Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten
Geld verstecken, weißt du? Ich öffne sie und was sehe ich? Nichts. Sie war leer bis auf den Boden. Aber total. Da müssen über fünfhundert Euro drin gewesen sein. Da hat mich so die Wut gepackt, dass ich ihr die Kaffeedose an den Kopf geschleudert habe.«
»Was?« Sabines Martyrium war also noch nicht beendet. »Jetzt reicht es mir!« Ich erhob mich, langte über den Tisch nach Schal und Mantel, als ich ihn sagen hörte: »Sabine stolperte ... und fiel ... direkt mit dem Hinterkopf auf die Fensterbank und war ... auf der Stelle ... tot. Sofort. Wirklich.«
Ich sank zurück auf meinen Stuhl und nickte wie in Trance.
Das Mädchen brachte den Nachschub, ich zog den Cappuccino automatisch zu mir heran und begann den Schaum unterzuheben.
»Sie hat mich betrogen.«
»Mit wem?«, entfuhr es mir.
»Quatsch, ich meine doch das Geld.«
»Und deswegen hast du meine ... hast du ... einen Menschen getötet?«
»Ich hab das nicht gewollt. Weißt du übrigens, was sie als Letztes gesagt hat? Ich fand es schon irgendwie komisch. Deinen Namen. Seltsam, wo ihr euch doch nie besonders gemocht habt.«
Ich nickte wieder.
»Es war ein Unfall, du musst mir glauben. Deswegen bin ich doch hier. Ich brauche dich als Zeugen. Mensch, kapier doch. Wir stellen einfach eine dritte Tasse dazu, bevor wir die Polizei rufen. Und du nickst alles ab. Machst du das für mich?«
Ich nickte weiter. Ich hatte das Gefühl, nie wieder etwas anderes tun zu können.
»Ich hätte dich ja auch direkt zu mir nach Hause kommen lassen, aber ich wollte dir das Ganze so schonend wie möglich beibringen. Verstehst du jetzt wenigstens, warum ich nie wieder Kaffee trinken kann?«
Defekt
Zwei Frauen und ein Mann. Die alte Geschichte, die aber im Fall von Paula, Uschi und Leo nicht nur einzigartig begann und verlief, sondern auch endete.
Von Leo soll nur kurz die Rede sein. Er hat nichts gegen zwei Frauen in seinen Armen, an seinem Tisch, in seinem Bett einzuwenden, denn sie ergänzen sich auf ideale Weise, sodass er bei der einen findet, was er bei der anderen nicht finden kann, und umgekehrt. Paula ist die kühle Blonde, Uschi die leidenschaftliche Brünette. Den Zustand halten Paula und Uschi allerdings für untragbar und fordern ihn zu einer Lösung des Problems auf. Da kommt Leo auf die glorreiche Idee: Die beiden Frauen sollen es unter sich ausmachen, wer auf ihn in Zukunft verzichten müsse und wer ihn ein Stück auf seinem Lebensweg begleiten dürfe.
Zunächst muss er allerdings eine Weile ohne beide auskommen, denn Paula schlägt Uschi ein Wochenende in der Eifel vor. Paula und Uschi, die nicht nur in Sachen Liebe, sondern auch im Arbeitsleben und als Freundinnen einander verbunden sind, nehmen sich den nächstbesten Montag frei und starten am Freitagabend von Köln aus in Richtung Koblenz. Es ist schon dunkel. Das Kartenlesen erübrigt sich, da Paula im Besitz eines Navigationsgerätes ist und sie nach dem Bliesheimer Kreuz auf der A 61 bleiben können.
Zu Beginn sitzen sie zuversichtlich und keineswegs in Streitlaune nebeneinander, Paula am Steuer, Uschi neben ihr.
Uschi mustert Paulas unergründliche Miene im Profil. Sie wirkt kühl und distanziert, macht nicht den Eindruck, besonders verzweifelt zu sein, sondern eher hochkonzentriert. Uschi legt eine CD ein:
Ich + Ich
, »Gute Reise, Gute Reise«. Sie summt zufrieden und klopft den Takt auf dem Armaturenbrett. Man macht um das Thema Leo einen großen Bogen.
Ausfahrt Swisttal-Heimerzheim.
Paula meldet Durst an.
»Kommt sofort«, verkündet Uschi, kniet auf den Beifahrersitz und dreht sich zur Rückbank zu den Vorräten um. »Ah! Bionade! Holunder und Ingwer!«
»Holunder ist für mich«, bestimmt Paula.
»Ich weiß, wie immer. Lieb von dir, dass du an meine Sorte gedacht hast«, strahlt Uschi über das ganze Gesicht.
»Ist auch Leos Lieblingssorte«, lächelt Paula mit den Mundwinkeln, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
»Tja«, meint Uschi, »wir haben eben viel gemeinsam.«
Sie hebelt die beiden Kronkorken herunter. Das deutliche Plopp vom Ingwer geht in einem Fluch unter, den Paula dem BMW-Fahrer hinterherruft, der sie bei einem Überholmanöver geschnitten hat.
»Prost!« Uschi reicht ihr den Holunder. Paula checkt kurz das Etikett, setzt die Flasche an die Lippen und nippt daran, während sie das Lenkrad ganz cool nur mit der linken Hand hält.
Uschi nuckelt genüsslich am Ingwer und sagt: »Nun lass uns endlich über Leo reden.«
Paula reicht ihr ihre Flasche und
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