Die Eifelgraefin
nebeneinander auf einer braunen Wolldecke und genossen den Anblick der allmählich aufblühenden Frühlingslandschaft. Unzählige Vogelstimmen vereinten sich zu einem bunten Konzert; die Luft war lau, denn die Sonne schien seit mehreren Tagen ununterbrochen von einem makellos blauen Himmel herab.
Luzia spielte mit einer hölzernen Flöte herum – Rolands Flöte, die er ihr mitsamt ihrem Mantel durch Elisabeth hatte überbringen lassen, bevor er mit seiner Truppe davongezogen war. Das lag nun schon fast zwei Wochen zurück, und noch immer hatte Luzia das bedrückende Gefühl, ein Knoten in ihrem Hals schnüre ihr die Luft ab. Lediglich die Angst vor einer Schwangerschaft war verflogen, da vor zwei Tagen ihre monatliche Blutung eingesetzt hatte. Still und in Gedanken versunken betrachtete sie das junge Grün am Wegesrand und hörte beinahe nicht, was Elisabeth zu ihr sagte.
«Bald ist ein großer Maimarkt in Ahrweiler. Hedwig meinte, wir sollten alle gemeinsam einen Ausflug dorthin machen. Ich möchte, dass du mitkommst.»
Elisabeth sah Luzia aufmerksam von der Seite an. Sie sorgte sich um ihre Freundin, der der Kummer nur allzu deutlich ins Gesicht geschrieben stand. «Es würde dich auf andere Gedanken bringen.»
«Ihr wollt mich auf einen Ausflug mitnehmen?» Sichtlich überrascht riss sich Luzia von ihren Erinnerungen los, und Elisabeth atmete auf. «Wird Frau Hedwig das denn erlauben?»
Elisabeth lachte leise. «Warum glaubst du, ich würde ihre Erlaubnis brauchen? Du bist meine Magd – und ich benötigedoch jemanden, der meine Einkäufe trägt.» Heiter zwinkerte sie Luzia zu, die daraufhin zaghaft lächelte. «Außerdem bietet mir dieser Ausflug eine gute Gelegenheit, einige Dinge für dich zu kaufen.»
«Für mich? Aber Herrin, Ihr habt mir erst so viel geschenkt!»
«Winterkleider.» Elisabeth nickte. «Aber es sollte dir aufgefallen sein, dass wir bereits Frühling haben und der Sommer nicht mehr fern ist. Neue Kleider sind unbedingt notwendig. Auch ich möchte mir selbst bald welche anfertigen lassen. Hoffen wir, dass dieser Maimarkt tatsächlich so viele auswärtige Händler anzieht, wie Hedwig meinte.» Lauschend hob sie den Kopf. «Kommt da jemand? Mir ist, als höre ich Hufgetrappel.»
Auch Luzia lauschte nun und nickte dann. «Da kommt jemand den Weg herauf. Eilig stand sie auf und lief um die Kapelle herum. «Das ist Bruder Georg!»
***
«Es gibt also keinerlei Hinweise auf einen Radulf von Wied», sagte Elisabeth nachdenklich, fast ein wenig enttäuscht. Bruder Georg hatte ihr von seinen Nachforschungen berichtet. Sie saßen zusammen in der Steinkammer, wo sie bei diesem sonnigen Wetter ungestört waren.
«Leider nicht.» Der Benediktiner schüttelte den Kopf. «Ich konnte sogar mit einigen Brüdern zusammen zur Abtei Prüm reisen, doch auch in den dortigen Archiven findet sich dieser Name nicht. Wohl aber Hinweise darauf, dass Meffried von Wied, der Vater des Reichskanzlers Arnold,nicht nur etliche weitere eheliche, sondern auch diverse uneheliche Kinder hatte. Eines von ihnen könnte durchaus der gesuchte Radulf sein. Und selbst wenn Meffried ihn als legitim anerkannte, heißt das noch nicht, dass die entsprechenden Dokumente noch existieren. Schon gar nicht, da das Geschlecht der Familie Wied bereits vor hundert Jahren ausgestorben ist.»
«Das bringt uns also nicht weiter», schloss Luzia. «Und was nun?»
Bruder Georg hob nur die Schultern. «Ich kann natürlich versuchen, in Wied und bei den Nachfahren der weiblichen Linie weiter nachzuforschen. Aber große Hoffnungen, fündig zu werden, habe ich nicht. Auch was das Kruzifix angeht, bin ich nicht sehr weit gekommen. Zwar gibt es unzählige Mythen und Legenden von wunderwirkenden Reliquien, auch Kreuzreliquien, doch keine Beschreibung passt auf unser Silberkreuz. Wenn wir wenigstens wüssten, woher genau es stammt, könnte man diese Spur aufnehmen. Doch gänzlich ohne einen Hinweis auf den Vorbesitzer kann ich kaum etwas tun.»
«Trotzdem danke ich Euch, Bruder Georg», sagte Elisabeth. «Ihr habt Euch große Mühe gegeben, etwas herauszufinden. Und auch, wenn wir jetzt nicht viel mehr wissen als zuvor, sollten wir uns trotzdem Gedanken machen, was wir mit dem Kruzifix nun anfangen sollen.»
«Es summt schon seit Wochen wieder», berichtete Luzia. «Es begann erneut, kurz nachdem Ihr fortgeritten wart, Bruder Georg. Manchmal ganz leise, aber meistens ziemlich laut. Wir haben es in einer der Kisten unter einem Haufen Kleider
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