylord, da habt Ihr, was Ihr wolltet. Ich glaube aber, es wird ein bisschen zu groß sein für Eure Lady.«
»Es wird schon gehen«, meinte Griffin, legte der Frau eine Münze in die ausgestreckte Hand und nahm das Kleid entgegen. Er bemerkte, wie sie angestrengt an seiner Schulter vorbeiblickte, um Isabel genauer zu mustern, und trat absichtlich vor sie. »Meine Gemahlin und ich sind müde von der Reise. Wir wären Euch dankbar, wenn Ihr uns einen Augenblick allein lasst.«
Die Dirne warf ihm einen finsteren Blick zu und begab sich widerwillig zur Tür. »Lasst Euch aber nicht zu viel Zeit, Mylord. Ich brauch das Zimmer fürs Geschäft.«
Griff nickte und wartete gerade so lange, bis die Frau die Türschwelle übertreten hatte. Dann schloss er rasch die morsche Eichentür hinter ihr. Hinter ihm klapperte Isabel mit den Zähnen und stieß einen zittrigen Seufzer aus.
»Hier, Mylady«, meinte er und reichte ihr das Gewand der Hure. »Legt die nassen Kleider ab.«
Isabel blickte ihn entsetzt an. »Ablegen?«
»Ihr seid durchnässt und friert. Außerdem wäre es töricht, wenn ich Euch in der Robe einer Adligen in die Burg spazieren ließe, wo vermutlich das halbe Land nach einer Edeldame Eurer Beschreibung Ausschau hält. In der Kleidung gewöhnlicher Pilger werden wir weniger Aufsehen erregen.«
»Oh, natürlich. Ihr habt recht.« Sie nahm das Kleid und hielt es sich vor die Brust. Doch sie machte keine Anstalten, fortzufahren. Erwartungsvolles Schweigen legte sich über den Raum, und es dauerte eine Zeit lang, ehe er begriff, dass sie erwartete, er würde die Kammer verlassen.
»Für Zartgefühl und Sittsamkeit bleibt jetzt keine Zeit«, sagte er ungeduldiger als beabsichtigt. Er war müde und hungrig, er fror und hatte Schmerzen – nichts davon trug zum Aufhellen seiner Stimmung bei. Außerdem musste er ihnen immer noch einen Schlafplatz in der Burg besorgen. Wenn sie noch lange herumtrödelten, wäre das Tor vielleicht geschlossen und sie würden sich anderswo eine Unterkunft suchen oder gar die Nacht im Freien verbringen müssen. Diese Aussicht gefiel Griff ganz und gar nicht. »Wechselt rasch die Kleidung, Mylady. Ich drehe mich derweil um.«
Er stellte sich in die Nähe der Tür, während sich Isabel hinter seinem Rücken auszukleiden begann. Er hörte, wie sie die Schnalle seines Mantels öffnete, hörte, wie der schwere, nasse Stoff nach unten glitt und leise auf den Boden fiel. Ihre Zähne klapperten, ihr Atem ging flach und zittrig, als sie begann, ihre Robe auszuziehen. Sie hob sie an den Röcken hoch und streifte die durchnässte grüne Seide über den Kopf. Einen Augenblick später fiel auch das Kleid zu Boden.
Griff konzentrierte sich auf das, was sich vor seinen Augen befand. Er zählte die Astlöcher in den verzogenen Eichenbohlen der Tür, versuchte das Alter des uralt wirkenden ledernen Türbandes zu erraten – alles, um sich davon abzulenken, dass Isabel mit nichts weiter als einer vom Regen durchnässten Chemise
Weitere Kostenlose Bücher