Die Eifelgraefin
und rieb sich verlegen das Kinn. «Selbstredend weiß ich, warum Ihr hier seid. Und Ihr müsst mir glauben, dass ich mich sehr geehrt fühle. Jedoch, nun ja, sind seit Eurem letzten Besuch, der ja nun schon ein paar Wochen zurückliegt, gewisse Umstände eingetreten, die es mir nicht erlauben, Euch Euren Antrag aussprechen zu lassen.» Grosse wies auf einen der Stühle, die in der Stube um den großen Eichentisch gruppiert waren. «Setzt Euch bitte, Herr Johann, und hört mir zu.»
Nachdem Johann Platz genommen hatte, setzte Grosse sich ihm gegenüber. «Es ist nämlich so, dass wir kurz nach Ostern überraschend Besuch erhielten. Ein Edelmann sprach bei uns vor, der behauptete, schon seit einiger Zeit ein Auge auf meine Maria geworfen zu haben. Ihr könntEuch vorstellen, wie überrascht ich war.» Er lächelte etwas gequält. «Unglücklicherweise besaß der Mann vorzügliche Manieren und ein derart einnehmendes Wesen, dass meine Tochter sich Hals über Kopf in ihn verliebte und, ohne mich zu fragen, einem Verlöbnis zustimmte. Ich war sehr erbost darüber. Doch, ganz ehrlich, eines Vaters Herz ist nicht so hart, dass er zwei Liebende trennt, wenn das Glück seiner Tochter dabei auf der Strecke bleiben würde. Zudem ist der Edelmann von höchst akzeptabler Herkunft, sodass ich der Hochzeit schließlich im Sinne meiner Tochter zugestimmt habe.» Wieder rieb er sich das Kinn. «Ich weiß, dass es Euch gegenüber nicht recht war, und hoffe sehr, dass Euch diese Nachricht nicht allzu sehr schmerzt. Aber da Ihr Euch so lange nicht habt sehen lassen, begann Maria auch bereits an Eurer Zuneigung zu zweifeln. Kein Wunder also, dass sie für das Werben des anderen Mannes empfänglich war.»
Johann hörte den leisen Vorwurf in Grosses Stimme und musste ihm insgeheim recht geben. «Wichtige Angelegenheiten hielten mich davon ab, eher hierherzukommen», antwortete er. «Und ich bedauere sehr, dass nun aus der Verbindung unserer Familien nichts wird.» Er legte den Kopf auf die Seite. «Darf ich erfahren, um wen es sich bei dem Edelmann handelt, der es mit solcher Leichtigkeit geschafft hat, mich bei Maria auszustechen?»
«Aber ja, ein Geheimnis ist das nicht.» Grosse nickte mit noch immer schuldbewusster Miene. «Es handelt sich um den kürzlich verwitweten Grafen Einhard von Maifeld.»
Johann starrte ihn einen Moment lang sprachlos an, dann stieg heftiger Zorn in ihm auf. Mit einem Ruck schober den Stuhl zurück und stand auf. «Ich danke Euch, Herr Grosse», brachte er mühsam beherrscht heraus. «Vermutlich ist es besser, wenn ich mich nun verabschiede.»
«Aber ja, natürlich, wenn Ihr meint.» Grosse folgte ihm etwas erschrocken zur Tür. «Ich hoffe doch, diese unselige Angelegenheit wird sich nicht belastend auf die Freundschaft zwischen unseren Familien auswirken?»
Johann schüttelte den Kopf. «Macht Euch darüber keine Sorgen. Entschuldigt mich aber nun, ich muss gehen.»
«Gehabt Euch wohl!», rief Grosse ihm noch hinterher, als Johann auf die Straße trat, sein Pferd von einem Pfosten vor dem Haus losband und sich in den Sattel schwang.
***
In einer Taverne am Marktplatz bestellte sich Johann einen großen Krug Wein und eine Schüssel Hasenragout. Den ersten Becher leerte er in einem Zug, den zweiten ebenfalls. In dem würzig duftenden Fleisch stocherte er jedoch nur missmutig herum.
Die Wut in seinem Bauch ballte sich zu einem harten kleinen Ball zusammen. Mit so viel Hinterlist hatte er nicht gerechnet und auch nicht damit, dass Einhard seine gekränkte Ehre auf diese Weise wiederherstellen würde. Doch nun wurde Johann endlich klar, weshalb Einhard dermaßen süffisant gegrinst hatte, als sie sich in Ahrweiler die Hände geschüttelt hatten.
Offenbar war er tatsächlich der Ansicht, Johann habe ihn an einem Verlöbnis mit Elisabeth gehindert, und hatte es ihm nun mit gleicher Münze heimgezahlt. Dass Einhardaber so weit ging, Maria Grosse um ihre Hand zu bitten, war einfach ungeheuerlich.
Johann stürzte einen weiteren Becher Wein hinunter und stellte das Gefäß dann mit einem lauten Klacken auf den Tisch zurück. Er mochte gar nicht daran denken, was sein Vater dazu sagen würde. Einerseits war es natürlich mehr als ärgerlich, dass die ansehnliche Mitgift des Mädchens nun an den Grafen von Maifeld fiel, andererseits gab es jedoch noch genügend andere Jungfern, um die zu werben es sich durchaus lohnte. Kurz erschien Elisabeths Gesicht vor Johanns innerem Auge, doch er schob es sofort energisch
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