Die Eifelgraefin
Glückskind», stellte Thea fest und klatschte in die Hände. «Aber deshalb musst du trotzdem genauso schuften wie wir anderen auch. Los jetzt, beeilt euch ein bisschen. Die Herrschaften sind bestimmt bald mit dem Essen fertig.» Sie sammelte mit Trudis Hilfe die Holzschüsseln, Löffel und leeren Brotkörbe ein.
Luzia wollte ihnen ebenfalls helfen, doch Thea winkte gutmütig ab. «Geh lieber raus und warte auf deine Herrin, falls sie dich braucht.»
Luzia verließ zögernd die Küche, und da sie nicht wusste, was man nun von ihr erwartete, stellte sie sich in eine Ecke des großen Saales und wartete darauf, dass Elisabeth das Speisezimmer verließ.
Sie fühlte sich ein wenig verloren in dem großen Raum und auf dieser Burg. Zwar waren die anderen Mägde recht freundlich, doch sie hatte nicht damit gerechnet, die einzige Freigeborene hier zu sein. Fast wie zu Hause, dachte sie, und es behagte ihr nicht, dass sie damit eine Sonderstellung einnahm. Sie hatte auf dem Hof ihres Vaters ebenso hart gearbeitet und beim Bestellen der Felder geholfen wie alle anderen auch. Sie hatte früher mit den Kindern der leibeigenenBauern gespielt, und sie hatte selbst nie das Gefühl gehabt, anders zu sein. Etwas wohlhabender, das vielleicht schon. Aber je älter sie wurde, desto deutlicher war ihr geworden, dass sie sich doch von den anderen unterschied. Ihre Freundinnen waren alle bereits verheiratet, zwei hatten sogar schon Kinder. Doch sie selbst blieb unverheiratet, da ihr Vater sie nicht mit einem Leibeigenen verheiraten wollte. Auch nicht mit Karl, dem Sohn ihrer Nachbarn, obwohl er ein fleißiger junger Mann war und ihr gut gefallen hätte. Luzia seufzte und versuchte an etwas anderes zu denken. Um sich abzulenken, betrachtete sie die Jagdtrophäen an den Wänden.
Diese Elisabeth, die jetzt ihre Herrin war, erschien ihr als die ungewöhnlichste Frau, die ihr jemals begegnet war. Jungfer, verbesserte sie sich in Gedanken. Verheiratet war sie wohl noch nicht, obwohl sie etwas älter als sie selbst sein musste. Sie wirkte jedenfalls so. Aber vielleicht lag das nur an ihrer ungewöhnlichen Körpergröße. Sie war sogar größer als der Ritter Bertram! Und schön war sie auch. Als sie sie zuerst gesehen hatte, war Elisabeth ihr fast wie ein Engel erschienen. Und so … würdevoll. Ein anderes Wort fiel Luzia dafür nicht ein. Als sie einander zum ersten Mal angesehen hatten, hatte Luzia so einen merkwürdigen Schauer auf dem Rücken verspürt. Und dann war ihr nichts Besseres eingefallen als diese blöde Bemerkung über Bertram. Aber der hatte Elisabeth wirklich angesehen wie ein Hündchen! Sie hoffte, dass Elisabeth ihr das nicht übel nahm. Luzia knabberte auf ihrer Unterlippe herum. Sie musste sich zusammenreißen. Ihr Vater hatte sie auch schon dazu ermahnt. Sonst würde ihr loses Mundwerk sie womöglich noch ihre schöne neue Stellung kosten.
Sie schrak zusammen, als die Tür zum Speisezimmer aufging und Elisabeth zusammen mit einem weiteren jungen Mädchen herauskam. «Verzeiht mir, Elisabeth. Es war wirklich keine Absicht. Ich bin ganz aus Versehen gegen die Soßenschüssel …»
«Ja, ja, ist schon gut, Gertrud.» Elisabeth hob beschwichtigend die Hand, während sie mit der anderen, in der sie ein Tüchlein hielt, an ihrem Surcot herumrieb. «Macht Euch keine Sorgen, ich werde den Fleck schon wieder herausbekommen.» Sie sah sich um und winkte dann Luzia zu sich. «Komm mit, du musst mir helfen, das Kleid einzuweichen.» Sie ging voran, und Luzia eilte ihr hinterher die Wendeltreppe zu Elisabeths Schlafkammer hinauf. Oben angekommen, half sie ihr ungeschickt, die Verschnürung des Surcots zu lösen. Elisabeth zog das Überkleid über den Kopf, füllte Wasser in die Waschschüssel und weichte den Fleck darin ein. Dann drückte sie Luzia die Kanne in die Arme. «Geh zum Brunnen und hol Wasser für morgen früh herauf!»
«Ja, sofort, Herrin.» Luzia wandte sich zum Gehen. Durch die Fenster drang bereits die Dunkelheit, und plötzlich zögerte sie. Leni hatte sie gewarnt, draußen nicht alleine im Dunklen herumzulaufen. Aber wie konnte sie sich den Anweisungen ihrer Herrin widersetzen?
Es ist ja noch nicht so spät, versuchte sie sich selbst Mut zu machen und stieg entschlossen die ersten Stufen hinab.
«Und bring einen Krug Wein und einen Becher mit!», rief Elisabeth ihr nach.
In der Küche fragte sie Thea nach dem Wein.
«Ist nichts mehr da vom Abendessen.» Thea schütteltebedauernd den Kopf. «Frag
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