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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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von sich. «Nur das nicht», murmelte er vor sich hin. Bei der Wahl seiner Braut würde er keinerlei Gefühlsregungen zulassen.
    Obwohl er nicht den mindesten Appetit verspürte, zwang er sich, das Ragout hinunterzuwürgen, zahlte und ging dann zur Tür. Dort blieb er jedoch stehen, denn gerade zogen vier Männer an der Taverne vorbei, die einen aus einfachen Brettern gezimmerten Sarg zwischen sich trugen. Ihnen folgte der Pfarrer mit zwei Ministranten, von denen der eine ein Kreuz trug und der andere ein Weihrauchgefäß schwenkte. Dahinter kam die Familie des Verstorbenen: herzzerreißend weinende Frauen und Kinder und Männer mit stoischen Mienen, denen die Trauer deutlich ins Gesicht geschrieben stand.
    Schweigend sah Johann dem Trauerzug nach, als sich die dralle blonde Schankmagd neben ihn schob. «Der Sohn des Tuchhändlers Bartholomäus», erklärte sie. «Ist gestern an einem plötzlichen Fieber gestorben. Kürzlich war er noch mit seinem Vater auf dem Maimarkt in Ahrweiler; da war ernoch quietschfidel. Und ein paar Tage später bricht er mitten auf der Straße zusammen. Er muss schlimm gelitten haben, jedenfalls sagen das die Leute.» Die Schankmagd zuckte mit den Schultern. «Traurig ist das. Der Bartholomäus hatte nur den einen Sohn und sonst nur noch drei Töchter. Jetzt hat er keinen Erben mehr, der sein Geschäft einmal übernimmt.» Sie blickte an Johann herauf und zwinkerte ihm zu. «Ihr habt ihn doch wohl nicht gekannt, oder, Herr? Ihr seht so angegriffen aus.» Sie schob sich näher an ihn heran. «Vielleicht kann ich Euch ein wenig auf andere Gedanken bringen   …»
    Johann sah verärgert auf sie herab. «Nein danke», sagte er, obwohl ihm die Reize, die sich ihm in dem tiefen Ausschnitt der jungen Frau darboten, nicht verborgen blieben. «Ich habe noch zu tun.»
    «Schade», schnurrte sie, doch da war er bereits auf dem Weg zu dem kleinen Mietstall, der sich an die Taverne anschloss, um seinen Falben zu holen.
    ***
    «Und nun erzähl mir, was du wirklich mit diesen Büchern vorhast», forderte Elisabeth Luzia auf. Sie waren inzwischen wieder zurück auf Burg Kempenich und saßen gemeinsam auf Elisabeths Bett.
    Luzia zögerte sichtlich, rang sich dann jedoch zu einer Antwort durch. «Es ist so, wie ich es gesagt habe, Herrin. Ich möchte gerne etwas über Zahlen und das Rechnen lernen.»
    «Aber weshalb willst du das, Luzia? Diese Traktate, diedu erworben hast, sind von gelehrten Männern geschrieben worden.»
    Luzia hob jedoch nur die Schultern. «In das
Liber Abbaci
habe ich schon hineingeschaut. So schwierig, wie Bruder Georg behauptet hat, finde ich es gar nicht. Und ich   … na ja, ich   …»
    «Was, Luzia?» Auffordernd hob Elisabeth die Brauen.
    Luzia seufzte. «Ich hatte gehofft   … Wenn ich verstehe, wie Kaufleute rechnen, könnte ich herausfinden, ob Herr Wied wirklich ein Betrüger ist.»
    «Martin Wied, der Weinhändler?» Elisabeth starrte sie verblüfft an. «Wie kommst du denn darauf?»
    Verlegen biss sich Luzia auf die Unterlippe. «Ich glaube, er übervorteilt Herrn Simon.» In knappen Worten berichtete sie von ihrer Entdeckung in Martins Rechnungsbuch und musste so natürlich auch eingestehen, dass sie sich für eine Edelmagd bürgerlicher Herkunft ausgegeben hatte.
    Elisabeth runzelte bei diesem Geständnis für einen Moment die Stirn, doch anstatt Luzia zu schelten, brach sie plötzlich in helles Gelächter aus. «Luzia, also wirklich! Das ist ungeheuerlich. Wie konntest du nur?»
    Irritiert über den Heiterkeitsausbruch ihrer Herrin, zog Luzia den Kopf zwischen ihre Schultern. «Verzeiht, ich habe mir einfach nichts dabei gedacht. Wenn ich   …»
    «Wie soll ich ihm nur je wieder ins Gesicht blicken?» Glucksend wischte sich Elisabeth eine Lachträne aus dem Augenwinkel. «Und er hat wirklich nichts gemerkt?», fragte sie nun wieder ernst.
    Luzia schüttelte stumm den Kopf.
    «Steh auf!», forderte Elisabeth und betrachtete Luziadann eingehend. Dann nickte sie nachdenklich. «Ungeheuerlich, in der Tat. Aber nicht unglaublich.» Sie lächelte. «Wenn ich dich so ansehe, kann ich den Irrtum durchaus verstehen. Du hast dich verändert, seit du hier bist. Die Kleider, deine gefällige Haartracht   … Und selbst deine Sprache ist längst nicht mehr so bäurisch wie früher.» Plötzlich blinzelte sie übermütig. «Weißt du was – lassen wir ihn doch einfach in dem Glauben! Wahrscheinlich treffen wir ihn hier in Kempenich sowieso nicht wieder. Und sobald wir auf der

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