Die Eifelgraefin
verschiedenen Dingen gefüllt, darunter ein beinerner Kamm und eine weiche Bürste, Haarspangen und beinerne Haarnadeln sowie eine hübsche zartgeblümte Haube. Sie begann, Gefallen am Einkaufen zu gewinnen.
In den ersten beiden Stunden auf dem Markt hatte sie sich den Hals verrenkt, um herauszufinden, ob Rolands Truppe auch hier war. Doch sie musste sich damit abfinden,dass er fort war und sie ihn vielleicht niemals wiedersehen würde.
«Luzia, komm, lass uns zu Bruder Georg hinübergehen, sonst verlieren wir ihn noch in diesem Gewühl.» Elisabeth fasste Luzia am Arm an und deutete auf den Stand des Buchbinders.
Sie schoben sich langsam zu ihm vor, mussten jedoch warten, da Bruder Georg gerade in ein Gespräch mit einem der Gehilfen des Buchbinders verwickelt war. Unruhig trat Elisabeth von einem Fuß auf den anderen. «Langsam bekomme ich Hunger. Was meinst du, ob ich mich dort drüben bei dem Pastetenbäcker anstellen soll?»
Luzia nickte. «Ich warte hier so lange auf Bruder Georg.»
Sie blickte ihrer Herrin kurz nach, dann drehte sie sich um und musterte neugierig die Auslagen des Buchbinders. So viele Bücher auf einem Fleck hatte sie noch nie gesehen. Es gab ganz kleine dünne Heftchen, aber auch schwere ledergebundene Folianten, die mit Ketten an den Verkaufstisch gebunden waren. Eines der schmalen Hefte schlug sie auf, stellte jedoch fest, dass der Text darin in einer fremden Sprache – vermutlich Latein – geschrieben war.
Ein dicker Mann in der Kluft eines Ratsherrn drängte sie beiseite und riss ihr das Heft fast aus der Hand. «Das ist doch nichts für Weiber», knurrte er und reichte es einem der Gehilfen, die die Bücher bewachten und gleichzeitig die Kasse im Auge behielten. «Ich nehme das.»
Luzia sah ihn kopfschüttelnd von der Seite an und trat erneut an den Tisch. Der Ratsherr hatte sie direkt vor ein dickes, jedoch sehr einfach gebundenes Buch geschoben.Da es nicht so aufwendig gestaltet wie die Folianten und auch nicht angekettet war, vermutete sie, dass es nicht ganz so wertvoll war. Sie schlug es auf und verzog enttäuscht den Mund. Offenbar wieder ein Buch in Latein. Als sie jedoch weiterblätterte, stellte sie fest, dass sie die Worte sehr wohl lesen konnte.
«Sucht Ihr ein Geschenk?», sprach der Buchbinder sie an und beäugte sie misstrauisch. «Dies ist ganz bestimmt nicht das Geeignete, es sei denn, Ihr möchtet es einem Gelehrten schenken.» Er lächelte schmal.
Luzia sah ihn überrascht an. «Nein, kein Geschenk. Aber sagt, was ist das für ein Buch?»
Der Buchbinder trat näher, denn obwohl ihm nur eine Frau gegenüberstand, witterte er ein Geschäft. «Dies ist eine Sammlung von Schriften über Mathematik. Über das Rechnen», setzte er hinzu, als er ihren verständnislosen Gesichtsausdruck sah. «Eine in unsere Sprache übersetzte Zusammenfassung über Arithmetik nach Boëthius, ein Werk Euklids über die Geometrie und Auszüge aus den Werken Bradwardines und Ockhams. Wenn Ihr es erwerben möchtet, kann ich Euch das
Liber Abbaci
zum halben Preis dazugeben.» Er deutete auf ein etwas dünneres Buch. «Es ist ebenfalls eine Übersetzung und eine ausgezeichnete Zusammenfassung der Rechenkunst.»
Luzia wollte schon ablehnen, denn was sollte sie wohl mit solch gelehrten Büchern anfangen? Doch irgendetwas ließ sie zögern, sich von dem Bücherstand abzuwenden. Sie dachte an ihre Begegnung mit dem Kaufmann Martin Wied. Seine Rechnungsbücher hatten damals ihr Interesse geweckt. Wenn sie auch nach wie vor der Ansicht war, dassman ihm besser nicht über den Weg traute, lockte sie doch die Aussicht, etwas mehr Einblick in die Welt der Zahlen zu gewinnen. «Wie viel wollt Ihr dafür haben?», fragte sie und sah den Buchbinder erwartungsvoll an.
Die Summe, die er ihr nannte, war hoch, jedoch wesentlich geringer, als sie befürchtet hatte. Und auch wenn sie sich etwas merkwürdig dabei vorkam, bezahlte sie den geforderten Preis und verstaute die beiden Bücher danach in ihrem Korb.
«Was tust du denn da, Mädchen?» Bruder Georg war neben sie getreten und beäugte die beiden Bücher erstaunt. «Das sind Werke von großer Gelehrsamkeit. Die willst du doch wohl nicht lesen, oder?»
Unsicher sah Luzia ihn an. «Warum denn nicht?»
«Du würdest sie doch gar nicht verstehen, Kind. Gib dein Geld nicht für solchen Unsinn aus!»
In Luzia regte sich ein leises Gefühl von Ärger. «Woher wollt Ihr denn wissen, dass ich die Bücher nicht verstehe? Und es ist mein Geld, ich darf
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